Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
Vom Netzwerk:
arabische Hengst, der unruhig auf dem Hof tänzelte, war so weiß, daß die Sonne auf seinem feuchten Fell in allen Regenbogenfarben schimmerte. Mit dunklen, intelligenten Augen warf er seinen schmalen Kopf in einem Fluß von Seide hoch, und sein Schweif streifte über den Kiesboden. Als sie sich ihm vorsichtig näherte, wich er leicht zurück, und seine Nüstern blähten sich. »Oh, du Schöner. Du bist zu prächtig, um wirklich zu sein!« stöhnte sie und wagte kaum, ihn zu berühren, aus Furcht, er könnte verschwinden. Die dunklen Augen beobachteten sie, beobachteten ihre streichelnden Finger, aber der Hengst bewegte sich nicht. Dann senkte er seinen Kopf wie ein Einhorn, um an ihrem Haar zu schnuppern.
    »Ist er nicht prachtvoll, Mem?« hörte sie Masjids bewundernde Stimme hinter sich. »Der ist das Gewicht seines ersten Fohlens in Perlen wert.«
    Für Lysistrata endete mit dem Wert des Hengstes ein Traum. Widerwillig löste sie seine Hand von ihm. »Schick ihn zurück, Masjid. Ein solches Geschenk kann ich nicht annehmen.«
    Der Pathan runzelte die Stirn. »Es ist richtig, Mem, Geschenke von diesen Männern abzulehnen, die herkamen, um Sie zu umwerben, denn Sie wollten, daß Sie ihre Geschenke sehen und nicht sie selbst. Aber es ist falsch, das Geschenk eines Mannes abzulehnen, der Ihnen sein Leben verdankt, da er es nicht leicht gibt. Besser, ihn sterben zu lassen, als seine Ehre zu zertreten.«
    Lysistrata stand einen Moment reglos da und sagte: »Ich werde den Hengst Fleche du Soleil nennen, Pfeil der Sonne.«
    Obwohl Soleil eines Königs würdig gewesen wäre, meinte Lysistrata, daß er niemandem hätte geschenkt werden können, der machtloser war als sie. Die verdrossenen Herrscher waren unerbittlich: Queen Anne's Türen blieben den Einheimischen verschlossen. Dieselben Regenten redeten zuerst auf Dr. Herriott ein und wollten ihn dann zwingen, ihre Proteste zum Schweigen zu bringen. Seine Weigerung hatte Beschwerden über seine Arbeit zur Folge.
    »Lysistrata«, verkündete er nach einem besonders unerfreulichen Tag, »ich werde mein Amt niederlegen.«
    Kläglich schaute sie in sein müdes Gesicht. »Nein, Papa. Ich bin jetzt still. Schließlich hört ja doch niemand zu.« Sie legte ihren Kopf in seinen Schoß. »Ich werde aufhören. Dies ist nicht dein Kampf.«
    »Jeder Mann muß gegen Scheinheiligkeit kämpfen, Süße. Diesen Kampf einem Mädchen allein zu überlassen ist eine Schande.« Er streichelte ihr Haar. »Und man hört dir zu. Taube Schweine quieken nicht.«
    Sie verzog die Lippen. »Wenn man ihnen in den Schwanz kneift schon.«
    Er zwirbelte eine Haarsträhne zwischen seinen Fingern. »Zwei können fester kneifen als einer. Aber wir müssen schnell über den Zaun klettern. Schweine beißen gemein.«
    »Man spürt sogar ihr Zwicken«, stellte sie kläglich fest. »Ich werde nun wohl doch keinen wohlhabenden jungen Mann heiraten. Meine Ausstellungsstücke fangen an zu kreischen.«
    »Hättest du dich an einen dieser Angeber verkauft...« Er schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nicht mit meinem Segen. Du hättest zweifellos gelassen versucht, den Mann glücklich zu machen, aber ich kenne keine Frau, die schlechter für eine Zweckehe geeignet wäre. Ich wäre mit dem ersten Boot davongefahren, bevor...«
    Sie berührte seine Lippen. »Ich liebe dich, Papa.«
    Er lachte. »Natürlich. Du hast mehr Kopf als Empfindungen.«
    Am nächsten Tag sprangen die Herriotts über den Zaun. Obwohl der Ort, an dem sie landeten, schlimmer roch als Queen Anne's, war er in Hinblick auf menschlichen Anstand ein Rosenbett. Das Royal Burmese Hospital, das sie nur zu gern in seine Dienste nahm, war eine Mischung aus Kloster und Krankenhaus. Mystizismus, Unsinn und Wunschdenken spielten eine ebenso große Rolle wie praktische Medizin - diese war zumeist alt und für westliche Praktiker etwas bizarr. Die Sterblichkeitsquote war wegen Unwissenheit, schlechter Sanitäranlagen und der generellen Unterernährung der Bevölkerung hoch. Dazu mieden die Einheimischen trotz der niedrigen Gebühren das Hospital, außer wenn sie todkrank waren.
    Doch nach nur einer Woche waren die Herriotts mit ihrem medizinischen Wissen nicht mehr so zufrieden. Dr. Herriott, der während des Krieges brutale Feldoperationen ohne Betäubung auszuführen hatte, war verblüfft, als er einem Patienten bei vollem Bewußtsein einen Nierenstein entfernte und ihn dabei lächeln sah. Nur eine Reihe von Nadeln in seiner Haut unterbanden den Schmerz. Oft

Weitere Kostenlose Bücher