Rashminder Nächte (German Edition)
und der Bann zerbrach. Der Jüngere lächelte, wodurch er sich von einem gefühlskalten Herrscher zu einem gutaussehenden, freundlichen jungen Mann wandelte. Der andere entspannte sich und verlor dadurch viel von seiner raubtierartigen bedrohlichen Aura. Die Blicke der beiden wanderten nun durch den Raum, und Kaiden hätte vor Scham im Boden versinken können. Ein Wunder, dass diese beiden Adligen – weniger konnten sie nicht sein! – sich überhaupt dazu herabließen, das Haus von zwei Bürgerlichen aufzusuchen. Musste es aber ausgerechnet heute sein, für gewöhnlich war es zumindest einigermaßen überblickbar, wenn schon nicht ordentlich. Das Chaos hier war untragbar, es war …
„Gemütlich. Fast wie zuhause“, sagte der ältere Mann in diesem Moment. Das Grinsen, das über sein wettergegerbtes Gesicht glitt, besaß so viel Charme, dass Kaiden sich erleichtert entspannte.
„Die Namen unserer Gäste tun nichts zur Sache“, sagte Lark und räusperte sich. „Sie kommen aus Onur und benötigen deine Dienste, Kaiden. Im Gegenzug sind sie bereit, euch einen Gewährbrief auszustellen, der die Angelevaner überzeugen durfte.“
Kaiden musterte nun seinerseits die beiden skeptisch. Abgesehen von dem verdächtig günstigen Zufall, dass zwei Adlige aus Onur – ONUR! – in Larks Fänge gerieten, auf der Suche nach magischem Beistand – wie sollte ein Brief irgendwelcher Ausländer weiterhelfen?
„Bei allem Respekt, Lark, ohne Namen werden wir niemanden hier für uns gewinnen.“ Der jüngere Mann, dessen Akzent recht melodisch klang, verneigte sich leicht und wies auf seinen Gefährten: „Meister Kaiden, Herr Eryk: Dies ist Fürst Stefár von Lichterfels.“ Stefár verdrehte die Augen, als würde er dieses Zeremoniell verabscheuen und wedelte dann in Richtung seines Begleiters: „Fürst Lyskir von Corlin.“
Kaiden brauchte all seine Selbstbeherrschung, um nicht mit offenem Mund dazustehen. Trotzdem klang seine Stimme viel zu hoch, als er nachhakte: „Corlin? Der Thronerbe von Onur?“
Stefár grinste breit. „Du bist berühmt, mein Lieber!“, rief er neckend und boxte Lyskir gegen den Arm.
Haltsuchend lehnte sich Kaiden gegen den Tisch. Wohl jedes Kind kannte mittlerweile Geschichten von dem Fürsten Lys, der vor einigen Jahren von einem Sheruk – einem Räuberhauptmann – namens Kirian entführt wurde und diesen seitdem mit leidenschaftlichem Hass verfolgte. Stefár von Lichterfels hingegen, galt der nicht als tot? Lys war durch Heirat auch zum Erben von Lichterfels aufgestiegen, soweit er wusste. Dieser Kirian wurde als brutaler Kerl mit Stoppelbart, filzigem dunklen Haar und auffallend stechendem Blick beschrieben … Moment mal …
Er musterte Stefár intensiv, sein gepflegtes, doch düsteres Äußeres, der sich das mit gelassener Selbstsicherheit gefallen ließ.
„Du bist auch berühmt, mein Lieber“, sagte Lys schmunzelnd und nickte Kaiden zu. „Ja, das ist Kirian. Sagt es bitte nicht weiter.“ Ein halberstickter Laut hinter Kaidens Rücken erinnerte daran, dass Eryk immer noch anwesend war und gerade aus seiner ehrfürchtigen Starre erwachte.
„Ja – ähm – nun ja … Ihr edelgeborenen Herren, ich werde nicht fragen, was Euch nach Rashmind führte, aber was kann ich wohl für Euch tun?“, murmelte Kaiden schließlich schwach.
„Die beiden sind schon seit einigen Tagen in der Stadt und genießen meine Gastfreundschaft“, fuhr Lark dazwischen. „Wir kennen uns noch aus meiner Zeit in Onur. Lys sucht etwas und ich war wiederum auf der Suche nach einem vertrauenswürdigen Magier, der sowohl das passende Talent als auch einen wichtigen Grund besitzt, die Anwesenheit dieser Herrschaften anschließend vollständig zu vergessen.“
„Ich bin einer der besten Suchmagier Rashminds und du weißt, dass ich vertrauenswürdig bin!“, brummte Kaiden beleidigt.
„Du bist gut, Kleiner, sonst wären wir nicht hier“, versicherte Lark rasch. „Aber der wirklich gute Grund zum Schweigen fehlte bis vergangene Nacht, ich hatte nichts womit ich dich erpressen konnte. Gleichgültig, was ihr beide noch anstellt, ob ihr den kleinen Fillip vergesst oder nicht, ich kann euch gesellschaftlich ruinieren, sollte es notwendig sein.“
Kaiden spürte, wie Eryk neben ihm auffahren wollte und griff nach seinem Arm, wie stets, wenn dem leicht reizbaren Krieger das Temperament durchzugehen drohte.
„Schon gut“, murmelte er. „Die Sache ist brisant und ich mag es hart und ehrlich.“ Kaiden nickte
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