Raritaeten mit Biss
einige zu nennen. Die uramerikanische Sonnenblumenart kam um 1600 nach Europa, breitete sich rasch aus – von den französischen Fürstenhöfen über Baden nach Norddeutschland – und war bis Mitte des 18. Jahrhunderts ein sehr beliebtes Grundnahrungsmittel.
Benannt wurde die von den amerikanischen Ureinwohnern kultivierte Pflanze aus der Familie der Korbblütler nach dem südamerikanischen (brasilianischen) Indianerstamm der Tupinambas.
Mit dem Siegeszug der viel kalorienreicheren Kartoffel verlor Topinambur zunehmend an Bedeutung. Nur noch in Hungerzeiten stand sie auf dem Speisezettel. Seit einiger Zeit erlebt die Topinamburpflanze bei uns jedoch eine Art Renaissance. Vor allem die Naturmedizin hat die Knolle als Heilmittel gegen aktuelle Gesundheitsprobleme entdeckt: Übergewicht und Diabetes. Die Topinambur ist nämlich kalorienarm und hat einen sehr lang anhaltenden Sättigungseffekt. In Apotheken und Reformhäusern sind Topinamburtabletten gegen Heißhungerattacken erhältlich.
Die Knolle ist tatsächlich gesund, denn sie ist reich an Kalium, Phosphor, Kalzium, Magnesium und Eisen. Sie ist auch für Diabetiker ideal, da sie Inulin, ein Reservekohlenhydrat, enthält, das ohne Insulin verdaut werden kann.
Die bis zu drei Meter hohe Pflanze ist wegen der dekorativen Blätter und hübschen Blüten für jeden Garten eine Zierde. Topinambur ist allerdings auch sehr vermehrungsfreudig, doch durch eine Wurzelsperre lässt sich die Delikatesse im Zaum und vom Wuchern abhalten.
Die gelbe, braune oder violette Schale ist hauchdünn, deshalb muss sie nicht unbedingt geschält werden, es genügt, sie gut abzubürsten. Zubereitet wird die helle Knolle ganz nach Belieben: gebacken, gebraten, gedünstet, püriert, roh oder gekocht und mariniert als Salat. Roh hat sie einen artischockenähnlichen Geschmack, gekocht einen nussig süßlichen.
Alles, was man in der Küche mit einer Kartoffel anstellt, ist auch mit Topinambur möglich. Beide vertragen sich auch gut gemeinsam im Püree oder als Salat. Einfach mal ausprobieren! Bei Kontakt mit Sauerstoff verfärbt sich das weißliche Fleisch bräunlich, ein paar Spritzer Zitronensaft helfen, die Farbe zu behalten.
Die Topinamburknolle hat schöne Blüten fürs Auge und gesunde, leckere Früchte für den Magen – mehr kann man von einer Gemüsepflanze nicht erwarten.
Topinambur-Kartoffel-Salat
Zutaten
500 g Topinambur
4 große festkochende Kartoffeln
4 EL Rapsöl (kalt gepresst)
100 ml Gemüsebrühe
1 EL weißer Balsamico
1 EL Kokosmilch
Salz, Pfeffer
½ Bund Dill
Zubereitung
Topinambur und Kartoffeln in Salzwasser weich kochen. Dann schälen, in Scheiben schneiden und in eine Schüssel geben.
Noch warm anmachen: zuerst Öl und Essig zugeben, dann die leicht erwärmte Brühe, dann die Kokosmilch. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und vorsichtig verrühren. Zum Schluss den klein geschnittenen Dill darüberstreuen.
Tipp
Die leicht nussig schmeckenden Rapsöle aus heimischer Produktion haben in den letzten Jahren stark an Qualität gewonnen und sollten mehr Beachtung finden. Statt Dill kann man auch Fenchelkraut verwenden. Am liebsten esse ich den Salat mit gegrilltem Fisch, Kotelett oder Steak.
Wildkohl
Schweißtropfen des Zeus
»Ich bin eigentlich der Kohlkönig, mehr Kohl kann man sich nicht vorstellen«, meinte einmal Altkanzler Helmut Kohl. Nun, darüber lässt sich streiten. Nehmen wir zum Beispiel den Wildkohl (Brassica oleracea) aus der Familie der Kreuzblütler: Aus kleinem Kraut wurde großer Kohl. Der Urahn der heutzutage stattlichen Kohlfamilie ist ein eher schmächtiges Blattgewächs, aber nichtsdestotrotz nicht weniger schmackhaft. Schon die steinzeitlichen Wildbeuter schätzten das nahrhafte und gesunde Wildgemüse und seine ölhaltigen Samen. Die Pflanze kam praktisch von allein zu den ersten Bauern. Auf entblößtem, stickstoffhaltigem Boden fand der Wildkohl zunächst als Unkraut seine Nische. Die Griechen und Römer beschäftigten sich intensiv mit der Kultivierung des wilden Kohls. Die Griechen nannten ihn »krambe«, was so viel wie Meerkohl heißt. Denn Kohlpflanzen lieben das feuchte Seeklima. Im antiken Griechenland galt der Kohl als heilige Pflanze. Der Kohl sei, so der Mythos, aus den Schweißtropfen des Götterkönigs Zeus entsprungen, als dieser wegen eines widersprüchlichen Orakels ins Schwitzen kam. Deswegen konnte man beim Kohlkopf Eide schwören oder mit Kohl unreine Geister von Kindern und
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