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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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Kira jetzt los. Sie schüttelt sich noch einmal kräftig ihr nasses Fell aus, bevor sie im Zelt verschwindet. Dann schaut sie mich mit traurigen Augen an und ich möchte nicht wissen, was sie gerade denkt. Meine nassen Sachen ziehe ich aus, bis auf die Unterhose ist alles nass. Ich hänge mein Hemd, Hose, Socken über den Draht und krame in meinem Rucksack. Dieser kann den Regen nun auch nicht mehr ab. Ich wühle in meinem Stoffbeutel nach trockener Unterwäsche und einem T-Shirt, aber auch die Ersatzkleidung ist mittlerweile feucht geworden. Eine bessere Wäscheleine als die gespannten Drahtseile gibt es nicht und nasser kann die Wäsche nun auch nicht mehr werden.
     

     
    Von allen guten Geistern verlassen krieche ich mit klammen Sachen in meinen Schlafsack. Ich glaube, Kira schläft schon, sie atmet schwer und stöhnt unüberhörbar. Als ich liege, bin ich nur noch kalt. Es regnet die ganze Nacht und jedes Mal, wenn ich wach werde, höre ich den Regen aufs Zelt prasseln.
     
    Am nächsten Morgen werde ich früh wach und entschließe mich, gleich zu packen und loszulaufen. Auf dem Weg höre ich schon die ersten Pilger, das macht mich schon wieder richtig kribbelig und ich spüre eine innere Unruhe, die mich zwingt, aufzustehen um mitzulaufen. Ich richte mich am Zelteingang auf und stehe auf der DIN A4-Blatt großen Fläche der Zeltplane, um mir meine noch nasse Hose anzuziehen. Heute Morgen bin ich noch etwas wackelig auf den Beinen nach dem vielen Wein von gestern Abend. Jedes mal, wenn ich versuche die Balance zu halten, um mit dem ersten Bein ins Hosenbein zu kommen, wackle ich wie eine Fahne im Wind und muss den Fuß mehrfach wieder absetzen. Ich möchte nicht mit meinen trockenen Socken in den Matsch treten, das fehlte mir jetzt auch noch.
    In diesem Moment läuft Jürgen unten am Weg vorbei. Er sieht mich zwischen den Rebreihen schwankend stehen. „Du brauchst auf mich nicht zu warten, es dauert noch eine Ewigkeit, bis ich loslaufen kann. Lauf weiter, wir sehen uns.“ — „Machs gut.“ — Ich packe meine Sachen und stakse in dem lehmig-weichen Boden herum. Gut, dass ich meine Sachen vorübergehend über die Drahtseile der Weinranken hängen kann, sonst wüsste ich nicht, wie ich das hier bewältigen sollte. Alles, was ich eingepackt habe, trage ich bis unten zum Weg. Aber hier gibt es auch keinen gescheiten Platz um etwas zwischenzulagern. Als alles unten bereit liegt, hole ich Kira. Sie nimmt teilnahmslos alles hin und schaut mich mit ihren dunklen, traurigen Augen an. Was soll ich dagegen machen? — Im Moment sind keine Pilger unterwegs; die meisten sind trotz des schlechten Wetters schon früh aufgebrochen und seit mindestens einer Stunde unterwegs. Es läuft sich schlecht auf diesem lehmigen Weg. An meinen Schuhen bleibt der Lehm kleben, sie werden immer größer und schwerer. Immer wieder springen winzige Frösche vor meinen Füßen auf. Ich muss aufpassen, dass ich nicht auf diese Winzlinge drauftrete. Kira sieht sie auch, aber sie sind für sie nicht von Interesse.
    Wenn ich nicht die Fußspuren vor mir sehen würde, würde ich glauben, ich wäre allein unterwegs. Nach einigen Kilometern komme ich an eine Straße, aber der offizielle Jakobsweg geht wenige Meter vorher rechts ab. Ich verlasse den Weg hier, um auf der Straße weiterzulaufen. Genau an dieser Stelle steht eine Bushaltestelle. Es ist ein unfreundlicher Sonntagmorgen und ich setze mich, hole mein Handy heraus und rufe Anne an. Sie sitzt mit Luisa, unserem Enkelkind, beim Frühstück und ich erzähle ihr von der letzten durchregneten Nacht. Das kann ich ihr am Telefon in fünf Minuten gar nicht beschreiben, was ich hier erlebe. Was würde ich dafür geben, wenn ich in diesem Moment bei ihnen mit am Tisch sitzen könnte! Nach meiner kurzen Schilderung sagt sie „Machs gut“ und legt auf.
     
    Der ausgeschilderte Jakobsweg ist heute unbegehbar geworden. Meine Füße schmerzen von den nicht heilenden Blasen und jetzt muss ich auch noch in nassen Schuhen laufen. Da kommen drei Männer angelaufen. Sind es die drei Weisen aus dem Morgenland? — Zwei jüngere Burschen und einer in ungefähr meinem Alter, auch sie haben sich dazu entschlossen, die Straße Richtung Viana zu nehmen. Diese Bushaltestelle ist von mir und Kira besetzt! Sie treten sich den Lehm von ihren Schuhen auf dem Asphalt ab, grüßen kurz von weitem und gehen ohne Pause weiter.
     
    Eine SMS von Willi: Hallo Burghard, ich habe bisher viele außergewöhnliche Menschen

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