Rangun
er heraus und stammelte dann, als er Bettenheims Gesicht sah: »Ins Quartier dringt sie vielleicht nicht... aber sie breitet sich im Hafengebiet aus. Lysistrata - Miß Herriott, darf ich Ihnen und Ihrem Vater den Schutz meines Heimes anbieten? Es liegt hoch in den Hügeln und alle sagen, es sei das sicherste. ..«
Bettenheim fiel ihm ins Wort. »Das ist Quatsch. Wo haben Sie eigentlich von der Cholera gehört?«
»In den Docks«, antwortete Adams nervös. »Warum sind die Hügel nicht sicher?«
Bettenheim ignorierte ihn. »Wenn Sie mich entschuldigen, Miß Herriott, ich muß zu meiner Plantage. Cholera kommt jedes Jahr mit der Regenzeit. Gewöhnlich ist das nichts Ernstes, aber manchmal wird sie epidemisch. Jedenfalls wird es den Farbigen eine willkommene Ausrede für Dieberei.« Dann sagte er: »Ich rate Ihnen zu bleiben, bis ich Ihnen Lebensmittel und was Sie sonst brauchen, schicken kann.«
»Sehr freundlich, Mr. Bettenheim«, sagte Lysistrata, »und von Ihnen auch, Mr. Adams, aber ich kann keinen Ihrer Vorschläge befolgen. Im Krankenhaus werden Schwestern gebraucht.« Sie läutete nach Masjid.
Bettenheim faßte ihr Handgelenk. »Sie gehen nirgendwohin. Am sichersten sind Sie hier, wenn«, ei warf Adams einen drohenden Blick zu, »dieser Idiot es nicht von draußen reingebracht hat.«
Adams blickte auf sein Regenzeug herab, als sei es plötzlich von tödlichen Organismen belebt. Sein Kopf ruckte hoch, sein Hut schwankte in seiner Hand. »Verzeihen Sie, Miß Herriott, aber ich muß nach Hause!« Er floh.
»Lassen Sie Miß Herriott bitte los, Mr. Bettenheim«, sagte Harry ruhig. Er war aus der Ecke gekommen, in der er stumm Bettenheims Heldengeschichten gelauscht hatte.
Bettenheim drehte sich um, ballte die Fäuste und sah dann Masjids massige Gestalt im Türeingang. »Wollte Sie nicht beleidigen, Miß Herriott«, sagte er glatt. »Ich fürchte, ich war zu besorgt um Sie, um vernünftig zu denken.«
»Ich bin nicht gekränkt, Mr. Bettenheim«, erwiderte sie. »Masjid wird Sie zu Ihrer Kutsche bringen.«
»Wollen Sie wirklich ins Hospital gehen?« fragte Harry, als Bettenheim gegangen war.
»Harry, nun fangen Sie doch nicht auch damit an.«
»Wie ich gehört habe, ist Cholera eine häßliche Sache. Im Hospital fordern Sie das geradezu heraus.«
»Wohin wollen Sie gehen?« wich sie aus.
»In meinen Club, denke ich. Ist so gut wie alles andere... außer dem Krankenhaus.«
»Mein Vater ist dort, Harry«, erinnerte sie ihn.
»Und er wäre glücklicher, wenn Sie hier wären.«
»Zweifellos«, erwiderte sie ruhig, »aber dann würde er mich nicht mehr so lieben und ich mich auch nicht.«
»Pfleger, wo bleibt die neue Pfanne, verdammt?« schnappte Lighter über seine Schulter. »Die hier ist voll.« Eine saubere Pfanne tauchte an seinem Ellenbogen auf. Er ergriff sie und beugte sich wieder über den würgenden Patienten. »Wo zum Teufel steckt eigentlich Herriott? Das füllt sich ja hier so schnell wie die verdammten Pfannen.«
»Ich glaube, noch im Operationssaal, Doktor«, antwortete eine ruhige Stimme.
Er wirbelte herum. »Lysistrata! Was zum...«
»Teufel tu' ich hier«, schloß sie gelassen, »vor allem, weil Sie mir nachdrücklich verboten haben, einen Fuß in Queen Anne's geheiligte Hallen zu setzen?« Sie blickte sich in der schäbigen Umgebung mit hochgezogenen Augenbrauen um und nahm ihm dann den Schieber ab. »Ich nehme den. Sie haben wichtigere Dinge zu tun«, sie hob nochmals ironisch die Brauen, »oder?«
Er funkelte sie an und erklärte dann: »Wenn Sie mir das erste Mal auf die Schuhe kotzen, verschwinden Sie, Sie dreiste Hexe.«
Die Cholera oder Kala, wie die Einheimischen es nannten, war schrecklich, und Lighters einziger Befehl war nicht so leicht zu befolgen, wie er klang. Die Betten waren voll, die Schieber mit Erbrochenem und Fäkalien gefüllt, bis die Patienten ausgetrocknet waren und in der Hälfte der Fälle entweder an Herz- oder Nierenversagen litten oder starben. Es war ein einfacher Vernichtungsprozeß. Flüssigkeitsersatz war die einzige Behandlung, aber Versuche, genügend Wasser in einen würgenden, sich windenden Patienten zu bekommen, waren selten erfolgreich. Die Sache wurde noch schlimmer, weil ein tödlicher chinesischer Choleravirus neben der schwächeren Cholera auftrat, die üblicherweise den asiatischen Subkontinent heimsuchte. Die Wochen zogen sich hin, aber die Epidemie schien kein Ende zu finden. Menschen brachen auf den Straßen zusammen, blieben aber
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