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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Wilde
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waren.
    Julia fühlte sich erleichtert. Diesmal jedoch wirklich. Sie redete sich ihre Ruhe nun nicht mehr bloß ein. Das Gespräch mit Doktor Gustavsson hatte ihr tatsächlich etwas gebracht. Sie spürte zwar, dass ihr Körper noch schwächelte, aber sie war nun guter Dinge.
    Falls Alexej sie ebenfalls liebte, würde er sich melden, überlegte Julia. Sie hatte sich den Verlauf dieser Beziehung anders vorgestellt. Mit mehr Sex und weniger Tränen. Mit mehr Nähe und weniger Ungewissheit. Aber daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern, dachte sie.
    Julia akzeptierte ihr Schicksal, wie sie es nannte. Carl wusste, dass es sich nicht um Schicksal handelte, aber auch das behielt er für sich. Julia musste selbst erfahren, dass sie für ihr sogenanntes Schicksal verantwortlich war. Und sie musste lernen, dass sie es beeinflussen konnte.
    Carl war mit sich zufrieden. Er schob fast beiläufig den Ärmel seines Kordsakkos zurück und schaute auf die Uhr. Julia fiel plötzlich ein, dass sie seine Zeit schon viel zu lange beanspruchte. Sie erhob sich schlagartig. Das Blut brauchte zu lange, um in ihren Kopf zu gelangen. Sie taumelte wieder und plumpste zurück auf das Sofa.
    Carl ließ einen seiner extrem seltenen Lacher hören: „Warten Sie. Ich glaube, Ihnen würde ein Tee gut tun. Mit Schuss.“
    Julia konnte nicht protestieren und ihr fiel auf, dass sie nun schon zum zweiten Mal in dieser Woche mit Alkohol aufgepäppelt wurde.
    Wenige Minuten später hielt sie ebenfalls eine Tasse mit frischem Friesentee in den Händen. Sie spürte, wie ihr Kreislauf angekurbelt wurde. Ihr Gesicht hatte längst die ursprüngliche Farbe zurückerlangt, aber durch den Tee wurde ihr auch endlich wieder warm.
    Während Julia den Tee trank, dachte sie über ihre verzwickte Situation nach. Die verworrenen Bilder der vergangenen Tage rauschten an ihrem inneren Auge vorbei. Da war Balu, der nackt auf seiner winzigen Couch saß und ihr riet, das Abenteuer zu wagen. Sie hatte es gewagt, aber ihr Vorhaben war gehörig in die Hose gegangen. Balu hatte daran keine Schuld, das wusste Julia.
    Sie sah auch Alexej vor sich. Sie versetzte sich in die Situation im Keller zurück. Julia versuchte, sich vorzustellen, wie Alexej sie gesehen hatte, als sie sich nackt und mit verbundenen Augen vor ihm wand. Hilflos. Willenlos. Der Gedanke erregte sie.
    Für einen kurzen Moment vergaß sie den biederen Psychologen, der sie neugierig beobachtete. Sie schloss die Augen und durchlebte das Spiel noch einmal. Sie spürte Alexejs harten Schwanz in ihrem Schritt. Julia besann sich und schüttelte das Bild ab.
    „Kennen Sie jemanden, der Rasputin heißt?“, fragte sie plötzlich und schaute interessiert zu ihrem Gegenüber hinter dem wuchtigen Schreibtisch.
    „Rasputin? Ja, den Namen habe ich schon einmal gehört. So weit ich weiß war das eine äußerst kuriose Figur aus dem vergangenen Jahrhundert. Ich habe vor Jahren mal etwas über ihn gelesen. Wieso fragen Sie?“, erkundigte sich Carl überrascht.
    „Ach, einfach so“, log Julia und hakte nach: „Was haben Sie denn über ihn gelesen?“
    Carl wertete ihr Interesse an einem scheinbar belanglosen Thema als gutes Zeichen und ging daher weiter darauf ein: „Genau weiß ich es auch nicht mehr. Ich erinnere mich jedenfalls daran, dass der Mann am russischen Zarenhof für Furore gesorgt hat. Er war ein einfacher Bauer, ein Mann aus dem Volk. Er wurde als Riese bezeichnet und soll weit über zwei Meter groß gewesen sein. Allein deswegen war er vermutlich eine eindrucksvolle Erscheinung. Ihm wird nachgesagt, dass er, nun ja, eine Vorliebe für hübsche Frauen hatte. Wenn man den Geschichten glaubt, die immer noch im Umlauf sind, soll er einigen Frauen am Zarenhof selbst nachgestellt haben. Genau das soll ihm wohl auch zum Verhängnis geworden sein. So weit ich weiß, handelt es sich dabei jedoch um unhaltbare Gerüchte.“
    Julia nickte interessiert und fragte sich, ob es sich bei dieser Beschreibung um denselben Rasputin handelte, dessen Ring Pjotr auf etlichen Umwegen erhalten hatte. Ob es der Rasputin war, dem der Ring wirklich gehört hatte. Ob an Julias und auch Katarinas absurder Vermutung eventuell tatsächlich etwas dran war. Sie überlegte einen Moment, ob sie ihrem Psychologen eventuell auch davon erzählen sollte, aber sie ließ es dann doch bleiben. Man weiß ja nicht, wie der gute Mann das aufnehmen würde, dachte sie.
    „Man geht heute davon aus, dass Rasputin verrückt war. Er hat behauptet, dass er

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