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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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dort liegen, weil niemand sie berühren wollte, bis ein Verwandter, Freund oder die britischen Gurkha -Soldaten sie entfernten. Überall war der Lärm der Birmanen zu hören, die durch die Straßen wanderten und auf ihre hohen Veranden kletterten, um mit Bambusstöcken auf Töpfe zu schlagen. Sie spielten Trompete, Gong, Klappern und Trommeln, während sie schrieen, um die Nat sohs, die bösen Geister, zu vertreiben.
    Lysistrata magerte ab, bis ihre Wangenknochen herausragten und die Kleider schlaff um sie hingen, aber sie arbeitete ohne zu klagen weiter; und ihr einziger Lohn war Lighters mürrische Anerkennung. Ihre ruhige Zuversicht beruhigte die Patienten, und ihr Vater bemerkte mit Erleichterung, daß sie zufrieden schien. Wenn sie schon reizbar gewesen war, bevor sie sich in eine Schönheit verwandelt hatte, so noch mehr nach den Wochen, in denen sie mit überschwänglichen Verehrern eingepfercht war. Sie schien jetzt etwas innerlich überwunden zu haben.
    Als Ergebnis der Epidemie fand Richard Harley den Garten Monkey Club verlassen. Sir Anthony Bartly wollte sich mit ihm im Clubzimmer treffen, aber er sah nur zwei Männer an Tischen sitzen, die so taten, als ob der Tod nicht durch die Straße liefe. Genauer gesagt saß einer zeitungslesend da, das Gesicht auf die Straße gerichtet. Der andere lag zusammengesackt auf einem schneeweißen Tischtuch, als ob ihm sein Frühstück nicht bekommen wäre. Harley wollte den Maitre d'Hotel des Clubs heranwinken, als er den Bewußtlosen als Harry Armistead erkannte. Er ging rasch zum Tisch und hob Harrys Kopf. Eine schleimige Lache umgab den Kristallfuß einer Vase mit Rosen. Ohne auf den Kommissar zu warten, hob Harley den jungen Engländer auf seine Schulter und begab sich zur Tür.
    »Lysistrata.«
    Auf die müde, vertraute Stimme hin wirbelte Lysistrata herum und sah Harley mit dem schlaffen Armistead in dem steinernen Gewölbegang zwischen den Betten. »Harry! O Gott, nicht Harry!«
    Harley spürte einen unerwarteten Stich von Eifersucht. Er war auch wegen seiner regennassen Kleidung gereizt. »Wo kann ich ihn hinlegen?« fragte er kurz.
    »Da drüben.« Sie führte ihn rasch zu einem Bett in einer Ecke. Der Raum war von einer Wolke des Schweigens erfüllt, nur unterbrochen von dem erstickten Jammern kauernder Gestalten neben den Betten sterbender Angehöriger. Da und dort rasselten die eisernen Bettgestelle, wenn die ausgemergelten Kranken sich bewegten. Lysistrata wurde sachlich. »Wären Sie zwanzig Minuten vorher gekommen, hätten wir auf dem Boden Platz machen müssen.« Sie zog die Decken herunter und Harley ließ seine Last auf das Bett fallen.
    Während sie den Engländer auszogen, schaute Harley skeptisch, als sie Harrys Unterwäsche abstreifte. »Gibt es dafür keine Pfleger?« Er schlug die Decken hoch, als sie Harrys nasse Kleidung auf den Boden warf.
    »Pfleger? Sie meinen Männer?« Ihre Augen leuchteten amüsiert. »Wer hat je von einem tugendhaften Piraten gehört?«
    Er lachte leise und rieb sich abwesend die Stirn. Da kein Tikka-gharry ein Choleraopfer transportieren wollte, hatte er Harry fast sechs Blocks weit geschleppt. Harry war zwar nicht groß, aber sehr schwer. »Gut gesagt, Miß Herriott. Ich freue mich, daß der Leutnant in guten Händen ist.«
    »Wie taktvoll, daß Sie nicht >geübt< sagen. Ich hätte Sie mit einer Bettpfanne geschlagen.«
    Er riß einen Arm hoch, als wolle er sie abwehren. »Das wird nicht nötig sein. Ich gehe freiwillig.«
    Lysistrata reichte, erstaunt über die nervöse Geste, einem vorbeikommenden Pfleger Harrys Kleidung und wandte sich wieder an Harley. »Danke, daß Sie Harry gebracht haben. Die meisten Männer hätten die Gurkhas gerufen.«
    Harry zuckte die Schultern. »Ich schuldete ihm einen Gefallen. Leben Sie wohl, Miß Herriott.«
    Lysistrata schaute zu, wie er zur Tür ging. Dieses Mal würde sie sich nicht der Illusion hingeben, daß sie ihn wiedersähe. Seltsam waren nur die Kleinigkeiten, die man bemerkte, wenn die Seele litt. Trotz seines kräftigen Schrittes schien es, als liefe er über unebenen Boden. Im Geiste sah sie dann die fehlenden Stiche in der Stickerei, die sie aus der Hand ihrer toten Mutter genommen hatte, die laufende Nase ihres Bruders Teddy, nachdem sein Atem zum Stillstand gekommen war. Mit brennenden Augen wandte sie sich ab, um Harrys rotes Gesicht mit einem Schwamm abzutupfen. Bis sie sich an Harleys eigenartige Hautfarbe erinnerte. Der Schwamm wurde langsamer. Sicher war er nur

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