rank und schlank und rattenscharf
bellend zurück. Ich beeile mich, zeige auf das was ich brauche und wähle für Kira Leberpastete. Die bekommt sie nachher aufs Baguette geschmiert. Er zeigt mit dem Messer auf die Pastete und deutet an, wie groß das Stück denn werden soll. „Etwas weniger bitte.“ — In diesem Moment muss ich raus, denn Kira steht schon fast vor der Ladentür. Ein Mann war ihr deutlich zu nah gekommen und sie ist losgesprintet. Dabei hat sie das Fallrohr von der Wand abgerissen, das nun schräg über der Straße hängt. — Das fehlt mir jetzt auch noch. Erst Körperverletzung, jetzt Sachbeschädigung! Ich stecke das Rohr wieder zurück in den Ablauf und gehe zurück in den Laden. Das Stück Pastete ist nun um einiges größer ausgefallen, als er es mir vorhin gezeigt hat. Was soll’s. In den letzten Tagen habe ich kaum Geld ausgegeben, deshalb darf es nun auch ein bisschen mehr sein. Wir setzen uns nach wenigen Metern auf eine Bank und sind für uns allein. Hier bekommt Kira die wohl teuerste Pastete, die je ein Pilgerhund gegessen hat. Ich schreibe eine SMS an Willi:
Hallo Willi, was meinst Du, wie teuer sind 100 Kilometer mit einem Taxi in Spanien? Kann ich einen Festpreis vereinbaren?
Willi antwortet: Festpreis ja, maximal 100,00 €, geht es Dir gut?
Er schreibt mir noch, wo er zurzeit ist. Da ich nur eine Landkarte von Spanien habe, auf der keine kleinen Orte eingezeichnet sind, hilft mir das nicht weiter. — Wir sind satt, gehen weiter und kommen nach einer Stunde an eine Tennisanlage. Hier stehen Tische und Bänke. Ich setze mich kurz, nicht weil ich Hunger habe, aber bevor ich die restlichen Lebensmittel schleppe, esse ich sie lieber auf. Es gibt Ölsardinen, den Rest Käse, Tomaten. Brot habe ich keins mehr, es ist vorhin alles für die Leberpastete drauf gegangen. Meine Schuhe, Strümpfe und das nasse Hemd ziehe ich aus und hänge sie an einen Strauch. Aber diese Pause ist zu kurz, ich bekomme meine Sachen nicht trocken. Ich hole mir trockene Sachen aus meinem Rucksack und mache das nasse Hemd mit Wäscheklammern fest.
Wenn dieser kleine Zeh endlich aufhören würde zu schmerzen, dann könnte es eine schöne Pilgerreise werden. In der letzten Nacht bin ich seinetwegen schon barfuss zur Toilette gegangen. Ich fotografiere mal den kleinen Zeh, das Foto kann ich der Angestellten in der nächsten Apotheke auf dem Fotoapparat zeigen. Vielleicht bekomme ich dann das richtige Blasenpflaster. Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe den Eindruck, dass ich Hühneraugenpflaster auf meine Blasen geklebt habe.
Es geht wieder bergauf und wir sind wie immer ganz allein unterwegs. Hier ist niemand. Woanders werden viele Pilger gemeinsam unterwegs sein. Wir verlassen den Feldweg und legen uns abseits, dicht neben einem Kornfeld, ins hohe Gras. Ohne dass ich Kiras Leine festhalte, schlafe ich seelenruhig ein und werde erst nach einer guten Stunde wieder wach. Kira liegt immer noch neben mir im hohen Gras, mit vielen wunderschönen Blumen um sie herum, und schläft fest. Ich bin mir sicher, sie würde niemals abhauen. Wohin auch? — Ich schreibe kurz in meinem Tagebuch und sehe, dass ich eine SMS habe und denke, sie sei von Willi. Aber sie ist von seiner Freundin:
Ich wünsche Euch beiden einen guten Weg.
Erst muss ich einen Moment überlegen, von wem diese Nachricht ist. Ich habe einen momentanen Blackout, das liegt wohl an der Sonne. Anderthalb Stunden ohne Socken, Schuhe und Schmerzen. Ich antworte ihr nicht. Sie wird nicht wissen, dass wir seit Tagen getrennt laufen. Da ich täglich mit Anne telefoniere, bitte ich sie, ihr es zu sagen. Anne soll auch ein älteres Ehepaar anrufen. Es sind liebe, nette Kunden: „Sage ihnen, dass es dem Hund gut geht, Herrchen eher weniger.“ — Sie hatten mich vor Antritt meiner Reise gebeten, Kira bei Anne zu Hause zu lassen: „Hunde haben in Spanien nicht den Stellenwert wie bei uns, es wird schwierig für Sie mit Ihrem Hund, denn Sie können nicht in Herbergen, Pensionen oder Hotels übernachten“ lauteten ihre Bedenken. — „Ich pilgere nur mit meinem Hund und werde auf die Gesundheit meines Hundes achten“, hatte ich geantwortet, „sie geht auf jeden Fall mit.“ — Nun sollen sie auch wissen, dass bis jetzt alles in Ordnung ist. Abgesehen von höherer Gewalt, Unwetter, Gewitter, waren die Märsche immer in erträglichen Längen. Da hatte ich mehr Schwierigkeiten als Kira.
Heute ist Samstag. Heute Nachmittag wird unser Männerkreis Voerde einen
Weitere Kostenlose Bücher