Rangun
umspielte seine Lippen. »Mir nicht.« Er schaute zum Mond auf. »Heiraten Sie sie, Harry. Sie ist ein hübsches Mädchen.«
»Das beabsichtige ich«, schnappte Harry zu Lysistratas Überraschung, »aber ich möchte, verdammt noch mal, wissen, was hier vorgeht.«
»Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, Harry«, fiel Lysistrata unsicher ein, »aber ich heirate, wen ich will. Im Augenblick geht's ja nicht um meine Zukunft.« Sie blickte Ram an. »Stirb nicht für mich. Ich kann alles ertragen, aber das nicht.«
»Boh Myin und ich haben noch einige Hühnchen zu rupfen«, erwiderte er sorglos. »Du bist nur eines davon.« Im Schatten des Tores streckte er seine Hand aus. »Lebewohl.«
Ihre Brust schien sich zusammenzuziehen, bis ihr Herz blutleer war. Sie umfaßte seine Hand, als ob ihre Finger zerspringen würden. »Lebewohl.«
Ram wollte sich abwenden, schaute dann aber den Engländer an. »War das Gold Ihre Idee?«
»Ja.«
Ram lächelte rätselhaft. »Das dachte ich mir.« Als sich das Tor hinter ihnen schloß, sah Lysistrata ihn als schlanke, geisterhafte Gestalt zur Pagode zurückschlendern.
»Er lügt, Harry«, flüsterte sie. »Sie werden ihn töten, und das weiß er.«
»Wahrscheinlich zieht er Bohs Dah einem britischen Strick vor. Den wird er bekommen, wenn er bei Sonnenaufgang noch in diesem Hyänenlager ist«, erwiderte Harry gefühllos.
»Was meinen Sie damit?« fragte sie gespannt.
Er war nicht in der Stimmung, unangebrachtes Mitleid zu tolerieren, und sagte kurz: »Sie werden sehen.«
Während Ram zu Bohs Pagode zurückging, betrachtete er den Mond, als könne er dessen Lauf folgen. Bei Mondlicht konnte er sich vieler Frauen erinnern. Lysistrata wäre erstaunt, hätte sie gewußt, wie vieler, wenngleich er für die letzte, Anira, nur eine Illusion gewesen war. Seine stärksten Erinnerungen an Lysistrata rührten aus samtenem Schweigen, aus mondlosen Nächten.
Seine Tigerin war jetzt in Sicherheit. Würden die Jadeflammen dieser Augen die kommende Dunkelheit erhellen, die vielleicht tiefer als der Tod war? Wenn...
Er verbeugte sich kurz und ironisch vor dem Mond und betrat dann die Pagode, in der ein Kreis dunkler, verschlagener Gesichter jetzt entspannt wartete, da sie fühlten, daß die Gefahr vorüber war, und erpicht auf mörderische Unterhaltung waren.
»Setz dich, Ram Kachwaha«, sagte Boh Myin herzlich. »Trink etwas, um mein Glück zu feiern.«
»Ich habe Trinken nie sehr gemocht«, erwiderte Ram, »und vielleicht solltest du bis zum Abzug der Briten mit dem Feiern warten.«
»Ihre Kanone ist zerstört. Du hast gehört, was der Offizier sagte.« Boh Myin wischte sich Schnaps vom Mund.
»Ich hörte es.«
»Er hat in Gold bezahlt. Warum sollte er lügen?« fragte Boh Myin. »Ich habe alles, was ich will. Und dich.«
»Irrtum. Wenn die Kanone unversehrt ist, haben die Briten alles, was sie wollen. Einschließlich dem Gold, es sei denn, du willst damit auf sie schießen. Niemand von uns geht irgendwohin, bis sie es sagen... oder ich.«
»Pah. Deine Naga können sich in die Füße schießen. Hältst du mich für dumm? Die Kanone liegt mit gebrochener Achse drei Kilometer von hier. Sie kreischen wie die Schweine im Schlamm. Meinst du, ich ließe sie nicht beobachten?« Er räkelte sich in seinem Sessel. »Ich bin nicht sicher, ob du als Verbündeter gut bist, Ram. Ich kann dir nicht vertrauen, ich mag dich nicht, und du schuldest mir mehr als ein Schiff als Bezahlung für dein Leben, meine acht Kanus und zwanzig Mann. Außerdem kann ich die Rani jederzeit allein finden. Ich habe dich seit einiger Zeit nicht mehr kämpfen sehen. Woher weiß ich, was du wert bist?«
»Probier's aus.«
»Ja, das werde ich.« Während Ram seine Weste ablegte, winkte Boh Myin einen stämmigen Chinesen heran, in dessen Gürtel zwei lange Messer steckten. »Dieser Bursche ist mit den Messern ganz gut. Ich denke, du bist ihm ebenbürtig.« Er bedeutete einem anderen Piraten, Ram zwei gleiche Waffen zu reichen. »Denk daran, ich bin sehr ärgerlich, wenn du ihn tötest, aber heiter betrübt, wenn er dich tötet.«
Ram prüfte die Balance der Messer, indem er sie auf die Fingerspitzen legte, ließ sie dann herumwirbeln, die Daumen um das Heft gehakt, so daß die Spitzen auf seinen Unterarmen ruhten, um ihre Länge zu prüfen. Der Chinese zog rasch seine Messer über Kreuz aus dem Gürtel und streckte sie wie zwei Skorpionsstachel aus. Rams Messer blieben keusch umgedreht. Grinsende Piraten stießen sich an:
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