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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Doch die Doppelverglasung war von so schlechter Qualität, dass die Feuchtigkeit zwischen die Scheiben eindringen konnte und das Fenster blind machte.
    »War sowieso keine dolle Aussicht«, meinte Mrs. Soutar. Er drehte sich um und lächelte sie an. Er zweifelte nicht daran, dass sie jeden Schwindel, jede Lüge durchschaut hätte. Sie war eine kleine, starke Frau, grobknochig und mit einem wie aus Stein gemeißelten Unterkiefer, aber angenehmen Gesichtszügen. Wenn sie nur selten lächelte, dann deswegen, um sich zu schützen. Sie konnte es sich nicht leisten, schwach zu wirken. Im Gar-B wurden die Schwachen nicht alt. Rebus fragte sich, wie stark ihr Einfluss auf ihren heranwachsenden Sohn gewesen sein mochte. Ziemlich stark vermutlich. Aber andererseits durfte man den väterlichen Einfluss auch nicht unterschätzen.
    Während sie redete, hielt sie die Arme verschränkt, au- ßer für einen kurzen Augenblick, als sie Dods Füße vom Ende des Sofas fegte, um sich auf die Armlehne zu setzen.
    »Was hat er also diesmal angestellt?«
    Dod legte seinen Comic beiseite, fischte sich eine Zigarette aus seinem Päckchen und zündete sie sich an, während er das Päckchen an seine Frau weitergab.
    »Zunächst einmal einen tätlichen Angriff auf einen Polizeibeamten«, antwortete Rebus. »Das ist eine ziemlich schwere Straftat, Mrs. Soutar. Könnte ihm einen längeren Urlaub einbringen.«
    »Sie meinen, im Knast?«, fragte Dod.
    »Genau.«
    Dod stand auf und krümmte sich plötzlich, von einem schleimrasselnden Hustenanfall gepackt. Er ging in die vom Wohnzimmer durch eine Frühstückstheke abgetrennte kleine Küche und spuckte in die Spüle.
    »Spül nach!«, befahl Mrs. Soutar. Rebus betrachtete sie. Sie sah traurig, aber robust aus. Sie brauchte nur einen Moment, um den Gedanken an eine Gefängnisstrafe mit einem Achselzucken abzutun. »Im Knast wäre er besser aufgehoben.«
    »Wieso?«
    »Das hier ist das Gar-B, falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten. Es tut den Leuten nicht gut, besonders jungen Leuten nicht. Wär für Davey besser, wenn er hier wegkäme.«
    »Was hat’s ihm denn angetan, Mrs. Soutar?«
    Sie starrte ihn an und dachte wohl darüber nach, wie lang ihre Antwort ausfallen sollte. »Nichts«, sagte sie dann. Ormiston stand vor der Regalwand und musterte einen Stapel Musikkassetten, der neben der billigen Hi-Fi-Anlage stand. »Legen Sie was auf, wenn Sie möchten«, sagte sie zu ihm. »Vielleicht heitert uns das ein bisschen auf.«
    »Okay«, erwiderte Ormiston und öffnete eine Kassettenhülle.
    »Sollte nur ein Witz sein.«
    Aber Ormiston lächelte bloß, legte die Kassette ein und drückte auf Wiedergabe. Rebus fragte sich, was er wohl damit bezweckte. Dann fing die Musik an, erst ein Akkordeon, gefolgt von Flöten und Trommeln, und dann eine tremolierende Stimme, die fehlendes Können durch Vibrato kompensierte.
    Es war das protestantische Kampflied »The Sash«. Ormiston reichte Rebus die Kassettenhülle. Das Cover war eine billige Xerokopie einer Zeichnung, die die Rote Hand von Ulster zeigte, auf der in schwarzer Tinte der Name der Gruppe gekritzelt stand. Sie nannte sich die »Proud Red Hand Marching Band«, obwohl es schwer fiel, sich jemanden vorzustellen, der zu den Klängen eines Akkordeons marschierte.
    Dod, der inzwischen von der Spüle zurückgekehrt war, begann mitzupfeifen und in die Hände zu klatschen. »Ein tolles Lied, was?«
    »Wozu haben Sie das aufgelegt?«, fragte Mrs. Soutar Ormiston. Er zuckte wortlos die Achseln.
    »Ja, ein echt tolles Lied.« Dod ließ sich aufs Sofa plumpsen. Die Frau funkelte ihn an.
    »Vernagelter Blödsinn ist das. Ich hab nichts gegen die Katholiken.«
    »Na, ich doch auch nicht«, konterte Dod. Er zwinkerte Ormiston zu. »Aber es ist schließlich keine Schande, stolz auf seine Wurzeln zu sein!«
    »Was ist mit Davey, Mr. Soutar? Hat er irgendwas gegen Katholiken?«
    »Nein.«
    »Nein? Er scheint mit protestantischen Gangs herumzuziehen.«
    »Wir sind hier im Gar-B«, erinnerte ihn Mr. Soutar. »Irgendwo muss man dazugehören.«
    Rebus wusste, wovon der Mann redete. Dod Soutar setzte sich auf dem Sofa aufrecht hin.
    »Das ist ja historisch, nich? Die Protestanten sind in Ulster seit Hunderten von Jahren an der Macht. Das wird doch wohl keiner freiwillig aufgeben, oder? Auch nicht, wenn das Pack aus dem Hinterhalt ballert und Bomben schmeißt und so.« Er merkte erst jetzt, dass Ormiston die Musik abgestellt hatte. »Und, hab ich nicht Recht? Das ist ein

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