Rasant und Unwiderstehlich
die Taschen ihrer ausgewaschenen Diesel-Jeans. »Wer ist das?«
»Das ist Chloe, eine der Anwärterinnen.«
»Freut mich, Chloe.« Kara hockte sich in den Schneidersitz und deutete auf das Bett. Chloe musste nicht zweimal aufgefordert werden und setzte sich sofort auf die Matratze, die Füße ließ sie über die Bettkante baumeln.
»Und, wie gefällt dir Waverly?« Kara holte eine gelbe Plastikhaarspange aus ihrer Nachttischschublade, strich sich eine Strähne ihrer honigfarbenen Haare aus dem Gesicht und steckte sie fest. Brett fand es immer beeindruckend, wenn Mädchen ihre Frisur richten konnten, ohne in den Spiegel zu sehen
»Ich find’s ziemlich cool.« Chloe griff nach dem X-Men- Comic und blätterte ihn durch. Gestern hatte Kara behauptet, dass Magneto süßer sei als Wolverine. Brett musste lächeln, als sie sich daran erinnerte, wie hartnäckig Kara darauf bestanden hatte. »Die Leute hier sind ziemlich … cool.«
»Dann hast du eindeutig noch nicht alle kennengelernt«, erwiderte Kara trocken, und Brett lachte.
»Obwohl es mir echt so vorkommt«, sagte Chloe, und ihre Stimme klang ein wenig verbittert. Sie legte das Comicheft beiseite und schob ihre rechteckige Brille hoch.
»Wie meinst du das?«, fragte Brett. Sie starrte auf ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Foto des jungen, wuschelhaarigen Bob Dylan, der ein Schild in der Hand hatte, auf dem LOOK OUT stand.
»Na ja, ich bin auf dem Campus und werde von einer Person zur nächsten weitergereicht.« Chloe verschränkte die Arme. »Keiner hat Lust auf mich.«
»Das ist heftig«, sagte Kara und übersprang auf dem iPod einen Song von Iron & Wine, bei dem Brett an Jeremiah und die Nacht denken musste, in der sie fast miteinander geschlafen hätten. War es das, was vor ihr lag? Ein Leben, in dem sie bestimmte Songs und Bands mied, die sie an ihre alten Fehler erinnerten? Bei Billie Holiday dachte sie an Eric Dalton, bei Iron & Wine an Jeremiah, und wenn die Sache mit Kara schiefging, würde sie nie wieder Bob Dylan hören können. Mit zwanzig wäre sie ein übergroßer, vollgestopfter Sack voller Musikabfälle!
»Freitagabend hab ich wohl’ne große Party verpasst, was?«, platzte Chloe heraus. »Wart ihr da, als die Scheune Feuer gefangen hat?«
»Wir waren alle da.« Kara schnappte das Comicheft und blätterte es so unbekümmert durch, als ob in Waverly alle Tage ein Brand passierte.
»Wart ihr in der Scheune? Habt ihr um euer Leben rennen müssen?« Chloe riss aufgeregt die Augen auf und wippte auf dem Bett.
Brett lachte und lehnte sich in den mit Bohnen gefüllten Sitzsack zurück. Sie fühlte sich mit jeder Minute entspannter. Sie hatte am Samstag überreagiert und war froh, dass sie Kara ihre Befürchtungen nicht mitgeteilt hatte. Jetzt wo alle von dem Feuer wie besessen waren, scherte sich doch niemand mehr um so eine Lappalie wie zwei Mädchen, die sich küssten, oder? »Wenn wir drin gewesen wären, wären wir jetzt tot – logo?«
»Ich hab aber gehört, dass ein paar Leute drin waren«, stellte Chloe sachlich fest und lehnte sich an die Wand hinter Karas Bett.
»Wer denn zum Beispiel?« Brett rutschte in dem Sitzsack umher. Ihr war noch nie aufgefallen, wie unbequem das Ding eigentlich war, als säße man auf einer Tüte tiefgefrorener Erbsen.
Die Anwärterin ließ ein gewinnendes Mona-Lisa-Lächeln sehen. »Ihr wisst schon. Alle möglichen: Easy und Callie und Jenny und dieser Heath und noch jemand namens Julie oder so ähnlich.«
Kara lachte und warf den Kopf auf das Kopfkissen zurück.
»Was ist?« Chloe machte ein beleidigtes Gesicht.
»Julian«, verbesserte sie Kara. »Er heißt Julian.«
Chloe wurde rot. »Also, so hab ich es zumindest aufgeschnappt. Wahrscheinlich hab ich nicht richtig hingehört.«
»Ich bezweifle, dass alle diese Leute tatsächlich in der Scheune waren«, bemerkte Brett obenhin. Jenny? Sie hatte Jenny dieses Wochenende im Grunde gar nicht gesehen. Sie war ja ganz für sich geblieben. Oder besser gesagt, hatte die Zeit allein mit Kara verbracht. »Unser Cineclub hat eine Filmparty auf der Wiese bei der Scheune veranstaltet. Das Feuer war ein Unfall.«
»Man hat aber ein Feuerzeug gefunden, das einem Schüler gehört.« Chloe schüttelte unwillig den Kopf und ihr dünnes blondes Haar flatterte ihr um die Schultern. »Es war Brandstiftung!«, fügte sie flüsternd hinzu.
Brett sah Kara an, die stumm das Wörtchen wow bildete. Offenbar hatte die Kleine tatsächlich schon ziemlich viele Leute auf dem Campus
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