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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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intim. Sie war nicht affektiert und nicht schüchtern, und sie konnte über alles reden. Und er mußte zugeben, daß sie zuweilen sehr schön wirkte. Im Zwielicht des Gartens, wenn die Schatten ihr Gesicht sprenkelten, in einem anmutigen Longyi mit Magnolienblüten in ihrem goldbronzenen Haar. Von der verspielten San-hla lernte sie, ihre natürliche Anmut zu zeigen, von Lady Mary, sich höflicher zu verhalten. Die allmähliche Veränderung nahm er nur langsam wahr.
    Lysistratas Anpassung erfolgte noch langsamer, da sie die Richtung falsch deutete. Trotz der Freundschaft mit Harry, war sie einem Flirt abgeneigt, obwohl er sie gelegentlich zu verführen versuchte. Er war sich nicht ganz sicher, warum er das tat. Vielleicht entweder, weil er glaubte, die Übung täte ihr gut oder weil sein Selbstvertrauen durch ihre intensive Reaktion auf Harley verletzt wurde.
    Dennoch machte er ihr den Hof, bis Spekulationen über eine Verlobung laut wurden. Lady Mary riet ihrem Schützling, ihm nicht das Exklusivrecht ihrer Gesellschaft zu gestatten. »Er ist ein wunderbarer Fang, meine Liebe«, bemerkte die Engländerin eines Nachmittags beim Kartenspiel, »aber er kann auf Jahre nicht nach England zurückkehren, und Sie werden vielleicht nicht in den Kolonien bleiben wollen. Sein Vater ist ein sturer alter Eber, der ihn enterben würde, bevor er eine mittellose Amerikanerin als nächste Lady Wilbur akzeptierte.« Die Engländerin mischte behende die Karten. »Zudem würden mehrere junge Männer nur zu gern Armisteads Platz einnehmen. Sie werden zu einer Schönheit.«
    Lysistrata blickte auf das Kricketfeld, auf dem sich jetzt Kinder, Kindermädchen und Clubmitglieder tummelten. Mit einem kleinen Lächeln klopfte sie auf den gemischten Stoß. »Ich habe nicht die Absicht, Harry zu >fangen< und weder die gesellschaftliche Position noch die Mitgift, um eine Schönheit zu sein und gegen den Hochadel anzureiten. Die meisten Männer sind praktisch, wenn's ums Heiraten geht.«
    »Das sollen sie auch. Gentleman zu sein, ist nicht immer ein profitabler Beruf.« Lady Mary gab. »Sie müssen sich vielleicht mit weniger als einem Nabob begnügen, aber wenn Sie klug sind, werden sich viele Böcke in Rangun priveligiert fühlen, Sie zu unterstützen. Aber seien Sie vorsichtig bei Männern der East India Company. Die Hälfte von denen ist hier, um sich zu zerstreuen, oder weil sie Schulden haben. Einige sind von ebenso guter Herkunft wie Henry Armistead; sie haben einfach das Pech, unehelich geboren zu sein. Dynastien, wohlgemerkt«, sie stieß mit ihren Karten gegen die Lysistratas, »sind schon auf weniger begründet worden. Sie brauchen nur Vertrauen.«
    Lysistrata sortierte ihr Blatt, legte dann zwei Karten ab. »Ehe scheint letztlich immer nur eine Rechnung zu sein. Kaufen und Verkaufen. Unterstützung, Rückzahlung.«
    »Liebe und Treue gibt es noch immer, mein Mädchen. Ich habe einen Mann in England geliebt, aber ich bin Anthony treu.« Lady Mary verzog die Lippen. »Das Leben ist nur so dumpf, wie man es macht. Am Ende muß man mit dem spielen, was man auf die Hand bekommt. Wenn man hier Narr ist, spielt man, um zu gewinnen.« Sie zog das Herz-As aus dem Talon, plazierte es in ihren Handschuh und ließ es wieder verschwinden. »Und manchmal, um zu täuschen.«
    Lysistrata befolgte Lady Marys Rat einzig, weil sie mit der Welt fertig werden und eine neue Rüstung gegen Schmerz entwickeln mußte, die undurchdringlicher als die alte war. Eine Rüstung ohne Ritzen, gehämmert wie Geschmeide, mit einem Glanz, der das Auge blendete.
    Lysistrata ging zum nächsten Tanztee im Gymkhana Club. Bei der Gelegenheit mietete Harry eine Tum-tum Hundekutsche, in der sie bei Sonnenuntergang um den Switchback fuhren, auf dem wie üblich viele Kutschen standen. Wie junge Hunde versuchten sie, die lachenden Fahrer zu einem Rennen herauszufordern. Bei den Kutschenfahrern hatte sie kein Glück, doch dann forderte sie auf Birmanisch die grinsenden Birmanen in ihren Gharries heraus. Daraus entwickelte sich schließlich ein linkisches, aber verbissenes Rennen zwischen den Gharries und dem Tum-tum, das mitten in einem Kricketspiel damit endete, daß ein Gharry sich überschlug. Der Fahrer, glücklicherweise unverletzt, wurde zum Sieger erklärt und erhielt von den Kricketspielern eine Flasche Scotch, der in der Runde ausgetrunken wurde. Harry und Lysistrata begaben sich in Begleitung mehrerer Kricketspieler zu den Tennisplätzen. Im unmöglich schwachen Licht bekam

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