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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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zurück.«
    Seine Augen wurden rätselhaft, seine Stimme zärtlich. »Natürlich.« Er hob sie sanft hoch. »Außerdem bin ich nicht der einzige Pirat in diesen Gewässern. Am Tage treiben sie sich nicht in Rangun herum, aber die Nacht gehört ihnen.«
    Sie fühlte sich den Tränen nahe und lachte hilflos. »Wenn Sie so verschlagen wären wie manche behaupten, hätte diese Nacht die Ihre sein können. Sie sind weniger scheinheilig als ich.«
    »Eine Scheinheilige hätte geleugnet, was sie fühlte.« Er nahm ihren Kopf in die Hände, und für einen Moment dachte sie, er würde sie nicht loslassen. Dann sackten seine Hände herab, als hingen Gewichte daran. »Mit der Zeit wirst du diese Kunst lernen, aber ich werde nicht derjenige sein, der sie dich lehrt. Lebewohl, Lysistrata Herriott.«
...

KAPITEL 5
Die Regierung Nats
    Kobold tanzt und huscht an der Schwelle -wirbelnder Wahnsinn, Kobold der Hölle
    George Meredith
    Am nächsten Morgen begann der Westmonsun Birma zu überfluten. Lysistrata erwachte durch den trommelnden Regen, der in die Dachrinnen strömte, bevor er sich in silbergrünen Wänden auf den ausgedörrten Garten ergoß. Sie seufzte. Sie würde mit dem Einkäufen warten müssen, bis der Regen nachließ. Aber an Einkäufen dachte sie am wenigsten. Fast die ganze Nacht hatte sie über Richard Harley nachgedacht und war zu einem Schluß gekommen. Hätte er sie nicht ein wenig gemocht, hätte er nicht Lebewohl gesagt. Und wenn er versuchte, sie zu verführen, wie ihr weiblicher Instinkt es voraussagte, dann würde er zurückkehren. Jahre später sollte sie sich daran erinnern, daß sie bei ihrem ersten Monsun zwei grundlegende Fehler machte, bevor sie aus dem Bett stieg. Der eine war zu glauben, daß der Regen aufhören würde, der andere, daß Harley sie Wiedersehen wolle.
    Es regnete, als ob Noah aufgefordert worden sei, die Arche neu zu bauen. Der Garten war bis zu den Bodenbrettern des Hauses überflutet. Ein Plankenweg mußte von der Veranda zum Tor gelegt werden. Der Grund für den überdachten Durchgang vom Haus zu Küche und Stall wurde jetzt offensichtlich. Wollte man essen, durfte man den Koch nicht ertränken. Und man nahm wegen der zahllosen Pfützen auf dem Boden kein Blatt vor den Mund. Schließlich war das aus-gedörrte Dach so gequollen, daß das Tröpfeln nachließ. Bettzeug und Kleidung waren ständig naß. Insekten und Echsen drangen hordenweise ins Haus und hielten sich auf jeder Oberfläche, vor allem auf Nahrungsmitteln, auf.
    Draußen saßen stumm die verdrossenen Vögel. Verdreckter Abfall schwappte in den Hafen, Fußgänger wateten
    hfthoch den tieferliegenden Straßen, und Kricketfeld und Paradefeld des Gymkhana Club verwandelten sich in Seen. Nur Schweine und Frösche vergnügten sich im Schlamm, aber Lysistratas Verehrer kämpften sich unbeugsam in Regenzeug durch den Unrat und nannten ihn unbedeutend. Sie war nicht so herzlos, Ma Saw die Ritter wieder in den strömenden Regen hinausschicken zu lassen. Richard Harley war nicht darunter.
    In den kommenden nassen Wochen wurde das Herriott-Haus für Lysistrata zum Gefängnis. Masjid und die Birmanen waren an scheinbar endlose Monsune gewöhnt, aber Lysistrata hatte sich zu sehr an ihre neue Freiheit gewöhnt. Und die Erkenntnis, daß Harley wirklich nicht die Absicht hatte, sie wiederzusehen, schmerzte weit mehr, als sie zugeben wollte. Er schien Emotionen so genau wie ein Kontenbuch zu berechnen. Doch wenn sie sich auch nicht der Hoffnung hingab, daß Liebe zwischen ihnen war, war da noch Verlangen, und das spürte auch er. Ihre Rüstung, undurchdringlich für die attraktivsten Männer Ranguns, war bei Harley wie Papier verbrannt. Wie eine Motte hatte sie sich an ihn geworfen, als besäße er ein rätselhaftes Licht, ohne das sie nicht leben wollte... oder mit dem sie leben mußte, glaubte man seinen Warnungen über eurasische Beziehungen. Er konnte lügen, wie sie von Masjid erfuhr, dessen unschuldige Antworten auf Fragen über die Hindureligion ergaben, daß Männern der Tanz in der Öffentlichkeit oder- anderweitig keineswegs verboten war. Dieses >anderweitig< mit Evelyn schmerzte noch mehr, weil sie instinktiv wußte, daß er sich mit der Frau noch traf. Sie wurde wieder ganz von Harry Armisteads Gesellschaft abhängig.
    Einen Monat nach Beginn der Regenzeit wurde die Langeweile auf schreckliche Art jäh gebrochen. Adams kam zum Tee hereingestürmt, ohne sein triefendes Regenzeug abzulegen. »Cholera ist in der Stadt!« platzte

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