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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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weiß«, sagte sie, »bloß keine Diskussion mit einer Anwältin anfangen.«
    Rebus schaute aus dem rückwärtigen Fenster auf einen Trockenplatz. »Sandy buddelt gerade in Ihrem Blumenbeet.«
    »Was möchten Sie trinken?«
    »Tee, bitte.«
    »Sicher? Ich hab nur koffeinfreien.«
    »Wunderbar.« Er meinte es ernst. Während sie in der Küche rumorte, schlenderte er durch das Wohnzimmer. Hinten Esstisch, Stühle und Schrankwand, Sofa, Sessel, Bücherregale vorn. Es war ein hübsches Zimmer. Er blieb am kleinen Vorderfenster stehen und sah hinunter auf langsam vorüberschlendernde Touristen und einen Laden, der schottisch karierte Teddybären verkaufte.
    »Das ist ein nettes Viertel«, sagte er, ohne es so zu meinen.
    »Machen Sie Witze? Schon mal versucht, hier im Sommer einen Parkplatz zu finden?«
    »Im Sommer versuche ich nirgendwo, einen Parkplatz zu finden.«
    Er wandte sich vom Fenster ab. In einer Ecke stand ein Notenständer, auf dem eine Querflöte und Notenblätter lagen. Auf einer Kommode standen kleine gerahmte Fotos mit den üblichen zahnlückigen Kindern und gütig dreinblickenden älteren Herrschaften.
    »Familie«, sagte sie, als sie wieder ins Zimmer kam. Sie steckte sich eine Zigarette an, zog zweimal kräftig daran und drückte sie dann in einem Aschenbecher aus, während sie den Rauch in die Luft blies und mit der Hand fortwedelte. »Ich hasse es, im Haus zu rauchen«, sagte sie.
    »Warum tun Sie’s dann?«
    »Ich rauche, wenn ich nervös bin.« Sie lächelte verschmitzt und kehrte, von Rebus gefolgt, in die Küche zurück. Das Aroma der Zigarette mischte sich mit dem schwereren Duft ihres Parfüms. Hatte sie gerade etwas aufgetragen? Vorhin hatte es nicht so intensiv gerochen.
    Die Küche war klein und funktionell. Die ganze Wohnung machte den Eindruck, vor kurzem, wenn auch nicht zu gründlich, renoviert worden zu sein.
    »Milch?«
    »Bitte. Keinen Zucker.« Ihre Konversation pendelte sich offenbar auf Banalitäten ein.
    Der Wasserkocher schaltete sich aus. »Können Sie die reintragen?«
    Sie hatte schon je einen Spritzer Milch in die zwei schlichten gelben Becher getan. Als Rebus die Becher nehmen wollte, wurde ihm bewusst, dass es in der Küche ziemlich eng war. Er stand dicht neben ihr, während sie die Teebeutel in der Kanne hin und her schwenkte. Ihr Kopf war vornüber gebeugt, wodurch die langen schwarzen Haare, die sich von ihrem Nacken aufwärts lockten, und der Nacken selbst sichtbar wurden. Lächelnd drehte sie ihm halb das Gesicht zu und sah ihm in die Augen. Dann wandte sie ihm auch den Körper zu. Rebus küsste sie erst auf die Stirn, dann auf die Wange. Sie hatte die Augen geschlossen. Er vergrub das Gesicht in ihrer Halsbeuge und atmete tief ein: Shampoo, Parfüm und Haut. Er küsste sie noch einmal, dann tauchte er wieder auf, um Luft zu holen. Caroline öffnete langsam die Augen.
    »Jetzt aber«, sagte sie.
    Plötzlich hatte er das Gefühl, als habe man ihn in einen Schacht gestoßen und als schrumpfe der Lichtkreis über ihm rasch zu einem bloßen Punkt zusammen. Er versuchte verzweifelt, sich irgendetwas auszudenken, was er jetzt sagen könnte. Er hatte Parfüm in der Lunge.
    »Jetzt aber«, wiederholte sie. Was bedeutete das? War sie erfreut, schockiert, verärgert? Sie wandte sich wieder der Teekanne zu und setzte den Deckel auf.
    »Ich geh wohl besser«, sagte Rebus. Sie stand plötzlich ganz still. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen. »Meinen Sie nicht?«
    »Ich bin ungebunden, John.« Ihre Hände ruhten leicht auf der Arbeitsfläche, links und rechts neben der Teekanne. »Wie steht’s mit Ihnen?«
    Er wusste, was sie meinte; sie meinte Patience. »Es gibt jemand«, sagte er.
    »Ich weiß, Dr. Curt hat es mir gesagt.«
    »Es tut mir Leid, Caroline, ich hätt’s nicht tun dürfen.«
    »Was?« Sie drehte sich um.
    »Sie küssen.«
    »Mich hat’s nicht gestört.« Sie lächelte ihn wieder an. »Ich würde nie eine ganze Teekanne allein trinken.«
    Er nickte und merkte erst jetzt, dass er noch immer die Becher in den Händen hielt. »Ich trag die rüber.«
    Er ging mit weichen Knien und Herzflattern aus der Küche. Er hatte sie geküsst. Warum? Er hatte es gar nicht vorgehabt. Aber es war passiert. Jetzt war es Wirklichkeit. Als er die Becher auf einen kleinen Tisch stellte, auf dem schon einige Kaffeeringe prangten, lächelten ihn die Fotos an. Was machte sie so lange in der Küche? Er starrte zur Tür und wollte, dass sie kam, wollte, dass sie nicht kam.
    Sie kam. Die

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