Rashminder Tage 02 (German Edition)
Kammerdiener ankündigte, ließ sie auseinanderfahren.
„Beeil dich“, flüsterte Stefár, schon halb auf dem Weg zum Fenster. „Bitte komm so rasch du nur kannst und halte diesen Irren auf.“
Er ließ offen, ob er Lys oder Erebos meinte. Vielleicht wusste er es selbst nicht. Archym wollte ihn zurückhalten, ihm so vieles sagen, so vieles erklären. Doch auch dafür war nicht der richtige Zeitpunkt und er musste sich eingestehen, dass er nicht genug Mut dafür besaß. Also ließ er ihn gehen, seinen Sohn, auf den er so stolz war. Den er so sehr liebte. Sollte er jetzt sterben, ohne all diese wichtigen Dinge gesagt zu haben, bliebe ihm zumindest der Trost, dass er seinen Jungen nicht enttäuscht hatte. Diesmal nicht.
~~*~~
Naxander frohlockte. Alles lief genauso, wie er es geplant hatte. Kaiden und Eryk befanden sich in der Hand des Layns. Vorausgesetzt, Maggarn wollte seinen Bruder tatsächlich in Verlegenheit bringen. Layn Kumien schwärmte nicht unbedingt für Männer wie Eryk, er bevorzugte schmaler gebaute Bettgefährten. Solche, denen er kräftemäßig überlegen war, was bei Eryk eindeutig nicht der Fall wäre. Doch wenn Maggarn ihn als persönliches Geschenk präsentierte, konnte auch ein Layn das nicht so einfach abtun. Kumien hatte seine Fehler, aber er wusste, wie abhängig er von Maggarn war, seinem Bastardbruder, Hausvorstand, wichtigsten Berater und gefährlichsten Ränkeschmied von Irtrawitt. Unwahrscheinlich, dass er Eryk tatsächlich als Liebessklaven in sein Bett zwingen würde, schon weil der Ausgang eines solchen Kräftemessens ungewiss wäre. Zudem war Kumien bekannt dafür, dass er willige Sklaven bevorzugte. Allerdings wäre die Verlegenheit, in die er dadurch geriet, sehr amüsant. Maggarn wollte die Verantwortung dafür tragen, dass niemand Kaiden anrühren würde und Eryk letztendlich sicher verwahrt wurde, bis man ihn brauchte. Die Zusammenarbeit mit Maggarn hatte bereits vorzüglich funktioniert, als Naxander intrigiert hatte, um Lys zurück ins Spiel um den Thron von Onur zu zwingen. Auch Kumien hatte dabei willig mitgezogen, ohne seine Rolle zu verstehen.
„Nun, mein lieber Layn, deine Zeit läuft jetzt endgültig ab.“ Naxander lächelte sein Spiegelbild an, als er Lirayams liebliche Gestalt ablegte und zu seinem neuen Selbst zurückkehrte. Die Königin würde in ihrem Schlafgemach unbeschadet aufwachen und sich ratlos fragen, warum sie tagsüber so plötzlich müde geworden war und solch merkwürdige Träume gehabt hatte. Naxander legte den breiten goldenen Armreif ab, den Amisha für ihn zu einem solch raffinierten Artefakt gewandelt hatte. Eines, das sich so um sein Handgelenk schmiegte, dass man es ihm abschlagen müsste, um es zu lösen, doch wenn es sein Wille war, fiel es sofort herab. Es ermöglichte ihm, die Wirkung der unzähligen Artefakte, mit denen er verschmolzen war, zu nutzen oder aufzuheben. Solange er es trug, waren alle Zauber unwirksam. Falls ein einzelnes Artefakt wirksam bleiben sollte, musste er sich nur darauf konzentrieren, und es wurde möglich. So hatte er den Gestaltwechsel vollziehen können, ohne dass ihm der Tor von Amarganth in die Quere gekommen war – nach wie vor sein Liebling, den er zwar zuerst zerstört, dann aber von Amisha hatte neu erschaffen lassen. Die Selektionsmöglichkeit brachte Magie auf ein nie gekanntes Niveau. Sie war nicht länger dumm, sondern flexibel einsetzbar. Die Macht, die Amisha ihm damit schenkte, war atemberaubend. Oh ja, Naxander fürchtete sie. Amisha war eine menschgeborene Göttin, ihre Macht nahezu grenzenlos. Warum sie als Wirtschafterin eines unbedeutenden Königshofes arbeitete, sich Zeit ihres Lebens vor aller Welt versteckt hielt und einem Verbrecher wie ihm Artefakte von solcher Gefährlichkeit überließ, wusste wohl nur sie selbst. Naxander fürchtete und respektierte diese Frau. Sie könnte ihn töten, wann immer es ihr gefiel, oder ihn betrügen, etwa indem ihre Zauber nur wenige Male wirksam wären. Stattdessen hatte sie ihn ruhig nach seinen Wünschen gefragt und jeden erfüllt, mit einem nachsichtigen Lächeln auf den Lippen wie eine Mutter, die dem Kind auch das dritte Stück Honigkuchen anreichte, wissend, dass es danach Bauchweh haben würde. Ob sie ihn für ein Kind hielt, das mit der Magie bloß spielte, statt sie zu verstehen?
Wenn, dann ist sie eine Närrin. Oh, ich hätte mir Unsterblichkeit in Ringform geben lassen können. Eine Brosche der Allmacht. Eine Kette, die mich selbst
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