Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
Spiegel. Ich sehe gut aus.
Die Tür zur Toilette öffnet sich. Einer der Junggesellengruppe kommt herein, stellt sich ans Pissoir. Kaum bin ich wieder im Hauptraum des Clubs angekommen, winkt mich Oprah zu sich heran.
Ich beuge mich über den Tresen, um sie etwas besser zu verstehen. Jetzt tanzt eine hochgewachsene Brünette, die mir bisher noch nie aufgefallen ist.
»Ja?«
Die schwarze Barkeeperin deutet mit dem Daumen auf eine der drei Türen. » Love Letter , da findest du Air.«
»Danke«, antworte ich.
»Viel Spaß, Süßer«, ruft sie mir hinterher, während ich auf die Tür zusteuere. Ich öffne die Tür und brauche so einen Moment, um mich an das spärliche Licht an der Decke zu gewöhnen. Das Zimmer ist klein, der Duft von Kokos hängt in der Luft. Blaues Ledersofa, dahinter eine wandhohe Spiegelleiste. In der Mitte ragt eine Plattform mit Polestange. »Hallo Fremder.«
Sie ist so nah, dass ich ihren Atem auf meiner Haut spüren kann. Ich drehe den Kopf. Da ist sie. Claire. Die Perücke hat sie abgenommen, ihr kinnlanges rotes Haar umrahmt in vielen kleinen Locken ihr spitzes Gesicht, die unverschämt großen Augen visieren mich direkt an. Ein samtrotes Kropfband liegt direkt um ihren Hals.
»Willst du was trinken? Champagner?«
Ihre Stimme hat einen zarten Klang, unschuldig und jung, passt so gar nicht zu dem freizügigen Kostüm: ein kurzes, schwarzes Spitzennegligé.
Ich nicke.
»Mach es dir doch bequem.«
Ich nehme auf dem Ledersofa Platz, das zart nach Kokos duftet. Sie ist überall.
»Wie viel Zeit habe ich?«
Claire hat sich abgewendet und schenkt uns zwei Gläser voll. »Solange du dafür bezahlst. Ich habe heute erst um drei meinen nächsten Auftritt.«
Mit einem Glas kommt sie näher, drückt mir eines in die Hand und lächelt mich an. Sie ist so unwissend, dass ich fast ein wenig sprachlos bin. Aber womit habe ich gerechnet? Wohl kaum damit, dass sie mich erkennt und mich küsst.
Ich suche nach dem Gefühl. Nach diesen Empfindungen und Erinnerungen. Doch da ist nur Leere. Ein pechschwarzer Schleier. Lächelnd prostet Claire mir zu. »Auf jede Menge Spaß.«
»Auf dich«, antworte ich ihr. »Und auf den Spaß.«
Sie kichert und stellt das Glas ab. Ich greife nach ihrem Handgelenk. Für einen Moment wirkt Claire überrascht. Sie starrt mich an, ein kurzes Aufflackern in ihren Augen, dann ist es verschwunden, auch ihre Hand zwischen meinen Fingern.
»Anfassen verboten. Wir haben hier Kameras und einen Sicherheitsdienst.« Ihr Tonfall könnte nicht kälter sein.
»In Ordnung, Air.«
Ganz die professionelle Air, schaltet sie die Musikanlage an. Breitbeinig setzt sie sich auf das Podest. Mein Blick wandert zu dem schwarzen Dreieck zwischen ihren Beinen, das mich verführerisch anlacht. Ich weiß, was sich dahinter verbirgt, höre die leisen Klänge aus den Boxen und beobachte Claire, die mich mit trägem Blick mustert.
»Tanz für mich«, sage ich leise. Mit einem koketten Lächeln richtet Claire sich auf, macht ihre Beine lang und streckt mir ihren Hintern entgegen. Ich lehne mich zurück, breite meine Arme auf der Lehne aus.
»Wie läuft das hier ab?«
»Wie du willst. Du musst nur zahlen.«
Ich krame meinen Geldbeutel hervor. 300 Pfund, das muss für den Anfang reichen. Claire sieht zuerst das Geld, dann mich an. Sie strahlt. »Danke, Neuling.«
»Für dich immer, Air.«
Sie wackelt mit ihrem runden Po im Takt, dreht mir den Rücken zu und klettert leichtfüßig die Stange hinauf. Mit gespreizten Beinen gleitet sie daran hinab, ihre Augen bohren sich in meine. »Machst du das gerne?«, unterbreche ich sie und lasse sie nicht aus den Augen. Die Sommersprossen um ihre Nase wirken grau, und sie wirkt etwas matt. Matt und erloschen. Wo ist nur das aggressive und aufmüpfige Funkeln, mit dem sie mich sonst immer betrachtet hat? Oder der sanften Blick, den sie mir nach unserer ersten Nacht geschenkt hat. Oder die unbewegliche Miene, die Verletzlichkeit. Nein, Claire hat sich verändert. Sie wirkt gezeichnet, als hätte ich meine Spuren an ihr hinterlassen. Aber kann das sein?
»Was genau?«, fragt sie, und nimmt die Stange zwischen ihre Oberschenkel. Meine Hände werden feucht, mir wird heiß, eine körperliche Reaktion auf ihren sinnlichen Tanz.
»Das hier. Das alles.«
Eine steile Falte bildet sich auf ihrer Stirn, verschwindet aber gleich wieder. Sie setzt eine undurchdringliche Miene auf, ihr starrer Blick geht an mir vorbei.
»Ja, sehr.«
»Hast du dir schon mal
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