Rasputins Erbe
tickt. Vielleicht raucht er nur, wenn er jemanden wie dich in seinem verrückten Apparat eingeschlossen hat? Vielleicht ist das auch so ein Fetisch? Überleg doch mal. Du hast doch die Zigaretten in der komischen Kiste gefunden, oder? Der Mann weiß nicht mehr, was er tut. Er ist gefährlich!“
Als Verena sah, dass Julia von dem absurden Gedanken nicht ablassen konnte, ließ sie sich auf ihre Idee ein. Irgendwie musste sie Julia davon überzeugen können, dass der Mann nicht gut für sie war.
Verena fragte: „Glaubst du ihm? Ich meine, glaubst du, dass er es wirklich nicht war? Dass er von jemandem niedergeschlagen wurde? Dass er nichts von deinem Horrortrip mitbekommen hat? Das ist doch -“ Weiter kam sie jedoch nicht, denn Julia wollte davon nichts hören.
Sie wurde lauter: „Er hatte eine Platzwunde am Kopf, Verena! Meinst du wirklich, er hat sich selbst KO gehauen? Das ist doch bescheuert.“
Verena griff den Gedanken nur zu gern auf und erwiderte, nicht weniger patzig: „Also ich finde, das passt wunderbar in das Gesamtbild. Dem Typen ist alles zuzutrauen. Hast du vergessen, was er dir vorher bereits alles angetan hat? Mit Annabelle? Auf seinem Geburtstag? In der Bar? Du kannst mich anschnauzen wie du willst, aber ich werde nicht zulassen, dass du diesem Freak noch eine Chance gibst! Du hast was Besseres verdient!“
Verena hatte bereits lauter gesprochen, aber Julia antwortete nun schreiend: „Und wenn ich keinen anderen will? Ich weiß doch selbst, wie verrückt das alles klingt!“ Julia dachte außerdem an die unerklärliche Geschichte mit dem Ring und war nun sehr froh, dass sie Verena davon noch nichts erzählt hatte.
Sie fuhr fort und minderte die Lautstärke ein wenig: „Ich finde, dass es einfach nicht zusammen passt. Alexej mag verrückt sein, er mag ein Freak sein, er ist vielleicht sogar ein bisschen gefährlich, aber er ist kein Psychopath, der unschuldige Frauen verstümmelt. Das passt nicht. Das glaube ich nicht. Es kann einfach nicht wahr sein.“ Der letzte Satz klang eher hoffend als wissend.
Verena schaute ihre beste Freundin mitleidig an und erkannte, dass es keinen Sinn machte, Julia mit Tatsachen zu überzeugen. Sie versuchte also eine andere Taktik: „Okay. Du glaubst ihm seine Geschichte. Gut. Wie du meinst. Aber dann erkläre mir bitte, wer dich sonst mit einer Zigarette aus Alexejs Keller verbrannt hat.“
Verena grinste triumphierend und war sich sicher, dass Julia darauf tatsächlich keine Antwort haben würde.
Julia durchfuhr jedoch die schreckliche Erkenntnis wie ein Blitz und ihre Augen weiteten sich ängstlich. Aber sie schüttelte sofort den Kopf - das konnte auch nicht sein. Julia schwieg, obwohl sie ihre Vermutung am liebsten sofort herausposaunt hätte. Es vergingen einige Sekunden, die Verena in ihrer Meinung bestärkten.
Verena packte Julia sanft an ihren nackten Schultern und schaute ihr tief in die Augen: „Ich glaube, dass du in den letzten Wochen einfach zu viel Stress hattest. Du solltest endlich mal ausspannen. Vergiss den verrückten Russen. Lass dich nicht -“
Julia schüttelte erneut den Kopf, diesmal heftiger. Sie wollte ihrer Freundin sagen, was sie dachte. Sie musste ihr einfach glauben.
„Annabelle!“, stieß Julia hervor.
„Wie bitte?“, fragte Verena verwirrt.
„Es war bestimmt Annabelle!“, meinte Julia und nickte bestimmt. Verena guckte weiterhin skeptisch. Es machte keinen Sinn. Sie versuchte es also noch einmal mit reiner Logik: „Raucht Annabelle? Hat sie Zugang zu Alexejs Villa? Traust du ihr das wirklich zu?“
Julia nickte wieder. Ja, ja und nochmals ja, dachte sie. Sie erzählte Verena von der Geburtstagsparty bei Alexej: „Ich habe gesehen, dass Annabelle geraucht hat!“
„Meintest du nicht, dass du selber besoffen warst? Vielleicht hast du dir das nur eingebildet?“, mutmaßte Verena, die sich noch nicht geschlagen geben wollte. Aber irgendwie war sie nun auch nicht mehr ganz sicher. Es war immerhin möglich, dachte sie.
Aber Verena wollte Julia nicht verrückt machen und beschloss daher, erst einmal nicht weiter darauf einzugehen.
Julia schluchzte immer mal wieder laut auf und wirkte kraftlos. Sie hatte eine Gänsehaut bekommen, da sie bereits seit einer knappen Viertelstunde halbnackt in der Umkleidekabine saß. Verena ermunterte ihre Freundin dazu, sich anzuziehen, als die Verkäuferin wieder auftauchte und vor dem Vorhang ihr lächerliches Räuspern hören ließ.
Verena war immer noch geladen und außerdem
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