RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Wasserbecken, wo sie in der Mittagshitze zu baden pflegte, bevor sie sich
einölen und massieren ließ. Seit ihr Mann befördert worden war, faulenzte sie
den lieben langen Tag und fühlte sich zunehmend matter. Die aufwendige
Schönheitspflege, die Anweisungen, die sie dem Hausverwalter und dem Koch zu
erteilen hatte – all das strengte sie unsagbar an.
Trotz all der vom Arzt verordneten Salben blieb ihre
Haut fettig. Sie hätte die Behandlung wohl gewissenhafter durchführen müssen,
doch ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen verschlangen den Großteil ihrer
Zeit. Wollte man über die tausenderlei kleinen Geheimnisse bei Hof im Bilde
sein, mußte man bei sämtlichen Empfängen und Festlichkeiten, die das Leben der
Leute von Stand ausmachten, zugegen sein.
Seit Wochen schon war Dolente beunruhigt, weil Chenars
Vertrauensleute sich mit Auskünften zurückhielten, als mißtrauten sie ihr.
Daher hatte sie es für unumgänglich gehalten, Ramses ihr Leid zu klagen.
»Da ihr den Frieden wiederhergestellt habt, muß man
deinen Worten jetzt wohl mehr Gehör schenken«, bemerkte sie.
»Was erhoffst du dir von mir?«
»Wenn Chenar erst König ist, wird er über
uneingeschränkte Macht verfügen und mich, wie ich fürchte, an den Rand drängen.
Schon jetzt schließt man mich von so manchem aus, bald werde ich keinerlei Beachtung
mehr finden.«
»Was kann ich daran ändern?«
»Erinnere Chenar an mich, an meine gesellschaftlichen
Beziehungen, die ihm in Zukunft nützlich sein werden.«
»Er wird mich verspotten. Für ihn bin ich bereits
Vizekönig von Nubien und weit weg von Ägypten.«
»Eure Versöhnung ist also nur schöner Schein?«
»Chenar hat mich mit einem hohen Amt betraut.«
»Und du gibst dich zufrieden mit der Verbannung unter
die Barbaren?«
»Ich liebe Nubien.«
Dolente ereiferte sich. Ihre Trägheit schien
verflogen.
»Wehre dich dagegen, ich bitte dich! Dem Verhalten ist
unannehmbar. Verbünden wir uns, du und ich, um Chenars Pläne zu durchkreuzen.
Dieses Ungeheuer soll sich gefälligst daran erinnern, daß er eine Familie hat,
die er nicht einfach verwerfen kann.«
»Bedaure, liebe Schwester, aber ich verabscheue
Verschwörungen.«
Wütend sprang sie auf.
»Du darfst mich nicht im Stich lassen.«
»Ich traue dir zu, dich allein zu verteidigen.«
Nachdem sie die Abendriten vollzogen und den Gesängen
der Priesterinnen gelauscht hatte, verharrte Königin Tuja noch ein Weilchen in
der Stille des Hathor-Tempels, um nachzudenken. Wenn man der Gottheit diente,
entfernte man sich aus den menschlichen Niederungen und vermochte über die
Zukunft des Landes mehr Klarheit zu gewinnen.
In langen Gesprächen mit ihrem Gemahl hatte die
Königin ihre Zweifel an der Tauglichkeit Chenars für das Amt des Königs
geäußert und wie gewöhnlich bei Sethos ein offenes Ohr gefunden. Er wußte, daß
man Ramses nach dem Leben getrachtet hatte und daß der wahre Schuldige, sofern
es nicht der in den Türkisbergen zu Tode gekommene Wagenlenker war, noch immer
unerkannt und ungestraft herumlief. Obwohl Chenars Feindseligkeit gegenüber dem
Bruder erloschen schien, mußte man sich doch fragen, ob er als unschuldig
gelten durfte. Solange es keine Beweise gab, mochten derartige Verdächtigungen
ungeheuerlich erscheinen. Aber hatten Machtgelüste nicht schon häufiger einen
Menschen in ein blutrünstiges Tier verwandelt?
Sethos ließ nichts außer acht. Die Ansichten seiner
Gemahlin waren wertvoller als die der Höflinge, die Chenars Aufstieg nur allzu
auffällig befürworteten oder dem Herrscher schmeichelten. Gemeinsam prüften
Sethos und Tuja das Verhalten ihrer beiden Söhne und zogen ihre
Schlußfolgerungen.
Gewiß, es war der Verstand, der sichtete und
zergliederte, aber für die rechte Entscheidung war er ungeeignet. Sia , die
pfeilschnelle Eingebung, das von Pharaoherz zu Pharaoherz unmittelbar
überlieferte Wissen, würde den Weg weisen.
Als Ameni das Tor zum Garten des Prinzen öffnete, verstellte
ihm ein seltsames Ding den Weg. Bei näherer Betrachtung erkannte Ameni es als
ein prachtvolles Bett aus Akazienholz. Die meisten Ägypter schliefen auf
Matten, und ein Möbelstück wie dieses war ein kleines Vermögen wert.
In seiner Verwunderung lief der junge Schreiber zu
Ramses und weckte ihn.
»Ein Bett? Das ist unmöglich.«
»Komm und schau dir’s an, es ist ein Meisterwerk!«
Auch der Prinz vermochte nur Worte der Bewunderung zu
finden. Der Tischler mußte ein Künstler sein.
»Tragen wir es ins
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