Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
in den Kopf, und ich denke immer wieder nur eins:
Chaske. Chaske. Chaske.
Die einzelnen Puzzleteile fügen sich Stück für Stück zusammen, und es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Er steckt hinter all dem. Er steckt hinter Levathian, der lediglich ein Ablenkungsmanöver darstellt, er steckt hinter Hoyt, der sich aus genau diesem Grund hier befindet. Deswegen das Eidechsenmal auf seinem Nacken. Das erklärt alles. Und doch auch nichts.
Als sich unsere Blicke treffen, bleibt die Welt für einen Moment lang stehen. In seinen braungrünen Augen steht eine Kälte, die sich mit nichts vergleichen lässt. Die Gleichgültigkeit, mit der er mich betrachtet, ist beängstigender als jede Wut, die er mir hätte entgegenbringen können.
Er ist gekommen, um mich zu verletzen. Um sich an mir zu rächen. Wir beide wissen, für was. Er hat es Jahre geplant. Hat nach dem richtigen Schüler gesucht, nach der richtigen Formel, er hat darauf gewartet, zuzuschlagen. Hat im Stillen, Jahr für Jahr, Monat für Monat geplant, nur um mich endlich verletzen zu können.
Ein Muskel seines Kiefers zuckt verdächtig, und Levathian wendet sich ebenfalls zur Seite, wendet sich mir zu. Er sagt etwas, das ich nicht verstehen kann, und kommt dann näher. Mit einer einfachen Bewegung öffnet er die Terrassentür und tritt ins Innere.
Er ist kleiner als ich, die hellen Augen durchlöchern mich, die Lippen sind zu einem höhnischen Lächeln verzogen. Mein Blick fällt auf das Eidechsentattoo, das sein Handgelenk krönt. Die Bedrohung ist zum Greifen nah, frisst sich durch meinen Körper wie ein gefährlicher Virus. Meine Finger beginnen zu kribbeln, und ich erwidere Levathians Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
»So schnell haben wir nicht mit dir gerechnet, Rashen. Ich lasse dich mal mit deinem Bruder allein, Familienzusammenführungen können bisweilen etwas sentimental enden, nicht wahr?«
Levathian grinst hämisch, macht mir Platz und zieht die Balkontür hinter mir zu. Der kühle Londonwind fährt mir durch die Glieder, wirbelt meine Kleidung auf. Einige Sekunden starren mein Bruder und ich uns schweigend an, die Bedrohung wächst zu einer schreienden Wand, die mich jeglicher Kraft beraubt und meine Sinne betäubt.
Sie sind zu dritt. Ich bin allein. Claire, die halbe Portion und kämpfender Hamster, kann man unmöglich mitzählen. Außerdem wird sich ihre Kampftechnik auf das Augenauskratzen beschränken. Nein, ich bin definitiv auf mich allein gestellt, sollte es denn zu einem Kampf kommen. Und das wird es, schließlich ist meine Lust, für immer in einem Menschenkörper zu stecken und Hoyts Wünsche zu erfüllen, sehr begrenzt.
Ich bin derjenige, der die Stille unterbricht, indem ich ironisch beginne, in die Hände zu klatschen.
»Wow, Bruderherz, so viel Können hätte ich dir nicht zugetraut.«
»Und ich hätte erwartet, dass du etwas schneller dahinterkommst, dass ich hier bin. Aber deinem überraschten Gesichtsausdruck ist zu entnehmen, wie wenig du damit gerechnet hast. Dabei war das Rätsel wirklich nicht schwer.«
Ich malme meine Kiefer aufeinander und balle die Hände zu Fäusten. Das Gefühl, dem Tod direkt in die Augen zu blicken, kitzelt meine Nervenenden und lässt mein Herz für einige Schläge lang aussetzen. Äußerlich lasse ich mir nichts anmerken, auch wenn ich das höhnische Schnauben meines Bruders vernehme und weiß, dass er meine Unsicherheit riechen kann.
»Du bist also gekommen, um dich zu rächen.«
»Und du weißt genau, wofür«, antwortet Chaske mit einer Kälte in der Stimme, die jedem das Blut in den Adern gefrieren lässt, der sich in unmittelbarer Nähe aufhält.
»Dir ist doch hoffentlich klar, dass ich bereits meine Strafe erhalten habe, oder?«, frage ich schlicht und deute auf meinen menschlichen Körper. Die Augenbrauen meines Bruders schnellen nach oben, und das mir so vertraute Schmunzeln seiner Überlegenheit, mit dem er mich früher immer gepeinigt hat, huscht über sein Gesicht. »Oh, Brüderchen, du hast die Bande der Familie entzweit. Du hast einen Krieg mit mir heraufbeschworen, nicht ich.« Er taxiert mich abfällig, die Mundwinkel zynisch nach oben verzogen, ein Wind fährt durch sein blondbraunes Haar. »Jetzt wirst du mit den Konsequenzen leben müssen.«
»Die Konsequenz ist, dass ich zu einem Oishine degradiert wurde, weil ich deine kleine Menschenfreundin gerettet habe«, sage ich langsam und deutlich.
Schlagartig verzerrt sich Chaskes Gesicht. Er ist wütend. So
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