Rashminder Tage 02 (German Edition)
hätte nichts dagegen einzuwenden, die Geheimnisse unter der prächtig bestickten Tunika zu erforschen und zuzusehen, wie die bernsteinhellen Augen sich in Lust verloren … Doch jetzt gab es leider wichtigere Dinge zu tun.
Erebos bewegte sich unruhig.
„Nein, ich … nein, gewiss nicht“, stammelte er wütend. „Ich will bloß, dass Lys ausgelöscht wird. Er ist eine Gefahr für Onur und für jeden anderen auch. Heute mag er Euer Verbündeter sein, schon morgen könnte er Euch töten, weil Ihr für seine ständig wechselnden Pläne wertlos seid. Er ist wahnsinnig! Er hat seinen Bruder ermordet! Er ist einem GEÄCHTETEN, einem FEIND VON CORLIN hörig! Einem Mann, der ihn fast zu Tode gefoltert hat!“
Naxander wischte sich unauffällig den Schweiß von der Stirn, es war anstrengend gewesen, Erebos diese Sätze von allen unbemerkt magisch in den Mund zu legen.
„Ich werde mich um die Angelegenheit kümmern“, beschied Kumien und winkte den Fürst hinaus, als wäre dieser lediglich ein lästiger Bittsteller.
„Maggarn, was denkst du?“
Kumien scheute sich nicht, solche Dinge in Anwesenheit eines – wenn auch vorgeblichen – Sklaven zu diskutieren. Wie fast alle Menschen in Irtrawitt war er zu sehr davon überzeugt, dass Sklaven wenig mehr als sprechende Tiere waren. Seltsam, wo gerade er es dank Lys hätte besser wissen müssen!
Maggarn streifte Naxander mit einem ausdruckslosen Blick, bevor er erwiderte:
„Er hat nicht völlig Unrecht, Herr. Lys ist jetzt kaum noch zu kontrollieren, da er im Hintergrund handeln kann, ohne Intrigen, Anschläge oder sonstige Gefahren befürchten zu müssen. Er hockt wie eine Made in seiner Weidenburg, beeinflusst Archym, Fürst Inur, den Handel, einfach alles, und erzieht nebenbei noch einen Sohn, der Lichterfels, Weidenburg und dereinst den Thron erben wird. Sollte Robans Sohn jung sterben, fällt vielleicht sogar Corlin zurück an Lys und dessen Sohn. Das wird vermutlich Erebos’ größte Angst sein.“
„Lys hat nur das Wohl aller im Sinn. Ihm liegt nicht an persönlicher Bereicherung und er wird seinen Neffen gewiss nicht umbringen lassen. Ich sehe keinen Grund, ihn anzugreifen, schon gar nicht, wenn dieser tumbe, altersstarrsinnige Narr es mir befiehlt.“ Kumien betrachtete das Silberamulett, als könne es zu ihm sprechen, wenn er es nur intensiv genug versuchte.
„Mein Rat, falls Ihr ihn hören wollt, Mebana: Zwingt Lys dazu, wieder aus den Schatten herauszutreten. Er ist leichter zu kontrollieren, sollte er vor dem Thron stehen statt dahinter, leichter unter Druck zu setzen und besser zu beobachten.“
Kumien schien im Zweifel, doch er öffnete sich Naxanders magisch eingeflüsterten Ideen mit jener Bereitwilligkeit die bewies, dass er bereits selbst in diese Richtung gedacht hatte.
Naxander seufzte verhalten. Lark hatte sich eingemischt und dafür gesorgt, dass aus einem einfachen Plan ein kompliziertes Chaos entstanden war. So wie immer eben.
Kumien sollte wirklich nichts weiter tun, als Fürst Inur von Sorala entführen zu lassen. Archym mitsamt Kronrat hatten sich bereitwillig in Stücke gerissen, um zu verhindern, dass diesem Mann Leid geschah – Lys hatte dafür gesorgt, dass im Falle eines unnatürlichen Todes der gesamte Erzhandel zum Erliegen kommen würde. Niemand hatte sich langfristig dagegen gesträubt, Lys wieder als ersten Thronerben einzusetzen, solange dafür Inurs Heimkehr gesichert war. Lark hatte die Entführung nicht verhindern können, aber dafür hatte er Kumien so lange bearbeitet, bis er Lys zu einem zusätzlichen Spiel herausgefordert hatte:
Nur, wenn Lys es innerhalb von sechs Wochen schaffen würde, das Silberamulett zu finden, würde auch Inurs Familie am Leben bleiben.
Es war nicht notwendig gewesen, Lys ebenfalls irgendetwas einzuflüstern, das hatte Lark vermutlich schon irgendwann in der Vergangenheit getan. Jedenfalls waren Lys und Kirian insgeheim – nicht einmal Archym hatte davon gewusst, und offiziell war Lys weiterhin arretiert! – nach Rashmind gereist, auf der Suche nach einem fähigen Suchmagier.
Die Götter mögen wissen, was für ein Spiel du da getrieben hast, Lark!, dachte Naxander müde. Er hatte nichts geahnt, als Lark ihm vorgeschlagen hatte, dem Stadtrat einen kleinen Scheinerfolg zu gönnen und die Magiergilde zu beschwichtigen. Als urplötzlich Lys und Kirian über das Empfehlungsschreiben eines exilierten onurischen Adligen in Naxanders Stadtvilla erschienen waren und an einem Treffen der
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