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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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vor wie eine Symphonie, die niemals endete. Sogar die neuen Akzente, die sie hier hörte, klangen wie Musik in ihren Ohren.
    Als Rose hereinkam, saß Ada schon im Frisiermantel vor dem Spiegel. »Guten Morgen, Rose«, sagte sie mit einem Lächeln, das beinahe ein Strahlen war. Rose erwiderte ihr Lächeln und fragte sich, was sie wohl so glücklich machte. Ein Brief von Ravi konnte es nicht sein, seit ihrer Ankunft in London war keiner gekommen.
    »Guten Morgen, Mylady. Hatten Sie gestern einen angenehmen Tag?« Sie begann, Ada das Haar zu bürsten.
    Ada zögerte. »Ich glaube schon«, sagte sie. »Zumindest habe ich jetzt ein schönes neues Kleid.«
    »Das ist schon mal nicht schlecht, Mylady.« Rose bürstete weiter. »Machen Sie heute Vormittag einen Besuch, oder soll ich ein anderes Kleid bereitlegen?«
    »Ich glaube, wir reiten heute im Hyde Park aus. Könnten Sie mir bitte das neue Reitkostüm herauslegen? Und die neue Reitkappe. Mit der Feder.«
    »Selbstverständlich, Mylady.« Rose erhob sich, um die Sachen zu holen, und Ada drehte sich um.
    »Ich habe heute früh einen Brief bekommen«, sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme.
    Rose warf ihr einen erschrockenen Blick zu.
    »Nein, nicht von ihm …« Ada errötete, und ihr Glück schien einen kleinen Dämpfer zu bekommen. »Nein, von Georgiana.«
    »Ja? Ich hoffe, Lady Georgiana ist wieder gesund.« Rose war ein wenig verwundert.
    »Es geht ihr ausgezeichnet. So gut sogar, dass sie auf einer Soiree bei Lady Fairfax Klavier spielen konnte.« Ada drehte sich wieder zum Spiegel und lächelte, als Rose ihr Haar sorgsam zu frisieren begann.
    »Das freut mich sehr, Mylady«, sagte Rose aufrichtig. Sie vermisste das Klavier mehr als alles andere.
    »Ja, und sie hat alle Anwesenden sehr beeindruckt.«
    »Das überrascht mich nicht. Lady Georgiana spielt wunderbar.« Sie steckte Lady Adas Haar hoch und prüfte das Ergebnis.
    »Aber nicht mit ihrem Können hat sie einen solchen Eindruck gemacht. Sondern mit dem Stück, das sie für den Abend ausgesucht hat.«
    »Was hat sie denn gespielt, Mylady?«
    »Ach Rose, Sie dummes Huhn – jetzt lassen Sie meine Haare doch einen Augenblick sein! Können Sie’s nicht erraten?« Ada drehte sich um und griff nach Roses Händen. »Es war Ihre Melodie. Ihr Orientalischer Tanz !«
    Rose starrte sie entgeistert an. »Mein … mein …«
    »Ja! Keine Bange – Georgiana hat nicht vergessen, wie Sie uns eingeschärft haben, den Namen der Komponistin ja nicht zu verraten. Sie hat wohl ein großes Geheimnis daraus gemacht – so etwas kann sie bis zum Äußersten treiben!« Ada lachte. »Hören Sie sich das an.« Sie faltete den Brief auseinander. »Alle fanden den ›Orientalischen Tanz‹ hinreißend. Danach haben mich mehrere Gäste um die Noten gebeten. Und mehr noch: Mr Vronsky lobte das Stück und wollte wissen, wer es komponiert hat! Als ich sagte, das dürfe ich nicht verraten, ließ er sich nicht von dem Glauben abbringen, ich hätte es selbst geschrieben. Stell dir vor, wie kribbelig ich war, weil ich ihm nicht die Wahrheit sagen durfte. Aber ich bin sicher, dass Rose eines Tages ihre Bescheidenheit überwinden wird, und dann dürfen wir sie so loben, wie es ihr zusteht. Du musst ihr von ihrem Triumph erzählen – denn ein Triumph war es, trotz ihrer Abwesenheit.«
    Rose spürte Hitze in ihre Wangen steigen, und ein glückliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Es hat ihnen gefallen! Und dieser Mr Vronsky …?«
    »Ach, was bin ich dumm – den können Sie natürlich nicht kennen. Er ist ein berühmter Pianist aus Russland, der in dieser Saison Konzerte in England gibt.«
    Rose starrte sie sprachlos an.
    »Wenn er Ihr Stück mag, Rose – begreifen Sie nicht? Das heißt, Sie haben wirklich Talent!«
    Rose schüttelte ungläubig den Kopf. Vor ihren Augen schoss wie ein Feuerwerk ein anderes Leben in die Höhe, der Traum vom Komponieren, von Aufführungen ihrer eigenen Musik, auf die sie stolz sein durfte. Doch dann war das Feuerwerk vorüber.
    »Aber bitte, Mylady, niemand darf davon erfahren. Sie dürfen niemandem erzählen, dass ich das Stück geschrieben habe!«
    Ada wirkte enttäuscht. »Natürlich werden wir das nicht erzählen, wenn Sie es nicht möchten. Aber Rose, ich wünschte, Sie würden es sich anders überlegen. Wie die Leute Sie bewundern würden!«
    Nicht meine Mutter, dachte Rose. Wenn etwas über ihrem Stand war, dann das. Sie erschauderte bei der Vorstellung, dass ihre Mutter davon erfuhr –

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