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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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Schweiß brach aus, als sie die Hand nach der Schlinge ausstreckte. Plötzlich trat ein Fuß heftig auf den Hanf. Erschreckt zuckte sie zurück.
    »Nur zur Kontrolle.« Über ihr war Rams ausdrucksloses Gesicht zu sehen. »Geh mit den Füßen voran.«
    Mit Herzklopfen tat sie wie befohlen und schlang die Beine um das Seil. Es hing beunruhigend durch. Mit zusammengebissenen Zähnen und geschlossenen Augen zog sie sich Zentimeter um Zentimeter weiter. Als sie schließlich glaubte, ihre Arme würden brechen, öffnete sie die Augen. Der Erdboden war nur um Armeslänge von ihr entfernt. Sie ließ sich herab und setzte sich dankbar auf einen Fels. Ram kam als nächster, die Winchester über die Schulter geschlungen. Zustimmend nickend setzte er sich neben sie. »Nicht schlecht. Die Übung wirst du noch brauchen.«
    Sie warf ihr Haar zurück. »Das ist nichts Besonderes, was?«
    Mit ironischem Blick glitt sein Finger langsam durch den Schweiß auf ihrem Gesicht. »Nicht sehr.«
    Es war das erste Mal, daß er sie seit Pagan berührte, und sie fühlte sich genauso hilflos wie dort. Sie zuckte zurück. »Nimm deine dreckigen Hände von mir, wenn du nicht zwischen den Felsen landen willst!«
    Seine Augen wurden eisig. »Vielleicht ziehst du Friedlander oder Kanaka vor. Das läßt sich einrichten.«
    »Jeder andere außer dir.« Sie hielt seinem Blick stand.
    Er lächelte leicht. »Ein lockerer Mund und ein fester Yin sind eine gefährliche Kombination, Lysistrata.« Er hob den Kopf. »Kanaka, die Lady möchte dir einen Vorschlag machen.«
    Sie wirbelte herum und sah den großen Polynesier näher kommen. »Ich springe, verflucht!« zischte sie Ram an und wich an den Abgrund zurück.
    Er machte keine Anstalten, sie aufzuhalten. »Das liegt bei dir. Solange dir klar ist, welche Wahl du hast...« Er winkte Kanaka zu. »Komm. Dieser Vorsprung ist überfüllt.« Er ignorierte sie und ließ sie stehen.
    Zwischen Erleichterung und Wut schwankend, schaute sie ihm nach, bis Friedlander auf den Fels sprang. Mit einem geilen Blick reichte er ihr den Longyi und bedeutete ihr, weiterzugehen. Trotzig zog sie ihn an, bevor sie einen Schritt machte. Warum sollte er den Rest des Tages ihr Gesäß sehen?
    In dieser Nacht lag Lysistrata schlaflos da. Rams durchdringende, dunkle Augen verrieten, daß er weniger geduldig war, als es den Anschein hatte. Sie beobachtete, wie er wachte, die Winchester auf seinen Knien. Er saß stumm und reglos da und starrte in die Dunkelheit des Dschungels, als ob sich dort etwas Geheimnisvolles bewegte, das nur er sehen könne. Dann schaute er zu ihr hinüber, und sie hatte das Gefühl von kalter Hitze, als ob er einen Eiszapfen über ihren Körper gezogen hätte. Er hatte noch Macht über sie, und sie haßte ihn dafür, empfand aber bittere Befriedigung darüber, daß er sie begehrte und haßte ihn dafür noch mehr. Sie kehrte ihm den Rücken zu und kauerte sich zusammen.
    Die Hänge wurden am nächsten Tag steiler, der Weg noch zerklüfteter. Schließlich gab Lysistrata alle Hoffnung auf, daß Retter in die Shans folgen würden. Sie hätte genausogut auf der Rückseite des Mondes sein können. Immer häufiger tauchten Bastbrücken auf, als die kleine Gruppe tiefer ins Gebirge vordrang, und es fiel ihr schwer, ihren Widerwillen, sie zu überqueren, zu verbergen. Schließlich erreichten sie einen Fußsteg, der einen zwanzig Meter tiefer fließenden Fluß überquerte. »Ich darf wohl wieder das Versuchskaninchen spielen«, sagte sie mit gezwungener Sorglosigkeit.
    »Du bist die Leichteste«, erwiderte Ram. »Wenn jemand hinüberkommt, dann du.«
    Sie war verblüfft. »Läßt du mich deshalb zuerst gehen, weil es am sichersten ist?«
    »Nein«, erwiderte er spöttisch, »sondern weil du die Entbehrlichste bist.«
    Sie wandte sich rasch ab, um den plötzlichen schmerzlichen Stich zu verbergen und sagte mit geheuchelter Fröhlichkeit: »Na, dann gehe ich mal. Vielleicht kann ich die Seile durchbeißen, bevor du dran bist.«
    Als sie die winzige Plattform über die wackelige Bambusleiter erreicht hatte, schwand ihr Mut, und sie war starr vor Furcht. Ram erklomm die Leiter. »Du hast Angst«, sagte er ruhig.
    Sie schüttelte den Kopf und biß sich auf die Lippe.
    »Kein Grund, sich dafür zu schämen. Ich habe bei vielen Menschen Höhenangst erlebt, die diese Strecke benutzen. Bleib ganz ruhig. Ich mache das.«
    »Warum bist du plötzlich so nett zu mir?« fragte sie.
    Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Du

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