Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
öffnet und schließt sich wieder. Sie schweigt, und ein verwirrter Ausdruck tritt auf ihre Züge.
»Wie … meinst du das?«, stammelt sie.
»Nazar hat von seinem Lehrling auf Abwegen erzählt, du erinnerst dich? Wir sollten uns morgen auf den Weg machen und Levathian finden. Vielleicht hat er was mit dem Lehrling zu tun.«
Claire zögert und fragt schließlich: »Wie willst du einen Dämon hier in London finden? London ist nicht gerade ein Dreihundert-Seelen-Dorf.«
Ich schnaube. »Was du nicht sagst. Dafür gibt es Plätze, an denen sich besonders viele Hexen aufhalten. In jeder Großstadt gibt es das. Irgendwo müssen sie ihre Sachen ja unters Volk bringen und sich austauschen.«
Sie hebt ihre feingezupften Brauen. »Winkelgasse? Gleis 9 ¾?«
Bei dieser dämlichen wie unüberlegten Antwort bleiben mir doch tatsächlich die nächsten Worte im Hals stecken. Das legt sich jedoch schnell wieder.
»Wir sind hier nicht bei Harry Potter , es gibt keine gottverdammte Winkelgasse! Wo glaubst du, dass sich die Hexen herumtreiben? In einem Paralleluniversum? Ich bitte dich!«, rufe ich empört aus und schüttle angesichts dieses Überschusses an Naivität den Kopf.
»Schon mal was von Ironie gehört?«, höhnt Claire.
Ich lache auf. »Ja, ist schließlich mein zweiter Vorname. Direkt nach Sarkasmus.«
Eine Weile funkeln wir uns schweigend an. Die Luft ist drückend, das Prasseln des Regens ist neben unserem heftigen Atem das einzige Geräusch, das den Raum erfüllt. Claires Körperwärme strahlt auf mich ab, was mir aber erst jetzt bewusst wird. Ich trete entschlossen einen Schritt nach hinten, löse die Anspannung, die sich zwischen uns aufgebaut hat, und versuche, einen klaren Kopf zu bewahren.
»Okay«, sagt sie langsam. »Das heißt, du suchst einen Dämon, der überall sein kann, an einem Ort, an dem sich womöglich Hexen aufhalten. Ich habe keine Ahnung, wo das sein soll.«
» Wir suchen«, stelle ich protestierend klar. »Du bist für meine Misere verantwortlich, du wirst mir helfen.« Ich schwöre mir in diesem Moment, dass sie untergeht, sollte ich untergehen. So leicht kommt mir dieses Biest nicht davon!
Claire lacht lautstark auf. »Das glaubst du doch wohl selbst nicht!«
»Oh doch, das glaube ich sehr wohl. Du wirst deinen knochigen Arsch bewegen und mich zum Camden Lock Market begleiten. Morgen früh, sobald er öffnet.«
»Du meinst den Flohmarkt?« Sie wirkt ehrlich überrascht.
»Ja.«
»Das ist ein Hexentreffpunkt?«
Ich klatsche zur Unterstreichung begeistert in die Hände.
»Super, du bist doch gar nicht so naiv, wie du aussiehst. Hast du jemals eine größere Ansammlung an Goths, günstigen esoterischen Mitteln und Billigschmuck gesehen? Warst du jemals in den Hinterstuben der Damen, die dir lächelnd einen Ring mit einem Stein verkaufen? Camden Lock ist seit 1974 der größte öffentliche Hexentreffpunkt in Europa.«
Claires Blick fällt auf die Uhr hinter mir, die, die an der gegenüberliegenden Wand direkt über der Tür hängt. Erschrocken setzt sie sich in Bewegung. »Wir kommen zu spät! Madame Pompadour bringt mich um. Wir müssen los!« Sie zerrt an meinem Arm und schiebt mich kommentarlos und durchaus etwas überrumpelt aus dem Zimmer.
Kapitel 12
Madame Pompadour und eine französische Revolution der anderen Art.
C laire hüllt sich in beharrliches Schweigen. Es ist kälter als noch vor wenigen Tagen, der Regen hat die Straßen aufgespült, und die kniehohen Stiefel der Nutten sehen nicht nur scharf aus, sie dienen auch einem ganz bedeutenden Zweck: Sie halten warm.
Wir erreichen das Naughty Night und die grüne Tür mit der Nummer 66 nach einigen Minuten Fußmarsch. Mit dem üblichen Klopfrhythmus macht sich Claire bemerkbar, lehnt sich lässig gegen die durchnässte Wand, direkt neben das Abflussrohr, aus dem das Wasser schießt.
Die Tür öffnet sich mit einem Quietschen. Glorias Mondgesicht erscheint im Rahmen. Ein missbilligender Ausdruck verwandelt ihre sanften Züge zu einer Fratze.
»Du bist spät dran«, sagt sie kalt zu Claire, die sich ohne ein weiteres Wort an ihrer Kollegin vorbei ins Warme schiebt und hinter dem dunkelroten Samtvorhang verschwindet. Ein Seufzen entweicht Glorias Mund. Anschließend werde ich mit einem wohlwollenden Blick taxiert, der von meinem Kopf bis zu meinen neuen Schuhen wandert.
»Komm doch rein. Hab dich schon vermisst.« Zwinkernd macht sie mir Platz, gerade so weit, dass ich ihre Brüste mehr oder weniger im Vorbeigehen
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