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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Rebus ziemlich abrupt das Thema.
    Holmes spießte ein Stück Tomate auf. »Was ist mit ihm?« »Was haben Sie herausgefunden?«
    »Nicht viel«, räumte Holmes ein. »Arbeitsloser Zusteller der Königlichen Post, der einzige richtige Job, den er je gehabt hat. Mami liebte ihn abgöttisch und steckte ihm dauernd Geld zu, damit er über die Runden kam. Leicht loyalistisch-extremistisch angehaucht, hatte aber soweit bekannt nie der Orange Lodge angehört. Sohn eines berüchtigten Gangsters, wusste aber nichts davon.« Holmes dachte einen Augenblick nach, kam zu dem Schluss, dass er nichts mehr zu sagen hatte, und machte sich über seine aufgeschnittene Bratwurst her.
    » Und «, sagte Clarke, »das anarchistische Material, das wir gefunden haben.«
    »Ach, das ist doch nichts«, meinte Holmes wegwerfend. »Was für anarchistisches Material?«, fragte Rebus.
    »Da waren ein paar Magazine in seinem Schrank«, erklärte Clarke. »Softporno, Fußballspielpläne, ein paar von diesen Survival-Zeitschriften, die Teenager gern zur Ergänzung ihrer Diät von Terminator-Filmen lesen.« Rebus hätte beinah was gesagt, überlegte es sich dann aber doch anders. »Und ein dünnes Broschürchen mit dem Titel …« Sie sah in ihren Notizen nach. » The Floating Anarchy Fact-
    file .«
    »Das war Jahre alt«, sagte Holmes. »Nicht relevant.« »Haben wir es hier?«
    »Ja, Sir«, antwortete Siobhan Clarke.
    »Es ist von den Orkneys«, sagte Holmes. »Ich glaube, der Preis steht noch in alter Währung drauf. Es gehört ins Museum, nicht in eine Polizeiwache.«
    »Brian«, bemerkte Rebus, »das ganze Fett, das Sie essen, schlägt Ihnen aufs Gehirn. Seit wann lassen wir in einem Mordfall was auch immer außer Acht?« Er zupfte ein dünnes Scheibchen durchwachsenen Speck von Holmes’ Teller und steckte es sich in den Mund. Es schmeckte köstlich.
    The Floating Anarchy Factfile bestand aus sechs gefalzten und mit einer einzigen Heftklammer zusammengehaltenen DIN-A4-Blättern. Es war auf einer alten Schreibmaschine mit ungleichmäßigem Anschlag getippt, mit handschriftlichen Titeln zu den dürftigen Artikeln und ohne irgendwelche Fotos oder Zeichnungen. Der Preis war nicht in alter Währung, sondern in new pence angegeben: fünf new pence , um genau zu sein, woraus Rebus schloss, dass es fünfzehn bis zwanzig Jahre alt sein musste. Ein Datum trug das Blättchen nicht, aber es bezeichnete sich als »Heft Nummer drei«. Holmes hatte schon bis zu einem gewissen Grad Recht: das Ding gehörte ins Museum. Die Beiträge waren in einem Stil abgefasst, der als »hippie-keltisch« bezeichnet werden konnte, und dieser Stil war so konsequent durchgehalten (wie übrigens auch die orthographischen Fehler), dass das Ganze wie das Werk eines Einzelnen aussah, der Zugang zu einem Kopiergerät gehabt hatte, einer alten Roneo etwa.
    Was den Inhalt betraf, so fanden sich in einem Absatz nationalistische und individualistische Aufschreie und im nächsten philosophische und moralische Langeweile. Der Anarchosyndikalismus fand ebenso Erwähnung wie Bakunin, Rimbaud und Tolstoi. Nach Rebus’ Einschätzung war das kein Material, das zahlungskräftige Inserenten mobilisiert hätte. Zum Beispiel: »Was Dalriada braucht, ist ein neues Engagement, ein neues System von Werten und Normen, das sich an der bereits existierenden und sich noch entwickelnden Jugendkultur orientiert. Was wir brauchen, ist individuelles Handeln ohne Rekurs oder apriorische Rücksicht auf die verstaubte Maschinerie von Gesetz, Kirche und Staat.
    Wir müssen frei sein, um eigene Entscheidungen bezüglich unserer Nation zu fällen, und dann bewusst handeln, um diese Entscheidungen in die Realität überführen zu können. Die Söhne und Töchter Albas sind die Zukunft, aber sie sind in den Irrtümern der Vergangenheit befangen und müssen diese Irrtümer in der Gegenwart korrigieren. Handelst du nicht, dann bedenke: Heute ist der erste Tag des Rests deines Strebens. Und bedenke ebenfalls: Tatenlosigkeit zersetzt.«
    Bloß, dass der Verfasser »Rehkurs« und »abriorisch« geschrieben hatte. Rebus legte das Heftchen beiseite.
    »Ein Psychiater hätte seine helle Freude daran«, murmelte er. Holmes und Clarke saßen auf der anderen Seite seines Schreibtisches. Ihm fiel auf, dass die Leute, während er in Fettes gewesen war, seinen Schreibtisch als Abladeplatz für Sandwichverpackungen und Styroporbecher benutzt hatten. Er ignorierte den Unrat und drehte das Heftchen um. Unten auf der letzten Seite

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