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Raphael

Raphael

Titel: Raphael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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als würde sie beim nächsten Windstoß in sich zusammenfallen. Der Obdachlose hält eine leere Flasche in der Hand. Er ist betrunken und damit ein schlechtes Opfer für ein spätes Abendessen. An dem Mann sollte ich lieber keinen neuen Trinkversuch starten.
    Das war im Übrigen auch eines von den Themen, die wir bei Setjan heute Nachmittag besprochen haben, denn entgegen meiner anfänglichen Vermutung hat Raphael mir keine Prügel und auch kein Sonnenbad als Strafe für mein Benehmen verpasst, sondern ist mit mir durch den Untergrund der Stadt zu Setjan gegangen, der in seinem Haus mit frischem Blut auf uns wartete. Er ist weiterhin völlig ratlos, was mein Trinkproblem angeht.
    Wir haben uns unterhalten, Setjan und ich, und ich will nicht behaupten, dass ich vergeben und vergessen hätte, aber Setjan hat eine Art an sich, Dinge zu erklären, unter anderem die Notwendigkeit für Chris' Tod, dass ich im Laufe des Tages aufhörte, Raphael dafür den Hals umdrehen zu wollen. Ich schätze, deswegen hat er mich zu seinem Erschaffer gebracht.
    Später erfuhr ich dann noch, dass wir morgen Abend bei Benedict Kincade eingeladen sind, dem Führer aller Vampire in dieser Stadt, der von dem Gerücht gehört hat, Raphael hätte einen Sterblichen bei sich, und dieser Sache nun auf den Grund gehen will. Dahingehend hatte ich dann allerdings doch recht. Raphael hat Ärger wegen mir, denn Kincade gehört laut Setjan zu jener Sorte von Vampir, um die sogar er einen Bogen macht, und das will was heißen.
    Wenn man zum Führer der Stadt eingeladen wird, ist das in den wenigsten Fällen ein Höflichkeitsbesuch, und morgen wird es das mit Sicherheit nicht sein. Benedict Kincade will nicht nur der Frage wegen Chris nachgehen, sondern vor allem mich treffen, jenen Vampir, der nicht vernünftig trinken kann.
    Beide, Setjan und Raphael, haben mich gewarnt, bei Kincade allzu offen zu sein. Der Vampir wäre angeblich weitaus schlimmer, als Raphael es jemals sein könnte. Behauptet zumindest Setjan. Ich glaube das nicht, wenn ich bedenke, wie ich Raphael kennengelernt habe, aber schlimmer geht bekanntlich immer.
    Obwohl ... noch furchtbarer als in jener Nacht in der U-Bahn, kann es eigentlich gar nicht werden.
     
    „Glaubst du ernsthaft, dass die Titten echt waren?“
    Alles lacht, außer den zwei Frauen in unserer Runde, was mich nicht verwundert. Frauen sind in der Regel empfindlich, wenn Männer über ihre Oberweite und die Echtheit derselbigen lästern, und das tun wir, seit wir aus dem Kino gekommen und zusammen in dieselbe U-Bahn gestiegen sind. Gott, was war das für ein blöder Film, aber er hatte gute Sexszenen, und irgendwie war meine Reihe im Kinosaal ab der Hälfte des Films mehr mit Lachen und Lästern beschäftigt, als mit Zuschauen.
    Ich sollte viel öfter ins Kino gehen, wenn die Chance besteht, da erneut so eine verrückte Truppe zu treffen. Wir sind seit drei Stationen nur noch zu Acht in dem Waggon und müssen alle an der Endstation aussteigen.
    Damit bleiben noch über zwanzig Minuten, um uns weiterhin das Maul zu zerreißen, wie es immer so schön heißt. Herrlich. Endlich mal was Anderes, als die tägliche Langeweile meines Jobs.
    Als die U-Bahn an der nächsten Station hält, schaut niemand von uns auf, weil der junge Kunststudent mir gegenüber eben dabei ist, mit den Händen die in seinen Augen perfekte Form einer weiblicher Oberweite näher zu definieren. Die Frau möchte ich sehen, die mit diesen Dingern nicht vornüber kippt, aber lustig ist es allemal.
    „ Wow“, murmelt der Afrikaner rechts von mir auf einmal, was uns dann doch dazu bringt in Richtung Tür zu sehen.  
    Wir haben einen neuen Fahrgast bekommen … und was für einen. Das 'Wow' kann ich nur unterschreiben, als sich der Unbekannte im schwarzen Mantel in unsere Richtung dreht. Ich muss mich heftig zusammenreißen, um den Neuzugang nicht zu offensichtlich anzustarren. Meine sieben Mitfahrer sind da weniger zurückhaltend.
    Kein Wunder, denn der Kerl sieht verteufelt gut aus. Okay, es sollte mich doch eigentlich irritieren, dass ich einen anderen Mann gut aussehend finde, aber bei dem Typen kümmere ich mich nicht darum. Erstens, sieht er einfach klasse aus, da kann Mann sehr wohl neidisch werden, und zweitens weiß er das ganz genau, so wie er auf einmal mit geschlossenem Mund lächelt und danach jeden von uns nacheinander in Augenschein nimmt.
    Ich bekomme eine Gänsehaut, als sich seine grünen Augen auf mich richten und meinen Blick festhalten.

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