Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
geschminkt. Dieses Mal sind ihre Haare schwarz wie die Nacht und fließen in dunklen Wellen über ihren so zarten Rücken.
»Zufrieden, Süßer?«, reißt Oprah mich von Claires Anblick los, und ich nicke abwesend in ihre Richtung.
»Sie ist unsere kleine Perle.«
Ich höre in mich hinein und warte auf ein heftiges Herzklopfen, doch nichts geschieht. Kein Klumpen im Magen, kein Ziehen, rein gar nichts. Zufrieden stütze ich mich mit einer Hand auf den Tresen und schaukle den Inhalt meines Glases. Ich bin wieder ich selbst. Rashen de Andiel. Ohne Gewissensbisse, ohne innere Konflikte.
Claires Blicke wandern durch den Saal. Als ihr Blick sich in meinem verhakt, werde ich das Gefühl nicht los, dass sie auf den Grund meiner Seele schaut. Eine Sekunde, die sich wie eine Ewigkeit anfühlt, dann wendet sie den Kopf ab und geht mit geschmeidigen Bewegungen auf die Messing-Edelstahlstange zu, die Menge fest im Blick, die plötzlich ganz ruhig geworden ist. Etwas Magisches liegt in Claires Ausstrahlung, das erotische Funkeln in ihren Augen unterscheidet sie von den anderen Mädchen hier im Club. Sie ist schon dermaßen gut in dem, was sie tut, dass sie auf der Bühne tatsächlich zu Air geworden ist.
Wouldn’t you like to have fun, fun, fun?
How’s about a few laughs, laughs?
I could show you a good time
Let me show you a good time
Mit kreisenden Hüften lässt Claire die Träger von den schmalen Schultern gleiten, hält das Kleid mit überkreuzten Armen direkt über ihrer Brust fest und macht ein unschuldiges Gesicht. Ich denke an Marylin Monroe. Die Männer beginnen lauthals zu grölen, und ich verlagere ein wenig mein Gewicht, um sie gut im Blick zu haben. Mit fließenden Bewegungen schlüpft sie aus dem langen Kleid.
Claire macht ihre Sache äußerst geschickt, mit jeder Sekunde, die sie länger auf der Bühne steht, schlägt sie die Menge mehr in ihren Bann. Die Augen der Anwesenden kleben förmlich an ihrem Körper, jeder scheint sie bereits ausgezogen zu haben.
Angewidert schüttele ich den Kopf und nehme einen kräftigen Schluck aus meinem Glas.
»Sie ist gut, nicht wahr?«, fragt Oprah. Ein wissendes Lächeln umspielt ihre vollen Lippen …
Ich zögere mit der Antwort und wäge innerlich ab, was ich ihr preisgeben kann. »Ja, sie ist gut. Kann man sie auch privat sehen?«
Oprah nickt. »Gibt es. Möchtest du sie buchen?«
»Wenn das geht.«
»Ja, das geht. Ich sage eben der Chefin Bescheid.«
Ein kurzes, entschuldigendes Lächeln, dann verschwindet Oprah auf die andere Seite der Bar, wo ein kleines Telefon steht. Mit gesenkter Stimme spricht sie in den Hörer, legt dann auf und kommt mit wiegenden Hüften näher. Der Gang wirkt einstudiert, verfehlt aber nicht seine Wirkung.
»Alles klar. Madame Pompadour wird sich darum kümmern, sie trägt dich ein. In zehn Minuten? Dann ist Airs Show nämlich vorbei.«
»Wie teuer wird es?«
Ein kurzes, missbilligendes Zungenschnalzen. »An Air gibt es nichts Billiges. Ich würde also die großen Scheine auspacken.«
Ihre Antwort bringt mich zum Schmunzeln, und ich sehe wieder auf die Bühne. Claire ist gerade dabei, einen der schwarzen Seidenstrümpfe von ihren wohlgeformten Beinen zu lösen, und holt sich dabei Unterstützung aus dem Publikum. Der Mann, der aussieht, als habe er sich aus dem Kloster davongestohlen, scheint mit der neuen Situation völlig überfordert zu sein. Mit großen Augen und schweißnassen Händen nestelt er ungeschickt an dem Strumpf herum, was Claire ein Lächeln entlockt. Sie bleibt die Ruhe selbst, hilft ihm mit geschickten Fingern und legt den ausgezogenen Strumpf um den wulstigen Hals ihres auserwählten Kandidaten. Der kann sein Glück kaum fassen und wirft prompt einige Scheine auf die Bühne.
Und dann sehe ich es. Für den Bruchteil einer Sekunde, ein kurzer Moment, so unscheinbar, dass ich glaube, mich getäuscht zu haben. Als Claires Blick wieder über die Menge gleitet und auf meinen trifft, steht dieselbe Leere darin, wie ich sie bei den Mädels gesehen habe. Der Ausdruck wandelt sich jedoch blitzschnell, als wäre er niemals da gewesen, und ihr aufgesetztes Lachen sieht für alle anderen gar nicht aufgesetzt aus. Doch ich durchschaue sie. Hinter jedem kleinen Stück Air steht auch Claire, egal, wie sehr sie sich dagegen sträubt.
Ich trinke aus, werfe einige Scheine auf den Tresen, mehr, als Oprah an einem Abend verdienen dürfte, und begebe mich auf die Toilette.
Ein kurzer Piss, einer abschätzender Blick in den
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