Raritaeten mit Biss
treten ihn mit Füßen – zumindest wenn wir im nordfriesischen Watt wandern. Hart ist sein Leben, kaum einer beachtet ihn, und doch ist die Pflanze, von der hier die Rede sein soll, eine Delikatesse: der Gemeine Queller. Salicornia europaea ist eine typische Verlandungspflanze auf den Salzwiesen im Überschwemmungsgebiet von Ebbe und Flut. Stundenlang steht er unter Wasser, um dann wieder einige Zeit in der prallen Sonne im Trockenen zu verbringen. Mit diesen Fähigkeiten ist er ein weltweites »Erfolgsmodell«, Arten aus dieser Gattung sind an den Küsten und einigen Salzstellen im Binnenland rund um den Globus anzutreffen.
Während die Franzosen, Holländer und Israelis ihn kultivieren und verspeisen und mittlerweile auch nach Deutschland exportieren (erhältlich häufig in Fischabteilungen), kommt der Queller bei uns erst sehr langsam in Mode. Dabei ist er ein wunderbar knackig frisches Gemüse, am ehesten mit jungen Spinatblättern vergleichbar, nur etwas salziger. Die Statur der fleischigen, kleinwüchsigen Pflanze aus der Gattung der Gänsefußgewächse (Chenopodiacaea) erinnert an einen »Miniatur-Säulenkaktus«. Sie ist einjährig und sehr kurzlebig (von April bis Oktober). Nach dem Winterende im April keimen die Samen des Quellers. Zum Keimen benötigt die salztolerante Pflanze allerdings Frischwasser, weshalb das Wachstum meist nach starken Regenfällen einsetzt. Der Spross ist zunächst grünlich, verfärbt sich jedoch bei kontinuierlich ansteigendem Salzgehalt bis in den Herbst hinein rötlich und stirbt schließlich ab. Der Überlebenskünstler lebt sukkulent, das heißt, er speichert Wasser in seinem Inneren, um das Salz zu verdünnen. Daher quillt er im Laufe der Monate immer weiter an, was ihm seinen Namen einbrachte. Seinen Beinamen »Glasschmalz« verdankt er der Tatsache, dass die Asche von Quellerpflanzen früher auch bei der Glaserzeugung zur Herabsetzung des Schmelzpunktes diente.
Pfeifenten und Feinschmecker lieben gleichermaßen seinen kräftigen Geschmack nach Meer. Verwendet werden am besten nur die knackigen jungen Triebe (von April bis Juni), später verholzt er, und dann muss das Herzstück entfernt werden. Roh als einfacher Knabbersnack oder Salat, als Vorspeise kurz blanchiert mit Krabben oder Lachsfiletstreifen oder gedünstet (mit Knoblauch und Schalotte) als Gemüse zum Salzwiesenlamm – den Genuss des Wattenmeers sollten Sie sich nicht entgehen lassen! Blanchierte Queller können auch gut eingelegt werden. In Frankreich eine Delikatesse: Queller in mildem Essig, dem man Thymian, Pfefferkörner, Lorbeer und Nelken beifügt. Nebenbei gönnen Sie Ihrer Gesundheit etwas Gutes: Der Queller enthält sehr viel Jod und beugt damit Schilddrüsenerkrankungen vor.
Quellergemüse
Zutaten
300 g Queller
8 Cocktailtomaten
2 Schalotten
2 Knoblauchzehen
Olivenöl
Salz, Pfeffer
Zubereitung
Queller in kochendem Salzwasser 1 Minute blanchieren und zügig kalt abschrecken.
Mit den halbierten Cocktailtomaten, den gepellten, klein geschnittenen Schalotten und dem Knoblauch in einer Pfanne mit Olivenöl 3 bis 4 Minuten dünsten, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Tipp
Lammbraten und Schalentiere sind die idealen Begleiter für das Quellergemüse.
Radicchio
Feinschmeckersalat für Liebende
»Salat soll die Zunge kitzeln, ohne zu brennen, den Gaumen erfrischen, ohne zu kratzen, den Magen anregen, ohne zu überreizen.« Dieser Spruch stammt aus einem uralten Lexikon und zeigt, dass Salate schon sehr lange einen festen Bestandteil unserer Nahrung ausmachen. Doch Salat ist nicht gleich Salat. Der Radicchio (sprich »Radickio«, nicht »Raditschio«!) – auch Rote Endivie genannt – wurde lange vorwiegend in Italien, genauer gesagt in Venetien, angebaut. Doch zunehmend findet der Korbblütler Cichorium intybus (der übrigens eine Form der Zichorie ist) auch bei uns seine Heimat – und das sowohl als Sommer- als auch als Winterradicchio. Der Feinschmeckersalat ist knackig fest, mit angenehm bitterem, kräftigem und nussigem Geschmack. Die herbe Note erhält er durch den Bitterstoff Intybin (wirkt stoffwechselanregend und appetitfördernd), der sich jedoch infolge des Frostes abbaut, weshalb die Wintersorten etwas milder schmecken. Je nach Sorte bildet er kleine Köpfe oder offene Blattrosetten. Bei uns sehr beliebt ist die rundköpfige, weiß-rote »Rose von Chiaggio«. Die ausgesprochene Bitterkeit hat man ihr weggezüchtet. In Italien dagegen ist der
Weitere Kostenlose Bücher