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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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nicht allein zu sitzen.“ — Ich gehe zu ihnen herüber und sie bieten mir Käse und Brot an. „Nein Danke, ich gehe gleich essen.“ — „Wollen Sie einen Schluck Wein?“ — „Da sage ich nicht nein.“ — Wir unterhalten uns über meine und ihre Anreise. Er ist Arzt und noch nicht lange im Ruhestand. Ich erzähle von meinen Leiden der letzten Tage und von meinem tierisch schmerzenden kleinen Zeh. „Zeigen sie das mal meinen Mann“, meint sie. Ich öffne meine Sandale und ziehe meine Socken aus. „Der Zeh sieht gar nicht gut aus. Mein lieber Mann, da haben Sie aber einen knallroten Zeh!“ — Er geht, holt seine Reiseapotheke und versorgt die tiefe Wunde. Den Zeh umwickelt er mit einfachem Pflaster und gibt mir noch einige Tipps für die nächsten Tage. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, viele private Dinge.
    Sofort spüre ich ihr Mitgefühl und es entwickelt sich eine tiefe Verbundenheit. Wer hat mir diese beiden Engel nur geschickt?
    Dann ist es Zeit, mich auf den Weg zu machen und mich an einen gedeckten Tisch zu setzen. Im Restaurant schaue ich in die Speisekarte und bestelle gleich zwei Hauptgerichte. Die Kellnerin wird denken: „Habe ich den richtig verstanden?“ — Sie ist tatsächlich irritiert, als sie die Bestellung aufnimmt. Das Kira auch was zu essen will, weiß sie ja nicht. Ich bestelle ein Gericht mit Fleisch, an dem Knochen sind. Als ich nach einem reichhaltigen, guten Essen wieder am Zelt ankomme, rufe ich Kira heraus, gebe ihr die Knochen und Kroketten. Wir gehen noch einmal Gassi und dann glücklich und zufrieden schlafen.
     
    Ich muss nach diesem wunderbaren Tag an all die schrecklichen Dinge denken, die mir in den letzten Tagen passiert sind. Nachdem ich das Buch von Hape Kerkeling gelesen hatte, war mir klar, dass ich am gleichen Tag loslaufen will wie er, allerdings sechs Jahre später. Warum mir das wichtig war, weiß ich nicht. — Wären wir nicht am 9. Juni losgelaufen, sondern nur einen Tag später, hätten sich all diese Dinge nicht ereignet: Das Unwetter in den Bergen, das Zelten zwischen den Kuhfladen, das nächste Gewitter mit Eisregen, wo der Knirps dran glauben musste. — Wollte mich mein Schöpfer einmal so richtig durchschütteln? Sollte es eine Belastungsprobe für einen hart gesottenen Handwerksmeister sein? — Blasen hätte ich mir auch an einem anderen Tag gelaufen, da bin ich mir sicher.
     
    Ich bin fast eingeschlafen, als zwei Busse mit jungen Spaniern ankommen. Sie halten direkt neben meinem Zelt und fangen sofort an, ihre Zelte aufzubauen. Dass es jetzt 23.00 Uhr ist, interessiert sie eher weniger. Das Licht an ihrem Auto lassen sie die ganze Zeit brennen, damit sie im Dunkeln ihre Zelte noch aufbauen können. Die wollen es so richtig krachen lassen und fangen unverzüglich damit an. Sie haben jede Menge Bier und laute Musik dabei. — Die haben doch wohl den Knall nicht gehört! Aber mit denen lege ich mich besser nicht an. Ich setze mir meine Kopfhörer auf die Ohren, sonst kann ich neben denen nicht einschlafen. — Mitten in der Nacht werde ich wach. Sie sitzen immer noch vor den Zelten und unterhalten sich irre laut. Ich kann nur mit Kopfhörer und meiner eigenen Musik weiterschlafen.
    Nach dem ganzen Palaver werde ich um 6.00 Uhr wach und stehe auf. Es ist erst seit wenigen Minuten still. Die hatten vielleicht eine Ausdauer, oder ist ihnen das Bier ausgegangen? Ich nehme meine Kulturtasche, ein Badehandtuch habe ich nicht, nur mein Gästehandtuch im Format 30 x 30 und gehe duschen. Das will ich noch mal ausnutzen, wer weiß, wann ich das nächste Mal duschen kann. — Es ist früh am Morgen, als ich mein Zelt abbaue und ich bin noch dabei meine Sachen zu verstauen, da kommt der Arzt aus seinem Zelt. Wir wünschen uns aus der Entfernung einen guten Weg.
     
    So früh wie heute Morgen bin ich noch nie weggekommen. Wir müssen wieder die siebenhundert Meter zurück, vorbei am Humuswerk, zurück auf den Pilgerweg. Wir kommen sehr schnell nach Estella und gehen in die Stadtmitte, wo ein Stempel und ein Stempelkissen direkt an der Straße auf einem Tisch ausliegen. Das könnte vielleicht die einzige Gelegenheit sein, einen Stempel zu bekommen, und ich drücke mir einen auf die letzte Seite meines Tagebuches.
    In einer engen Gasse, wo zur linken Hand ein Tante-Emma- Laden ist, binde ich Kira gegenüber an das lose Fallrohr der Dachrinne. Es ist nicht ideal, in so einer engen Straße einzukaufen, daher binde ich Kira kurz an und lasse sie

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