rank und schlank und rattenscharf
wie Katzenfutter. Beim Versuch, die Dose Fisch aufzumachen, spritzt mir die ganze Tomatensauce über den Tisch und auf die Hose. Ich ärgere mich über meine Ungeschicklichkeit, zumal ich nichts habe, um diese Sauerei wegzumachen. — Nee, Nee, Nee, geht das schon wieder los? Ich dachte, die Pechsträhne wäre zu Ende? — Ich opfere ein Stofftaschentuch und bekomme es halbwegs sauber, damit ich hier noch länger sitzen bleiben kann. Es ist an der Zeit, Willi eine SMS zuschreiben:
Morgen Willi, gestern war ich in der Hölle und jetzt bin ich im Paradies.
Willi antwortet: Morgen Burghard, wo war die Hölle?
Ich schreibe zurück: Überall!!
Ich fühle mich hier sauwohl. Meine Schuhe sind jetzt — nach drei Stunden essen, trinken, sitzen und schreiben — trocken, ich kann mich wieder auf den Weg machen. Das Blatt hat sich anscheinend gewendet. Aber wird es so bleiben?
In den letzten drei Stunden sind alle Pilger an mir vorbeigezogen, schon lange kommt keiner mehr und ich gehe ihnen jetzt mit neuer Kraft hinterher. Es ist heute sehr warm und wir laufen den ganzen Nachmittag. Bevor ich Estella erreiche, nehme ich einen unangenehmen Geruch wahr, und je näher ich komme, umso schlimmer wird er. Es ist eine Kompostieranlage, die diesen üblen Geruch verbreitet. In unmittelbarer Nähe stehen Mehrfamilienhäuser, deren Bewohner haben sich an diesen ekelhaften Geruch wahrscheinlich schon gewöhnt oder sind abgestumpft. Sie können sich bestimmt keine anderen Wohnungen leisten, freiwillig wohnt niemand hier.
Wir laufen an der Anlage vorbei und kommen an eine Straße. An einem Zaun hängt ein Schild und der gelbe Pfeil zeigt nach rechts. Darunter hängt ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Camping 700 Meter“, aber nach links. Da gibt es kein Überlegen, das ist eine klare Sache, soweit kann ich vom Weg abweichen. Dort kann ich endlich duschen. Gestern Abend fehlte die Angabe, wie weit der Campingplatz entfernt war. Ich biege also links ab und werde von mehreren großen Hunden begleitet, die an einer Laufleine auf dem Betriebsgelände hin und herlaufen. Siebenhundert Meter können ziemlich lang sein, wenn man nur noch die Dusche vor Augen hat.
An der Anmeldung binde ich Kira draußen fest. Ich gehe rein und frage den jungen Mann an der Anmeldung in schlechtem Englisch: „Kann ich mit meinen Hund hier zelten?“ — „Wenn der Hund im Zelt bleibt, ist es kein Problem.“ — Ich bin froh, dass wir hier aufgenommen werden. — „Kann ich hier was zu essen bekommen?“ — „Jetzt noch nicht, aber ab 19.00 Uhr.“ — Klasse! Er gibt mir einen Orientierungsplan und ich suche die eingezeichnete Fläche zum Zelten. Ich laufe an einem Swimmingpool vorbei und komme mir vor, als hätte ich eine Oase mitten in der Wüste gefunden. Es ist eine wunderschöne, große grüne Wiese, anders als das Lager der letzten Nacht. Sofort fange ich an mein Zelt aufzubauen, direkt neben mir ist eine Säule mit mehreren Steckdosen. Energie im Überfluss, auch das gibt es hier. Die einfachsten Dinge werden einem wichtig.
Ein älterer Mann fährt mit seinem Rad vorbei und hält am nächsten Zelt. Schon nach wenigen Minuten kommen wir ins Gespräch. Er und seine Frau kommen aus Deutschland. „Wollen Sie noch was essen? — „Ja.“ — „Hier werden Sie nichts zu essen bekommen, ich gebe Ihnen mein Fahrrad. Damit können Sie in die Stadt fahren, dort gibt es mehrere Restaurants.“ — „Es gibt auf dem Campingplatz auch ein Restaurant.“ — „Das macht aber erst um 19.00 Uhr auf.“ — „Ich will aber erst mal duschen gehen“, sage ich.
Nach einem kurzen Augenblick steht er vor mir mit einer kalten Dose Bier in der Hand. „Die ist für Sie!“ — Das kann ich kaum glauben, wir haben keine drei Worte miteinander gewechselt und dann diese spontane Geste wahrer Barmherzigkeit. Ich bedanke mich und bin richtig gerührt. Seine Frau ist damit beschäftigt, das Abendessen vorzubereiten. Frischen Spargel, den ihr Mann gerade in der Stadt gekauft hat. Ich nehme einen kräftigen Schluck Bier, sperre Kira ins Zelt und gehe duschen. Das erste Mal nach einer Woche, abgesehen von dem Bad gestern Abend im Fluss. Es ist herrlich unter der warmen Dusche zu stehen, immer wieder drücke ich auf den Knopf, immer und immer wieder. Solange habe ich noch nie geduscht. Als ich zurückkomme, sitzen die zwei unter einem Carport und sind gerade fertig mit dem Abendbrot. Sie winkt mir zu: „Kommen Sie doch zu uns, Sie brauchen doch
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