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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Antwort. »Nicht hundertprozentig.«
    »Wie viel dann?«
    »Neunzig, fünfundneunzig.«
    Lauderdale dachte nach. »Soll ich also was sagen?«
    »Das ist Ihre Entscheidung, Sir. Die Spurensicherung ist unterwegs zur Wohnung, um Fingerabdrücke abzunehmen. Wir werden schon sehr bald Gewissheit haben.«
    Eines der Probleme mit dem Opfer war, dass der letzte, tödliche Schuss, bei dem die Kugel im Genick eingedrungen und durch den Unterkiefer wieder ausgetreten war, ihm das halbe Gesicht weggerissen hatte. Wie Dr. Curt erklärte, konnte man wohl eine Identifizierung vornehmen, indem man die untere Hälfte des Gesichts abdeckte und einem Freund oder Angehörigen nur die obere Hälfte zeigte. Aber würde das genügen? Vor dem möglichen Durchbruch waren sie gezwungen gewesen, eine zahntechnische Untersuchung in Betracht zu ziehen. Die Zähne des Opfers waren das übliche Resultat einer schottischen Kindheit; von Süßigkeiten zerfressen und von zahnärztlicher Kunst zusammengeflickt. Aber wie der Pathologe gesagt hatte, war die Mundhöhle schwer beschädigt, und was an zahnärztlicher Arbeit überhaupt noch übrig war, bot keinerlei Besonderheiten oder sonstige Anhaltspunkte, anhand deren ein Zahnarzt seine eigene Handschrift mit Sicherheit hätte erkennen können.
    Rebus veranlasste, dass das Partyfoto vervielfältigt und mit den relevanten Informationen nach Glasgow geschickt wurde. Dann ging er zu Lauderdales Pressekonferenz.
    Chief Inspector Lauderdale liebte seine Duelle mit den Medien. Heute aber war er nervöser als sonst. Vielleicht lag es daran, dass er ein größeres Publikum hatte, als er es gewöhnt war, denn Chief Superintendent Watson und D.C.I. Kilpatrick waren unerwartet hereingeschneit, um sich die Sache ebenfalls anzuhören. Beide wiesen eine Gesichtsfarbe auf, die auf reichlichen Whiskygenuss schließen ließ. Während die Presseleute im vorderen Teil des Zimmers saßen, blieben die Polizeibeamten hinten stehen. Kilpatrick entdeckte Rebus und stellte sich neben ihn.
    »Sie haben eine positive Identifizierung?«, flüsterte er. »Vielleicht.«
    »Sind es also nun Drogen oder die IRA?« In seinem Gesicht lag ein ironisches Lächeln. Er erwartete eigentlich keine Antwort, es war der Whisky, der in ihm fragte. Aber Rebus hatte trotzdem eine Antwort für ihn parat.
    »Wenn’s überhaupt jemand ist«, sagte er, »dann nicht die IRA, sondern die andere Bagage.« Es gab so viele verschiedene Namen für sie, dass er sie nicht einmal aufzuzählen versuchte: UDA, UVF, UFF, UR … Wobei das U jedes Mal für Ulster stand. Es waren verbotene Organisationen – alle militant protestantisch. Kilpatrick wippte leicht auf den Absätzen. Sein Gesicht mit den geplatzten Äderchen war voller Fragen. Das Gesicht eines Trinkers. Rebus hatte schon mehr als genug davon gesehen – darunter auch sein eigenes, in manchen Nächten, im Badezimmerspiegel.
    Aber so betrunken war Kilpatrick nicht. Er wusste, dass es ihm nicht zustand, irgendwelche Fragen zu stellen, also ging er stattdessen wieder zum Farmer und wechselte mit ihm ein paar Worte. Farmer Watson sah kurz zu Rebus hinüber und nickte Kilpatrick zu. Dann richteten die beiden ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Pressekonferenz.
    Rebus kannte die Reporter. Sie waren größtenteils alte Hasen und wussten, was sie von Chief Inspector Lauderdale erwarten konnten. Man mochte wie ein Bluthund belfernd und heulend in eine Lauderdale-Konferenz kommen, aber man verließ sie unweigerlich schlurfend wie ein schläfriger Welpe. Also hielten sie größtenteils den Mund und ließen ihn seine Sprüche klopfen.
    Mit Ausnahme von Mairie Henderson. Sie stand in vorderster Front und stellte all die Fragen, die sich die anderen schenkten; und zwar deshalb, weil sie die Antwort, die der Chief Inspector geben würde, bereits wussten.
    »Kein Kommentar«, erklärte er Mairie zum vielleicht zwanzigsten Mal. Sie gab es auf und ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen. Als jemand hinter ihr eine Frage stellte, drehte sie sich um und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Rebus deutete mit einer knappen Kinnbewegung einen Gruß an. Mairie funkelte ihn an und streckte ihm die Zunge heraus. Ein paar andere Journalisten sahen sich nach ihm um. Rebus erwiderte ihre neugierigen Blicke mit einem unverbindlichen Lächeln.
    Als die Pressekonferenz vorbei war, holte Mairie ihn auf dem Korridor ein. Sie hatte einen linierten Notizblock, ihren gewohnten blauen Filzstift und einen Minirecorder in der

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