Rashminder Nächte 2 (German Edition)
Wenn es keinen einzigen Fleck gab, wo sie kostenlos, warm und trocken unterschlüpfen konnten, ohne dreißig Meilen Umweg auf sich zu nehmen, dann versagte Kaidens Magie. Genauso wie sie versagte, etwas Essbares zu finden, das sie nicht erst jagen müssten. Keine einzige Münze, kein Wertgegenstand lag in erreichbarer Nähe. Magie war eben kein Allheilmittel.
Niedergeschlagen kletterte Kaiden vom Baum herab. Es gab in etwa vier Meilen Entfernung einen geeigneten Schlafplatz, wenn man Naxanders Haus ausnahm. Sie hatten beide keine rechte Lust, in der Dunkelheit dorthin zu laufen.
„Hm, ich suche mal die Antwort auf die Frage, was wir jetzt tun sollen“, wisperte er schließlich hilflos – und spannte augenblicklich jeden Muskel im Leib an, denn seine Magie schrie ihm zu: „LAUF SO SCHNELL DU KANNST!“
„Wir sind entdeckt“, presste er hervor, packte Eryk am Arm, zog ihn mit sich, fort, nur fort! – und prallte gegen ein unsichtbares Hindernis.
„Guten Abend, die Herren.“ Naxanders verhasste Stimme hallte regelrecht in Kaidens Kopf wider. Darüber wundern konnte er sich nicht mehr, er wurde niedergerungen, ein heftiger magischer Schlag raubte ihm die Luft zum Atmen. Dann wurde es still, und Kaiden wusste nichts mehr.
~*~
Die Ketten klirrten leise bei jeder Bewegung. Seine Schultern brannten, und mit jedem Atemzug schienen seine Arme schwerer zu werden. Kaiden stellte sich auf die Zehen, um wenigstens ein bisschen Entlastung zu erreichen, was auch gelang. Doch wie schon die Male zuvor kehrte der Schmerz mit doppelter Macht wieder, als er die Balance nicht mehr halten konnte und stöhnend zurücksackte.
Wie lange stand er wohl bereits hier, hilflos gefesselt, mit verbundenen Augen? Er wusste nicht einmal, wo er sich befand.
Nun gut, es war Naxanders Landhaus. Nachdem ihm jemand die Binde angelegt und kreuz und quer durch Gänge und Flure geführt hatte, wusste Kaiden allerdings nicht mehr, ob er nun im Keller oder Schlafraum oder vielleicht auch dem Hauptsalon gelandet war.
Die Vorstellung, dass er womöglich öffentlich zum Vergnügen irgendwelcher Fremden zur Schau gestellt wurde, ließ sich nicht vertreiben. Genauso wenig wie die Erinnerung an das Podest in Naxanders Gewölbekeller und die jungen Männer, die an den Wänden angekettet gewesen waren. Sollte er vielleicht als Sklave verkauft werden? Er hatte das beständige Gefühl angestarrt zu werden, konnte aber niemanden hören oder eine menschliche Präsenz wahrnehmen.
Wo blieb Naxander denn nur? Wo war Eryk?
„Hallo?“, rief Kaiden, als er es nicht mehr aushielt. Das unangenehme Prickeln in den Armen hatte sich mittlerweile in echten Schmerz verwandelt, und die Eisenschellen scheuerten seine Handgelenke wund.
Er hörte nichts, keine Schritte, kein Rascheln von Stoff; aber plötzlich spürte er die Nähe des anderen. Schon presste sich ein warmer muskulöser Körper an seinen Rücken, raue Hände stützten ihm die Arme und gaben ihm Halt. Leichter Atem strich über seine rechte Ohrmuschel. Kaiden lehnte sich zurück, verwirrt darüber, wie erleichtert er sich fühlte, wie haltsuchend er sich an einen Mann schmiegte, von dem er nicht einmal wusste, wer er war.
Für einen langen Moment war es ihm gleichgültig, doch dann versuchte er dem Griff zu entfliehen.
„Naxander?“, fragte er und hasste sich dafür, dass seine Stimme so erbärmlich vor Angst zitterte, wie er es seinem Körper nicht gestatten wollte.
~*~
Eryk gefror das Blut in den Adern, als man ihn in eine große Halle führte. Sie war leer, abgesehen von ein paar Bänken, die an der Wand entlang herumstanden, als hätte man keinen besseren Ort für sie gefunden – und Kaiden. Er stand mitten im Raum, die Hände mit Ketten über dem Kopf gefesselt, die Augen mit einem Tuch verbunden, vollkommen nackt. Man hatte sie getrennt, nachdem sie überwältigt worden waren. Eryk war eben erst wieder zu sich gekommen, als Naxander mit einer Horde Magier aufgetaucht war und ihn mit einer höflichen Verbeugung gebeten hatte, ihm zu folgen. Ihr Götter, wie sehr er ihn hasste! Ohne die beiden wandelnden Muskelgebirge, die ihn beiderseits flankierten, hätte Eryk gerne alle Vorsicht in den Wind geschossen und sich mit bloßen Händen auf Naxander gestürzt.
„Was habt ihr mit ihm gemacht?“, schrie er anklagend auf, als Kaiden mit keiner Regung zeigte, dass er ihre nicht gerade leise Ankunft bemerkt hatte.
„Nichts Schädliches bis jetzt.“ Naxander lächelte kalt. „Er
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