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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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und der chinesische Maitre d' wollte Harrys Reservierung wegen seiner Verspätung schon streichen. Doch er führte sie rasch zu ihrem Tisch und beorderte einen Kellner herbei. Der Kuchen, den der chinesische Kellner ihnen auf spitzenbelegten Silbertabletts vorlegte, sah köstlich aus. Harry war gekränkt, als Lysistrata nur eine kleine Schokoladentorte wählte und ein mächtiges Stück Erdbeertorte mit Sahne ablehnte. Der Kellner legte die Törtchen auf Wedgwoodporzellan, schenkte Javatee aus einer schweren silbernen Teekanne ein und verschwand. Harry schüttelte traurig den Kopf. »Zwischen uns wird es nie mehr wie früher sein, Lysistrata.«
    Sie kicherte. »Harry, wenn Sie so entschlossen sind, jemanden abzuschleppen, sollten Sie bei Masjids Schwester vorsprechen. Sie ist riesig!«
    »Masjid, ja?« Jetzt schaufelte er ernst seinen Kuchen. »In letzter Zeit mal was von seinem einstigen Box-Wallah gehört?«
    Vorsichtig blickte sie von ihrem Teller auf. »Harley? Nein, sollte ich das? Ist er nicht in Singapur oder sonstwo?«
    Er grinste schief. »Man kann sich drauf verlassen, daß eine Frau auf eine Frage mit drei weiteren antwortet. Sie sind so gesprächig wie Gatling Gewehre.«
    Sie naschte an einem Schokoladensplitter. »Mit einem Gatling Gewehr auf ein Frettchen zu schießen, scheint teuer.«
    Er zuckte zusammen. »Sie haben recht. Es geht mich nichts an.«
    Lächelnd schenkte sie ihm eine weitere Tasse Tee ein. »Trinken Sie aus, Leutnant Frettchen. Ich möchte Zigeunerin spielen.«
    Bevor Harry ihr die Tasse gab, beharrte er: »Diesmal keine Flunkereien, schöne Zigeunerin, oder ich werde Sie Betrügerin nennen.«
    Lysistrata ignorierte ihn und musterte die Teeblätter. Nach langem Schweigen spottete er: »Nun, wartet in meiner Zukunft keine wunderschöne, rätselhafte Dame?«
    »Mehrere.«
    »Abenteuer?«
    »Viel mehr, als Sie erwarten.«
    »Hurra!« Er lehnte sich zurück. »Langes Leben?«
    Sie blickte bestürzt auf. Dann rührte sie die Teeblätter mit einem Löffel besorgt blickend beiseite. »Das ist albern. Schicksale werden nicht in Teeblätter geschrieben.«
    Er wurde neugierig. »Was haben Sie gesehen? Werde ich nicht alt und gebrechlich werden?«
    »Es scheint nicht so«, sagte sie ohne es zu wollen, und dann entschlossen: »Es ist Quatsch, Harry.«
    Er ergriff fest ihre Hand, als sie schnell aufstehen wollte. »Sie wären nicht so aufgeregt, wenn Sie nicht ein bißchen daran glaubten. Sie waren zu oft in den Bazaren. Hören all den Mumpitz von Ma Saw und San-hla. Es ist Zeit, daß Sie in Ihre Welt zurückkehren«, er schnitt ein Gesicht, »und Tennis mit plattfüßigen Leutnanten spielen.«
    »Harry, Sie...«
    »Sagen Sie Ihre eigene Zukunft voraus.«
    »Was?«
    »Es ist doch Unsinn, oder? Was macht es also?«
    Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen. »San-hla sagt, ich dürfe nicht...«
    »Ihr eigenes Schicksal lesen? Was macht das für einen Unterschied, wenn alles nur ein Spiel ist?«
    Sie hob ihr Kinn. »Na gut. Warum nicht?« Sie hob die Teetasse, blickte hinein und beobachtete ruhig. »Ich werde einen dummen Gatten und sechs Kinder haben. Ich werde neunzig Jahre alt.« Sie stellte die Tasse zurück. »Zufrieden?«
    Er musterte sie. »Wenn Sie es sind.« Er winkte dem Kellner.
    »Sollen wir jetzt einkaufen gehen?«
    Als Lysistrata die prächtige Jade, Juwelen und Kunstgegenstände in den vornehmen Geschäften des Fytche Square bewunderte, verweilte sie nicht lange dabei. Harry vermutete, daß sie ärgerlich war, weil er darauf beharrt hatte, daß sie ihre Zukunft las. Er war sich unsicher, in welcher Stimmung sie war. »Noch immer böse auf mich, Zigeunerin?« murmelte er, als sie einen Laden verließen.
    Sie schaute verdutzt. »Weshalb sollte ich?«
    »Sie scheinen sich nicht zu freuen. Ich wunderte mich nur.«
    »Tut mir leid. Die Läden sind prächtig. Tja«, lockte sie, in dem Versuch, ihn zu beschwichtigen, »fast sehr englisch.«
    Er lächelte leicht. »Aber nicht so faszinierend, wie die Bazare.«
    Ein spöttisch-trauriges Lächeln traf ihn. »Harry, das hört sich an, als habe man Sie sitzenlassen.«
    Er knurrte und fühlte sich genauso.
    So war es auch tatsächlich. In den folgenden vierzehn Tagen war er, wollte er Lysistrata sehen, gezwungen, das über die Schultern anderer Gentlemen zu tun, die sie zum Rennen, zum Kricket, zum Rudern im Boat Club oder zum Essen im Pegu Club begleiteten. Um wenigstens eine Chance zu haben, zu der Gruppe gehören zu dürfen, begaben sich die

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