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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Herrn.«
    »Bedaure, aber er ist abwesend.«
    »Wie lange wird er fort sein?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wo hält er sich auf?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Willst du mich etwa zum Narren halten?«
    »Das würde ich nicht wagen.«
    »Dann rede gefälligst! Wann ist er aufgebrochen?«
    »Der König hat ihn gestern morgen abgeholt, Ramses ist
zu ihm in den Wagen gestiegen, und dann fuhren sie in Richtung Hafen.«
    Das Tal der Könige, das die Weisen »die große Weide«
nannten, das Paradies, wo die leuchtende Seele der Pharaonen wiederauflebt, lag
in steinerner Ruhe. Um von der Anlegestelle am Westufer Thebens bis zu diesem
geheiligten Ort zu gelangen, dessen Zugang Tag und Nacht bewacht wurde, hatten
der Pharao und sein Sohn einen von steilen Felswänden gesäumten und gewundenen
Pfad eingeschlagen. Hoch über dem Tal ragte ein stufenförmig ansteigender
Gipfel empor, Wohnstätte der Göttin der Stille.
    Ramses war wie gebannt.
    Warum führte sein Vater ihn an diesen geheimnisvollen
Ort, zu dem nur der Pharao und die Handwerker Zugang hatten, die dem König sein
Haus für die Ewigkeit bauten? Da die Grabstätten kostbare Schätze bargen,
hatten die Bogenschützen Befehl, auf jeden, der ihnen unbekannt und in
Sichtweite war, ohne Vorwarnung zu zielen. Auf versuchten Diebstahl, der als
Verbrechen galt, das die Erhaltung des ganzen Landes gefährdete, stand die
Todesstrafe. Es hieß, mit Messern bewaffnete Geister sollten dort leben, die
den Waghalsigen, die ihre Fragen nicht beantworten konnten, kurzerhand den Kopf
abschnitten.
    Gewiß, des Pharaos Anwesenheit war beruhigend, und
dennoch wären Ramses zehn Kämpfe gegen die Nubier lieber gewesen als diese
Reise in eine unheimliche Welt. Seine Kraft und seine Tapferkeit würden ihm
hier nicht helfen. Er fühlte sich schutzlos, nur mehr eine leichte Beute für
unbekannte Mächte, gegen die er nicht anzutreten wußte.
    Nirgends ein Grashalm, kein Vogel, kein Insekt, das
Tal schien alle Lebewesen vertrieben zu haben, um nur dem Stein Raum zu geben,
da er als einziger fähig war, dauerhaft vom Sieg über den Tod zu künden. Je
weiter der von Sethos gelenkte Wagen in diesen Ort eindrang, desto enger
rückten die bedrohlichen Mauern zusammen. Die Hitze wurde erstickend, und das
Gefühl, die Welt der Lebenden zu verlassen, schnürte einem den Hals zu.
    Ein schmaler Gang wurde sichtbar, eine Art Tür im
Fels, die von Bewaffneten bewacht wurde. Der Wagen hielt an, Sethos und Ramses
stiegen aus. Die Wachen verneigten sich tief, denn sie kannten den Herrscher,
der in regelmäßigen Abständen den Fortgang der Arbeiten an seiner eigenen
Grabstätte überprüfte und den Bildhauern die Inschriften diktierte, die in die
Wände seiner letzten Heimstätte eingeritzt werden sollten.
    Als sie die Tür hinter sich gelassen hatten, verschlug
es Ramses beim Anblick der gewaltigen Landschaft, die sich vor ihnen auftat,
den Atem.
    Die »große Weide« war ein glühender Schmelztiegel,
über dem sich der Gipfel der Ockerfelsen einem azurblauen Himmel
entgegenstemmte. War der Prinz soeben noch von Furcht erfüllt, stand er jetzt
da wie geblendet. Das Licht des Tals verschlang ihn, er fühlte sich erdrückt
und gleichzeitig erhoben. Ein Zwerg angesichts des Mysteriums und der
Erhabenheit des Ortes. Er spürte, daß da ein Jenseits war, das nicht zerstörte,
sondern erbaute.
    Sethos führte seinen Sohn vor ein steinernes Portal.
Er stieß die Tür aus vergoldetem Zedernholz auf und ging einen steilen Weg
hinab, der zu einer Kammer führte, in deren Mitte ein Sarkophag stand. Der
König entzündete Fackeln, die den Raum in Licht tauchten. Die Pracht und
Kunstfertigkeit der Wandverzierungen, die nun sichtbar wurden, verblüfften
Ramses. Die Kammer erstrahlte in glänzendem Gold, Rot, Blau und Schwarz. Der
Blick des Prinzen verweilte auf der Darstellung der Riesenschlange Apophis, dem
Ungeheuer der Finsternis und Verschlinger des Lichts, das der Schöpfer in Menschengestalt
mit einem weißen Stock unschädlich machte, nicht aber zerstörte. Er bewunderte
die von Gott Sia gesteuerte Sonnenbarke. Sia, die Eingebung der Ursachen,
einzig befähigt, in düsteren Gefilden den rechten Weg zu erkennen. Verzückt
stand der Gott vor dem Pharao, den der falkenköpfige Horus und der
schakalköpfige Anubis in ihren Bann schlugen und den die Göttin Maat, die
Weltordnung, im Paradies der Gerechten willkommen hieß. Der König war als
junger Mann in strahlender Schönheit dargestellt, er trug die

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