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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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Gottesdienst am Otto-Pankok-Museum ohne mich feiern. Ich bin heute allein und doch nicht allein. Was gibt es besseres als einen treuen Hund? Hunde sind unsagbar treu, Menschen geht diese Treue immer wieder verloren.
    Ich liege immer noch im Gras, und als ich mich wieder aufmachen will, läuft ein Pilger vorbei und grüßt mit einem „Buen Camino.“ Einen Moment später folgen ihm zwei Pilgerinnen, sie gehen ohne Gruß weiter. Sie haben bestimmt gedacht, ich komme gerade vom stillen Örtchen. Das konnte man auch denken, weil ich ohne Rucksack da stand und noch dabei war, mir den Gürtel zuzumachen. Als ich wenige Minuten später aufbreche, ist keiner der drei mehr zu sehen. Sie sind wie vom Erdboden verschwunden.
    Wir durchwandern ein großes, ja riesiges Tal, ohne dass Kira auch nur einmal an die Leine muss. Den ganzen Tag über sind wir allein, nicht ein einziger Pilger weit und breit. Wo sind die denn alle? Haben die heute frei, weil Samstag ist?
    Am späten Nachmittag stehen vor einer Ortschaft Mähdrescher quer auf dem Weg. Hier laufen die Vorbereitungen für die bevorstehende Kornernte. Sie haben augenscheinlich ein Problem mit ihren Maschinen. Ich fotografiere sie, um sie meinem jüngsten Sohn zeigen zu können, der eine landwirtschaftliche Ausbildung macht. Er hat bestimmt Interesse an spanischen Traktoren und Mähdreschern.
    Der Ortseingang hat es in sich: Das erste Gebäude ist eine Garage, deren Tor offen steht. In ihr stehen nur Automaten mit Getränken, Nüssen, Chips und Eis. Ich lasse mich auf einem der völlig verstaubten Plastikstühle nieder. Da ich hier der Einzige bin, kann ich alle Stühle mit meinen Sachen in Beschlag nehmen. Dieses einzigartige Panorama muss ich mit der Kamera festhalten, das glaubt mir sonst keiner. Ich schreibe Willi eine SMS:
     
    Hallo Willi, ich bin in Los Arcos. Was ist denn hier los? Gibt es hier was zu essen?
     
    Es kommt keine Antwort zurück. Klasse! — Die Mähdrescher, an denen ich gerade vorbeigelaufen bin, kommen nun auch wieder zurück in den Ort. Eine ältere Frau verlässt mit ihrem erwachsenen behinderten Sohn das Dorf. Sie geht zu Fuß in die Richtung, aus der ich soeben gekommen bin. — Ich bin doch stundenlang gelaufen und habe nirgendwo ein Haus gesehen. Wo mögen sie denn hingehen? Ich sehe ihnen minutenlang hinterher, bis sie am Horizont in der Abenddämmerung verschwunden sind. Dann ziehe ich meine Schuhe wieder an und gehe in den Ort, um etwas Essbares zu suchen.
    Den ersten Eindruck von einem ‚kleinen Dorf’ muss ich schon nach wenigen Minuten korrigieren. Es werden immer mehr Häuser, die sich aneinander reihen und schon bald ist es eine kleine Stadt. Ich spreche einen Mann an und frage nach einem Restaurant. Er schaut etwas verdutzt, doch dann weiß er, was ich will. „Geradeaus weiter.“ — Er läuft hinter mir her, und als ich rechts abbiegen will, weil ich dort mehrere Lichter und Menschen sehe, ruft er und deutet an, noch weiter geradeaus zu gehen.
    An einem großen Platz sind mehrere Kneipen und Restaurants und ich setze mich auf einen der wackelnden Plastikstühle. Kira halte ich bei den vielen Leuten besonders kurz an der Leine. Ich schicke sie unter den Tisch und stelle meinen Rucksack schützend davor. Kaum dass ich sitze, kommt ein Mann an und fragt mich auf Deutsch: „Darf ich mich zu Dir setzen?“ — „Aber sicher, pass nur auf meinen Hund auf, nicht streicheln, dann müsste es gehen.“ — „OK!“ — Er setzt sich und ich erzähle ihm, dass Kira unterwegs eine Frau gebissen hat, obwohl ich sie an der Leine hatte. Und dass sie einen großen blauen Fleck davon zurückbehalten hat.
    Wir bestellen uns jeder einen Kaffee, und bevor wir den ersten Schluck nehmen, springt Kira auch schon auf, weil ihr jemand zu nahe gekommen ist. Ein Glück, dass ich die Leine so kurz halte und zusätzlich mit einem Fuß gesichert habe. Bei dieser Attacke ist Kira gegen das Tischbein gestoßen und hat Jürgens Kaffeetasse fast vollständig geleert. „Das tut mir aber leid. Ich bestelle Dir sofort einen Neuen.“ — „Brauchst Du nicht.“ — Wir wollen was zusammen essen und Jürgen spricht englisch und kann auch etwas spanisch. Er fragt die Kellnerin nach der Speisekarte. Sie schickt uns hinter das Gebäude, dort ist eine Terrasse, da gibt’s was zu essen. Ich frage: „Perro?“ — „Kein Problem.“
    Wir gehen ums Haus und finden eine überdachte, große Terrasse. Hier sitzen Einheimische, Pilger, alle sind bereits am essen. Es sind

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