Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
oder besser gesagt meinem Körper, gefällt die Art und Weise, wie sie mich anschaut. Einerseits ist es diese Unschuld, die sie wie eine unsichtbare Hülle umgibt, andererseits das Verdorbene.
»Ich dachte, du weißt alles über mich«, entgegne ich lässig und stecke meine Hände in die Taschen der geklauten Hose.
Sie blickt mich etwas stutzig an, als könne sie es selbst kaum glauben. »Nein, anscheinend nicht.«
»Ich bin ein Oishine. Ein Wunschdämon, natürlich können wir andere Dämonen sehen, aber nur, wenn wir in einem Körper stecken. Die andere Zeit über wandeln wir durch die Welt, ohne einen Artgenossen auch nur zu spüren. Und wir können nicht in die Zwischenwelt wie andere Dämonen. Wie sind an die Menschenwelt gebunden.«
Ich frage mich, warum ich ihr überhaupt eine Erklärung gebe. Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Irgendwie bringt sie mich dazu, ein verdammt lockeres Mundwerk an den Tag zu legen, und das mag ich nicht.
»Was denn für eine Zwischenwelt ?«, fragt sie verwirrt.
»Ein Ort zwischen der Erde, Hölle und dem Tartarus. Alles ist grauer, es riecht nach Tod, brennenden Leibern, versengten Haaren, der Duft von Asche erfüllt die Luft. Nur Dämonen sind in der Lage, die Zwischenwelt zu betreten. Was glaubst du, wo Dämonen wohnen?«, frage ich zurück.
Claire zuckt die Schultern. »In einer Frau vielleicht?«
Keine Ahnung, wie sie auf so eine abstruse Idee kommt. Ich stoße ein Schnauben aus. »Ganz ehrlich, der Sex mit den meisten Menschen ist erbärmlich.«
»Ja, die meisten Dämonen hatten auch noch keinen Sex mit mir.«
»Touché.«
Claire lächelt süffisant. »Zwischenwelt also, okay. Und was ist der Tartarus?«
Ich mache mit meinen Händen eine entsprechende Geste: »Himmel. Erde. Zwischenwelt. Hölle. Tartarus. Ein Ort voller Qualen, nur die Bösen der Bösen erhalten eine Dauerkarte für jenes Vergnügen.«
»Und wie kommt ihr auf die Erde?«
»Es gibt Aufzüge, aber auch Türen. Kommt darauf an, wo du dich befindest. Du kannst eigentlich in jede größere Stadt, es gibt mehrere Eingänge.«
»Türen?«
»Ja. Abstellkammern, Toilettenkabinen. Irgendwo kommt man immer raus.«
Claire scheint noch nicht überzeugt zu sein. Muss sie auch nicht.
»Wie viele Dämonen gibt es?«
»Hunderte. Und die sieben Fürsten. Gewöhnlich leben die meisten Dämonen in den Industriestaaten, weil sie die armen Länder bereits besetzt haben und dort keine Herausforderung mehr finden.«
»Inwiefern?«
In ihren Augen beginnt es zu flackern. Sie begreift, was es heißt, ein Dämon zu sein.
»Na ja, AIDS, Armut, Hunger? Sie müssen gar nichts mehr unternehmen. Es geht darum, die großen Fische in den Abgrund zu stoßen. Banker, na ja, die sind einfach, aber gutherzige Menschen, du weißt schon …«
Ich unterbreche mich und starre Claire an, die unschuldig mit den Wimpern klimpert. Es klopft energisch gegen die Tür.
»AIR! Noch fünf Minuten!«, ruft eine weibliche, hohe Frauenstimme.
»Alles klar«, flötet sie.
Sie wendet sich von mir ab und ist plötzlich ganz mit anderen Dingen beschäftigt.
»Was ist jetzt, ich habe immer noch Hunger.«
Nörgelnder Kinderton.
Claire prüft ihr Erscheinungsbild im Spiegel, gibt mir keine Antwort, krallt sich eine Flasche Mineralwasser und stöckelt auf die Tür zu.
»Äh, hallo-oooh?«
»Jetzt kannst du mal sehen, wie es den Menschen in Afrika geht«, erwidert sie, öffnet die Tür, wirft mir einen langen Blick über die Schulter zu und verschwindet aus ihrem Zimmer, in dem ich wie der letzte Trottel zurückbleibe.
Stille breitet sich in dem stickigen Zimmer aus, nur gedämpfte Musik durchbricht diese täuschende Idylle. Ich habe zwei Optionen: Entweder, ich werde mich auf das Sofa chillen und die Zeit totschlagen, während Claire ihre Möse in die Gesichter geiler, alter Säcke drückt, oder ich gehe ihr hinterher und schaue ihr dabei zu.
Ich entscheide mich für die zweite Variante, die mir um einiges vielversprechender erscheint, und öffne die Tür, die Claire gerade zugeschmissen hat. Der Flur ist leer, die Mädchen, die an der Wand hängen, lachen mich in ihren kurzen Röckchen oder mit ihrem blanken Busen an. Ich fahre mit der Hand über meinen nackten Oberkörper. Zugegeben, James hat ordentlich trainiert. Wahrscheinlich falle ich oben ohne sowieso weniger auf.
Irgendeine Musik dringt durch den Flur, der Bass lässt die Wände vibrieren, es ist stickig, die Lampe an der Decke gedimmt. Ich schleiche den Gang entlang, dort,
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