RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Haus?« fragte Ameni.
»Bloß nicht! Bewache es gut.«
Ramses sprang auf sein Pferd und galoppierte zum Haus
der Eltern von Iset, der Schönen. Er mußte sich gedulden, bis die junge Frau
sich zurechtgemacht hatte und sich dem Königssohn in vollendetem Putz,
geschminkt und duftend, zeigte.
Ihre Schönheit rührte Ramses.
»Ich bin bereit«, sagte sie lächelnd.
»Iset, warst du es, die das Bett in meinen Garten
bringen ließ?«
Strahlend umarmte sie ihn.
»Wer sonst hätte das gewagt?«
Mit dieser Gabe zwang Iset den Prinzen, ihr ein noch
prächtigeres Geschenk darzubieten. Er mußte sie bitten, seine Gemahlin zu
werden. Brautleute sollten sie sein, fürs Leben Verbundene.
»Hast du mein Geschenk angenommen?«
»Nein, es steht noch im Garten.«
»Das ist eine Schmähung«, stammelte sie schelmisch,
»warum willst du das Unabwendbare hinausschieben?«
»Ich brauche meine Freiheit.«
»Ich glaube dir nicht.«
»Würdest du in Nubien leben wollen?«
»In Nubien? Das ist ja grauenvoll!«
»Mir ist es bestimmt.«
»Du mußt sofort ablehnen!«
»Das ist unmöglich.«
Sie löste sich von Ramses und lief davon.
Ramses und eine ganze Schar Würdenträger waren geladen
zur Verlesung der vom Pharao verfügten Ernennungen in neue Ämter . Der Audienzsaal war voll, die
Alteingesessenen trugen geheuchelte Gelassenheit zur Schau, während die
Neulinge ihre Aufregung nur schlecht zu verbergen vermochten. Viele fürchteten
das strenge Urteil des Pharaos, der keinerlei Aufschub duldete bei der
Erledigung der von ihm übertragenen Aufgaben. Für die weitschweifigen
Rechtfertigungen derer, die versagt hatten, zeigte er sich unzugänglich.
Schon wochenlang vor dieser Zeremonie hatte helle
Aufregung geherrscht. Jeder Würdenträger hatte sich als eifriger und
bedingungsloser Diener der Politik des Pharaos dargestellt, um seine eigenen
Vorteile und die seiner Schützlinge zu wahren.
Als der beauftragte Schreiber im Namen des Königs mit
der Verlesung des Erlasses begann, wurde es still. Ramses, der noch abends
zuvor mit seinem Bruder gespeist hatte, verspürte keinerlei Besorgnis. Da sein
Weg feststand, konnte er frohen Herzens die anderen in ihrer Unruhe betrachten.
Einige Gesichter erstrahlten, andere verdüsterten sich, und wieder andere
schmollten verärgert. Doch die Entscheidung stammte vom Pharao, und jeder fügte
sich.
Endlich kam die Reihe an Nubien, für das sich niemand
sonderlich interessierte. Nach den jüngsten Ereignissen und den wiederholten
Vorstößen Chenars galt Prinz Ramses als Anwärter für das Amt des Vizekönigs.
So war die Überraschung gewaltig, als der Amtsinhaber
in seinem Amt bestätigt wurde.
DREIUNDDREISSIG
iset, die schöne, jubelte angesichts Chenars gescheitertem Plan, seinem
Bruder das Wasser abzugraben. Ramses war nicht zum Vizekönig von Nubien ernannt
worden! Der Prinz würde in Memphis bleiben und weiterhin ein Ehrenamt bekleiden.
Dieses unverhoffte Glück würde sie sich zunutze machen und Ramses mit ihrer
Leidenschaft umgarnen. Je heftiger ihr Geliebter sich sträubte, desto
reizvoller wurde er für sie.
Trotz der eindringlichen Worte ihrer Eltern, sie solle
Chenars Werben doch endlich nachgeben, hatte Iset nur Augen für Ramses. Seit er
aus Nubien zurück war, beeindruckten seine Schönheit und Männlichkeit sie noch
mehr. Er war kräftiger geworden, sein prachtvoller Körper noch beeindruckender
und sein angeborener Anstand betörender denn je. Einen Kopf größer als die
meisten seiner Landsleute, schien er unbezwingbar.
An seinem Leben, seinen Gefühlen, seinen Sehnsüchten
teilzuhaben, das wäre wahrlich eine märchenhafte Zukunft! Nichts und niemand
würde Iset, die Schöne, davon abhalten, Ramses’ Gemahlin zu werden.
Erst einige Tage nach Verlesung der Ernennungen begab
sie sich zum Haus des Prinzen. Ein verfrühter Besuch wäre nicht ratsam gewesen.
Inzwischen dürfte die Enttäuschung von ihm gewichen sein, und Iset würde ihn
schon zu trösten wissen.
Ameni, den sie nicht leiden konnte, empfing sie
ehrerbietig. Wie konnte der Prinz nur einem so kränklichen und schwächlichen
Jungen, der immer nur über seinem Schreibgerät hing und nichts von den Freuden
des Lebens wußte, sein Vertrauen schenken? Früher oder später würde sie ihren
künftigen Gemahl schon überreden, sich von ihm zu trennen und sich mit
aufgeweckteren Dienern zu umgeben. Ein Königssohn wie Ramses konnte sich doch
mit so etwas nicht begnügen!
»Melde mich deinem
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