Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
und anschließend in meine Richtung dreht. Zu spät erkennt er, dass ich nach dem länglichen Glassplitter greife, ihn so fest umklammere, bis ein stechender Schmerz hinter meinen Schläfen explodiert, schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen und der metallische Geruch von Blut in meine Nase steigt. Mit einem Satz bin ich bei Levathian, knie mich neben ihn, packe gewaltsam sein Handgelenk und drücke es mit ganzer Kraft auf den Boden. Das halbherzige Wegziehen hilft nicht viel. Eine schmale Blutlache hat sich direkt neben seinem Hinterkopf gebildet, seine Augen zucken hin und her, versuchen mich zu erfassen, doch sie tun es nicht. Ezra muss ihn wirklich ausgenockt haben.
»Nein!«, ruft Chaske in einer seltsam verzerrten Tonlage. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie er aufspringt und mit langen Schritten auf die Terrasse eilt. Doch es ist zu spät.
Mit aller Gewalt ramme ich die Scherbe in das Eidechsentattoo, das direkt entlang der Pulsschlagader des Dämonenlakais verläuft. Mit einem Aufschrei richtet Levathian sich auf, doch ich verpasse ihm einen direkten Fausthieb, was ihn auf der Stelle ohnmächtig werden lässt. Mit meinem Oberkörper drücke ich ihn auf den Boden. Der Regen prasselt wie Peitschenhiebe auf uns herab.
Ich versuche, einen Blick auf die Szenerie im Innern der Penthouse-Wohnung zu erhaschen, während mein Herz mir unnachgiebig hart gegen die Rippen hämmert. Als Ezras und Hoyts innere Mächte aufeinanderkrachen, grollt die Erde. Doch der Lehrling hat nur eine Hand zur Verfügung. Die Schmerzen, die er in seinem Nacken verspürt, geben ihm nicht die Kraft, die er eigentlich benötigt, um Claire oder Ezra auszuschalten.
Mit einem schmerzverzerrten Wutschrei erreicht mich Chaske, und in seinen Augen lodert der pure Hass. Eines seiner Augen glüht in einem dämonischen Rot.
Das Keuchen aus dem Mund meines Bruders verwandelt sich in ein Stöhnen, so als habe ihm jemand einen direkten Schlag in die Magengrube verpasst.
»Du dreckiger Scheißkerl!«, stößt er hervor und hebt das Knie, um es mir direkt ins Gesicht zu rammen. Gerade noch rechtzeitig sehe ich den Schlag kommen, ducke mich auf den Boden, umfasse sein Schienbein mit meiner blutenden Hand, greife mit der anderen um das Bein herum und stemme mich mit dem ganzen Körper dagegen. Chaske versucht, das Gleichgewicht zu halten, während von drinnen Kampfgeräusche zu vernehmen sind.
Verdammt, ich hätte gleich zwei Scherben nehmen und es in das unechte Herz dieses Lakais rammen sollen. Levathian muss sterben, damit ich aus diesem Körper freikomme. Aber ohne meine Attacke auf das Tattoo hätte Ezra niemals die Kraft gehabt, sich gegen Hoyt zu behaupten.
Chaske schafft es, sich aus meiner Umklammerung zu befreien. Ich kann aufstehen und ihm gegenübertreten. Mit einer schnellen Bewegung entfernt er die zweite Kontaktlinse, so dass seine Augen ihre natürliche, leuchtend rote Farbe annehmen.
»Du übertreibst völlig, ist dir doch hoffentlich klar, oder?«, presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ignoriere den stechenden Schmerz in meiner Hand, dort, wo die Glasscherbe in die weiche Haut geschnitten hat. »Ich habe deiner kleinen Freundin das Leben gerettet, und jetzt bin ich dafür die letzten vierzig Jahre durch die Sphäre gewandert, habe mir Twilight und andere kulturelle Verirrungen der Welt angetan. Das ist eine Strafe, Bruderherz, ob du es glaubst oder nicht.«
Chaske liefert sich ein stummes Blickduell mit mir, das keiner von uns verlieren möchte. »Du hast ihr viel mehr genommen als das Leben, und das weißt du genau.«
»Eine Jungfrau war sie nicht mehr, falls du das meinst«, entgegne ich laut. Im Gesicht meines Bruders spiegeln sich Hass und auch Erstaunen darüber, dass ich angesichts dieser Situation meine Schnauze nicht halten kann. Andererseits will mein Hirn nicht begreifen, warum er nach Jahren plötzlich diesen ganzen Plan aufzieht, einzig und allein, um sich an mir zu rächen. Das ist absurd. Da muss doch noch etwas anderes dahinterstecken! Oder ich habe einfach nur einen sehr seltsamen Dämonenbruder.
Mit einem drohenden Knurren bewegt sich Chaske blitzschnell durch den Londoner Regen, ich weiche seinem Schlag aus, Levathian stöhnt und windet sich auf dem Boden. Anscheinend wird er doch schneller wach, als erwartet.
»Rashen! Beeil dich!«, erreicht mich Ezras Ruf, doch ehe ich den Kopf wenden und die Szene im Innern erfassen kann, trifft mich Chaskes Linke wie ein Güterzug. Ich höre und spüre
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