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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Kleiderschrank zu quetschen, sondern blieb an der Tür stehen und reichte das Foto Siobhan Clarke, die es ihrerseits Rebus gab. Es zeigte einen jungen Mann, der krampfhaft in die Kamera lächelte. Hinter ihm konnte man eine hochgehaltene Bierdose erkennen, als ob jemand im Begriff sei, sie ihm über den Kopf zu gießen.
    »Das ist das beste Foto, das wir haben«, sagte Murdock entschuldigend.
    »Danke, Mr. Murdock.« Rebus war sich fast sicher. Fast. »Und Billy hatte eine Tätowierung?«
    »Auf dem Arm, ja. Sah aus wie eins dieser Dinger, die man sich selbst einpiekt, wenn man ein Blödmann ist.«
    Rebus nickte. In der Hoffnung auf schnelle Resultate hatten sie Details über die Tätowierung an die Presse gegeben.
    »Ich hab’s mir eigentlich nie aus der Nähe angesehen«, fuhr Murdock fort, »und Billy hat nie darüber geredet.«
    Millie hatte sich zu ihnen gesellt. Sie hatte den Schlafsack abgelegt und trug jetzt ein sittsam langes T-Shirt zu nackten Beinen. Sie legte Murdock einen Arm um die Taille. »Ich erinnere mich daran«, sagte sie. »›SaS‹. Großes S, kleines a, großes S.«
    »Hat er Ihnen je gesagt, wofür das stand?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Er ist es, stimmt’s? Der Tote, den Sie gefunden haben?«
    Rebus versuchte, etwas Unverbindliches zu sagen, aber seine Miene verriet ihn. Millie fing an zu heulen, und Murdock nahm sie in die Arme. Siobhan Clarke hatte ein paar Musikkassetten von der Kommode genommen und sah sie sich gerade an. Sie gab sie wortlos an Rebus weiter. Es waren Sammlungen von Orangisten-Liedern, Lieder über den Kampf in Ulster. Die Titel sagten alles: The Sash and other Glories, King Billy’s Marching Tunes, No Surrender . Er steckte eine der Kassetten ein.
    Sie sahen sich noch ein bisschen in Billy Cunninghams Zimmer um, fanden aber nicht viel mehr als einen Brief jüngeren Datums von seiner Mutter. Der Umschlag war ohne Absenderadresse, aber in Glasgow abgestempelt. Millie erinnerte sich, Billy habe mal was davon gesagt, er komme aus Hillhead. Na, mochte sich Glasgow darum kümmern. Sollte Glasgow irgendwelchen ahnungslosen Angehörigen die Hiobsbotschaft überbringen.
    In einer der Schubladen fand Siobhan Clarke ein FringeProgramm. Es enthielt den üblichen Eintopf aus Abigail’s Party, Das letzte Band, Revues mit Titeln wie Teenage Alsatian Orgy und Komikern auf der Flucht vor dem Londoner Stress.
    »Er hat eine Show angekreuzt«, sagte Clarke.
    Es war eine Country-and-Western-Nummer im Crazy Hose Saloon. Die Show war am Anfang des Festivals an drei aufeinander folgenden Abenden aufgeführt worden.
    »In seiner Sammlung gibt’s keine Country-Musik«, kommentierte Clarke.
    »Wenigstens hatte er Geschmack«, meinte Rebus.
    Auf der Rückfahrt zur Wache schob er die Orangisten-Kassette in das antiquierte Abspielgerät seines Autos.
    Das Band lief zu langsam ab, was den Fanatismus des Ganzen nur noch verstärkte. Rebus hatte solches Zeug schon gehört, aber es war eine Weile her. Lieder über König »Billy« von Oranien und die »Apprentice Boys«, die Schlacht am Boyne und den Triumph von 1690, Lieder, die die Vertreibung der Katholiken schilderten und erklärten, warum die Männer von Ulster bis zum letzten Atemzug kämpfen würden. Der Sänger hatte außer einem Kneipentremolo wenig zu bieten und wurde von Akkordeon, Snaredrum und gelegentlich einer Flöte begleitet. Nur eine Marschkapelle der Orangemen brachte es fertig, eine Flöte martialisch klingen zu lassen. Na gut, eine Orangemen-Kapelle oder Ian Anderson von Jethro Tull. Dabei fiel Rebus ein, dass er sich Tull seit Ewigkeiten nicht mehr angehört hatte. Alles wäre besser gewesen als diese Lieder voll … das Wort »Hass« drängte sich unmittelbar auf, aber er verwarf es. Die Texte enthielten keine Gehässigkeit, nur die strikte Weigerung, irgendwelche Kompromisse einzugehen, von seinem Standpunkt abzurücken, zu akzeptieren, dass sich die Dinge, jetzt wo aus den 1690er die 1990er Jahre geworden waren, in irgendeiner Weise ändern könnten. Wie beschränkt konnte man eigentlich sein?
    »Der Mist ist«, sagte Siobhan Clarke, »dass man, ohne es zu wollen, anfängt mitzusummen.«
    »Klar«, sagte Rebus, »nichts ist so eingängig wie Engstirnigkeit.«
    Und er pfiff während der ganzen Fahrt zurück ins Revier Jethro Tull.
    Lauderdale hatte eine Pressekonferenz einberufen und wollte wissen, was Rebus in Erfahrung gebracht hatte.
    »Ich bin mir nicht sicher«, lautete die

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