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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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es sich nicht verkneifen, sich kurz mit Kira anzulegen. Ein kurzes, wildes Gerangel, dann ist alles genau so schnell vorbei, wie es begonnen hat. Ich verlasse diesen energiegeladenen Ort, um mich nach wenigen hundert Metern nochmals auf eine Bank zu setzen. Alle Pilger laufen an uns vorbei, auch das junge Mädchen aus dem Laden mit ihrem Freund. Eine Frau mit auffällig vielen Ohrringen kommt vorbei. Sie fällt mir allein durch ihren Ohrschmuck auf und hebt sich dadurch von allen Pilgern ab. Obwohl ich mich schon nach wenigen Minuten aufmache und ihr hinterherlaufe, schaffe ich es nicht, sie in den nächsten zwei Stunden einzuholen. Der Abstand zwischen uns bleibt immer konstant, ich folge ihr auf Schritt und Tritt. Auch wenn ich für einen Moment mal das Tempo forciere, ist keine Annäherung erkennbar. Erst kurz vor El Burgo Ranero, als sie am Wegesrand steht und sich mit einem anderen Pilger unterhält, kann ich sie endlich überholen. — Unglaublich, ich habe immer wieder versucht sie einzuholen, aber dafür zwei Stunden gebraucht.
     
    In der Dorfmitte sind viele Menschen unterwegs, es ist Samstag und ein schöner, warmer Sommertag. Ich will mir eine Cola am Automaten ziehen, doch der ist kaputt. Eine Frau meint, ich soll in die gegenüberliegende Bar gehen. Also binde ich Kira abseits an einen Zaun, laufe schnell über die Straße zur Bar und hole mir eine eiskalte Cola mit Eis, die ich ex trinke. Wir laufen sofort weiter, hier sind mir zu viele Kinder. Ich spüre förmlich Kiras Unruhe.
    Wir sind am Ortsausgang, vier ältere Anwohner sitzen vor einem Haus auf der Bank. Im Vorbeilaufen sage ich „ Ola“, so wie es in Spanien üblich ist. Sie grüßen mich ebenfalls mit einem freundlichen „Ola“ und lächeln mir zu. Ich spüre ihre Neugier an meiner Person: Endlich mal etwas anderes, ein Pilger mit Hund.
    Auf den Dächern der umliegenden Ställe stehen viele Störche. Ich lege mich in Sichtweite der alten Leute, die mich die ganze Zeit beobachten, an den Dorfweiher. Während ich meine Isomatte ausrolle, schaue ich zu ihnen herüber. Dann gute Nacht, ich halte jetzt meinen wohlverdienten Mittagschlaf. Ich lege mich in das hohe Gras und schlafe tief und fest, fast zwei Stunden.
    Als ich wach werde, sitzen die älteren Herrschaften noch auf der Bank und beobachten mich anscheinend immer noch. Ich habe nichts mehr zu essen und zu trinken. Besser ist es, wenn ich noch mal in den Ort laufe und etwas zu essen kaufe. Ich gehe wieder zurück und grüße die alten Leute im Vorbeigehen abermals mit einem lauten „Ola“. Sie antworten ebenfalls im Chor mit einem genauso lauten „ Ola“. — Ich lache mich kaputt, das macht mir richtig Spaß. Wie oft sollen wir das noch machen?
    In einem kleinen Lebensmittelladen kaufe ich ein. Kira habe ich mit ihrer Leine ganz stramm an die Straßenlaterne gebunden, so eng, dass sie den Kopf nur noch seitlich bewegen kann. Ich hoffe, dass kein Kind an sie heran geht. Minuten später stehe ich wieder auf der Straße, alles ist gut gegangen. Von weitem werde ich beim Verlassen des Ladens sofort von den Alten ins Visier genommen. Ich habe wohl ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit gewonnen, sie lassen mich keinen Moment mehr aus den Augen. Das Spiel beginnt aufs Neue und ich kann mit ihnen machen was ich will. — Hoffentlich haben die genau so einen Spaß daran wie ich? — Ich glaube schon. Die warten schon förmlich darauf, dass ich wieder an ihnen vorüberziehe und mich mit „Ola“ von ihnen verabschiede. Ich zelebriere diesmal meinen Vorbeimarsch ganz bewusst und genieße es ein letztes Mal. Noch einmal grüße ich sie mit einem lauten „Ola“. Ebenso erhallt es auch ihrerseits: „Ola.“ — Das könnte ich noch stundenlang mit denen machen, oder sie mit mir. Soviel Spaß, wie mit denen, hatte ich noch kein einziges Mal auf diesem Weg.
     
    Ich habe heute keine Lust mehr, weit zu laufen, vielleicht noch eine Stunde. Doch schon nach wenigen hundert Metern erstreckt sich eine wunderschöne, lang gezogene Wiese. Sie ist wie gemalt. Es ist noch keine 19.00 Uhr, noch nicht meine Zeit. Aber so einen schönen Schlafplatz werde ich heute nicht mehr finden. Da werde ich jetzt mal nachgeben und diese schöne Wiese nicht ungeachtet lassen.
    Ich laufe sehr weit weg vom Weg in die Wiese hinein. So weit, dass ich vom Pilgerweg aus nicht mehr zu sehen bin. In Ruhe baue ich mein Zelt auf und ordne meine Sachen im Rucksack. Heute war ein wunderbarer Tag. Wir essen noch gemeinsam, was ich

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