Rashminder Tage 01 (German Edition)
befanden sie sich in dem seltsamen Raum mit den vielen Türen.
„Ja, ich kann das auch.“ Natt lachte über ihre sichtbare Verblüffung und scheuchte sie durch eine der Türen hindurch. Sie landeten erneut in der kleinen Gasse, die zu Eryks und Kaidens Haus führte. Wundersamerweise blieb ihr plötzliches Erscheinen unbemerkt, obwohl viele Leute unterwegs waren – anscheinend war hier zusätzlich Illusionsmagie am Werke. Das Laufen war nicht ganz einfach, da sich schmutzige, dahinschmelzende Schneehaufen, jede Menge Wasser und Matsch zu einem sumpfartigen Ganzen mischte. Kaiden stakste wie ein Storch, er musste barfuß durch die Pampe. Eine kalte, ungemütliche Erfahrung, über die er sich als Kind gefreut hätte …
An fast allen Häusern waren die Menschen mit Reparaturarbeiten beschäftigt, der Schnee hatte überall Schäden hinterlassen, und das Schmelzwasser verschlimmerte die Lage. Doch die Sonne schien, und im Vergleich zu den letzten Wochen war es regelrecht heiß. Darum waren alle Gesichter heiter und das Stimmengewirr mehr von Lachen als Klagen oder Flüchen beherrscht. Natt lotste sie zügig zum Haus durch, ohne dass die Nachbarn Gelegenheit bekamen, Kaiden für irgendwelche Suchen oder Eryk für Hilfsarbeiten einzuspannen. Kaiden bemühte sich zu verbergen wie nervös er war, als sie das Haus betraten. Eryk sollte sich keine unnötigen Sorgen um ihn machen und Natt durfte ihn auf gar keinen Fall für einen Schwächling halten. Darum lächelte er tapfer auf die unisono gestellte Frage, ob es ihm gut ginge und winkte bewusst gereizt ab, als Eryk skeptisch die Mundwinkel verzog. Immerhin: Von Naxander fehlte erwartungsgemäß jede Spur.
Auch ihr Dach hatte weitere Schäden erlitten, das Schmelzwasser stand in größeren Pfützen in der Wohnstube und der Schlafkammer. Lästig, aber nichts, was sich nicht mit ein bisschen Mühe in Ordnung bringen ließe, sobald sie wieder Zeit hatten. Bei dem Gedanken, vielleicht schon bald in seinem eigenen Bett schlafen zu müssen, lief es Kaiden eisig den Rücken rauf und runter. Sicherlich würde er kein Auge zubekommen und nur an Naxander denken …
„Wirklich alles in Ordnung?“ Eryk berührte ihn zögerlich an der Schulter.
„Ja, lass mich, es ist nichts.“ Kaiden schüttelte ihn ab und beeilte sich, den Schlamm abzuwaschen, Waffen und zweckmäßige Kleidung zu holen, während Natt und Eryk an dem zerstörten Riegel der Haustür herumwerkelten und es schafften, sie provisorisch zu verschließen. Als sie fertig waren, hielt Eryk Natt auf, bevor sich dieser durch die Wand drücken konnte.
„Ich erinnere mich dunkel“, sagte er langsam. „Das hier hat mit einem Meteoritensplitter zu tun, oder?“
Vor Verblüffung hätte sich Kaiden fast verschluckt. Gestern hatte sich Eryk nicht einmal das Wort Komet merken können, und heute sprach er über Meteoriten … Daran sollte er sich besser rasch gewöhnen. Der alte Eryk, der Magie als unheilig und allzu viel Bücherwissen als Belastung betrachtet hatte, den gab es nicht mehr. Wenn der neue Eryk sich nun mit der Zeit als ein völlig anderer Mann entpuppen sollte als der, den er so sehr liebte, was sollte dann aus ihnen werden? Falls Eryk in Zukunft wieder für Lark arbeiten wollte und tage- oder wochenlang auf irgendwelche gefährlichen Einsätze verschwand, sich dabei in Lebensgefahr brachte, ohne dass Kaiden ihm helfen konnte … Und sich dann anschließend mit seinen alten Freunden amüsierte … Was dann?
Natt antwortete erst auf Eryks Frage, als sie bereits im geheimnisvollen Raum angekommen waren.
„Lark hat mir erlaubt, euch davon zu erzählen“, sagte er und zwinkerte Kaiden frech zu. „Er hatte Angst es selbst zu tun, weil du garantiert immer eine Frage mehr auf Lager hättest, als er Antworten.“
„Vielleicht will ich gar nichts darüber wissen?“, fauchte Kaiden beleidigt und stürmte auf die nächstbeste Tür zu. Er wurde gleich von zwei starken Männern zurückgehalten.
„Du würdest im Nichts verloren gehen ohne Führung!“, rief Eryk erschrocken.
„Fühl mal hier.“ Überrascht ließ Kaiden es zu, dass seine Hand gepackt und gegen Natts Nacken gedrückt wurde. Ohne Schwierigkeiten fand er eine winzige Erhebung unterhalb der Haut.
„Das ist einer der Meteoritensplitter, die Eryk vorhin erwähnte“, sagte er. „Lark ist als Kind beim Spiel in eine tiefe Grube gestürzt und hat dort einen Gesteinsbrocken gefunden. Das war der Moment, in dem seine Magie erwachte, und es hat ihm das
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