Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
Gemach trat.
«Du denkst nur an die Liebe, Acha!»
«Deine Hauptstadt erweist sich als reich an aufregenden Entdeckungen.»
Uriteschup packte die blonde Frau bei den Haaren und warf sie hinaus.
«Ich bin in vortrefflicher Stimmung», erklärte der Hethiter, dessen Muskeln noch deutlicher hervortraten als gewöhnlich.
Mit seiner wallenden Mähne und der fuchsrot behaarten Brust trug der Sohn des Königs zur Schau, daß er zum erbarmungslosen Krieger wie geschaffen war.
«Alle meine Widersacher sind beseitigt», erklärte Uriteschup.
«Es gibt keinen einzigen Verräter mehr. Fortan wird mir die Armee aufs Wort gehorchen.»
Uriteschup hatte lange überlegt, ehe er mit der Säuberung begann. Falls Acha die Wahrheit gesagt hatte, war das die Gelegenheit, die räudigen Schafe auszumerzen, hatte er gelogen, waren all jene aus dem Weg geräumt, die irgendwann mit ihm in Wettstreit hätten treten können. Diese vom ägyptischen Gesandten angeregte Bluttat, brachte ihm alles in allem nur Vorteile.
«Verwehrst du mir immer noch, mich der Krankheit deines Vaters anzunehmen?»
«Der König ist unheilbar, Acha. Es ist sinnlos, ihn mit Arzneien zu quälen, die seinen Zustand nicht verbessern würden und seine Leiden nur zu verschlimmern drohen.»
«Soll das Königreich ohne Führung bleiben, weil er nicht mehr regieren kann?»
Uriteschup lächelte siegesgewiß.
«Die hohen Offiziere werden schon bald mich zum Herrscher ernennen.»
«Schließen wir dann einen langen Waffenstillstand?»
«Zweifelst du etwa daran?»
«Nein, ich habe doch dein Wort.»
«Trotzdem gibt es noch ein großes Hindernis: Hattuschili, den Bruder des Königs.»
«Hat er nicht jeglichen Einfluß verloren?»
«Solange er lebt, wird er danach trachten, mir zu schaden. Er wird sich mit den Kaufleuten gegen mich verschwören, damit sie mir die Mittel entziehen, deren ich bedarf, um die Armee richtig auszurüsten.»
«Bist du nicht imstande, ihn daran zu hindern?»
« Hattuschili ist ein wahrer Aal und versteht es, durch alle Netze zu schlüpfen.»
«Das ist mißlich», räumte Acha ein. «Aber es gibt eine Lösung.»
Uriteschups Blick leuchtete auf.
«Welche, mein Freund?»
«Du kannst ihm eine Falle stellen.»
«Und… du würdest mir helfen, ihn gefangenzunehmen?»
«Ist das nicht die Aufgabe eines ägyptischen Abgesandten, der dem künftigen König von Hatti ein prachtvolles Geschenk machen möchte?»
VIERZIG
NEFERTARI HATTE IHRE Gabe der Seherin eingesetzt und Ramses’ Ahnungen bestätigt: Die Ansammlung der Flußpferde, die im Begriff waren, sich einen erbitterten Kampf zu liefern, und dabei die königliche Flotte zu zerstören drohten, war kein Zufall. Treiber und Fischer hatten die riesigen Tiere an jener Stelle aufeinandergehetzt.
«Chenar… er hat sie dazu angestiftet», vermutete Ramses.
«Er wird es nie aufgeben, uns vernichten zu wollen, das ist sein einziger Grund zu leben. Nimmst du es auf dich, Nefertari, daß wir unseren Weg gen Süden fortsetzen?»
«Der Pharao darf seinem Vorhaben nicht entsagen.»
Die Landschaften Nubiens und der Nil ließen sie Chenar und seinen Haß vergessen. Sobald sie irgendwo anlegten, fingen Lotos und Setaou wunderschöne Kobras, darunter eine, die einen schwarzen Kopf mit roten Streifen hatte. Die Ausbeute an Gift versprach reichlich zu werden.
Die verführerische Nubierin mit der goldbraunen Haut war hübscher denn je, der Palmwein feurig, und die Wonnen der Liebe in den milden Nächten machten die Reise zu einem Fest der Sinne.
Wenn das erste Licht des anbrechenden Tages das Grün der Palmen und das Ockergelb der Hügel neu belebte, genoß Nefertari die Freude dieser Wiedergeburt der Sonne, die Hunderte von Vögeln mit ihrem Gesang begrüßten. Jeden Morgen huldigte sie, nach alter Sitte in einem weißen Kleid mit Trägern, den Göttern des Himmels, der Erde und der Welt dazwischen und dankte ihnen dafür, daß sie dem Volk Ägyptens das Leben geschenkt hatten.
Auf einer Sandbank lag ein gestrandetes Handelsschiff, auf dem keinerlei Anzeichen von Leben zu erkennen waren.
Ramses ließ die Fahrt unterbrechen. Dann bestieg er mit Setaou und zwei Matrosen eine kleine Barke, um sich das Wrack aus der Nähe anzusehen. Nefertari hatte sich zwar bemüht, ihn davon abzuhalten, doch er war überzeugt, daß es sich um Chenars Boot handelte, und hoffte, dort Hinweise auf ihn zu finden.
An Deck regte sich nichts.
«Die Tür des Laderaums ist verschlossen», sagte einer der Schiffer.
Mit
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