Rasputins Tochter
konnte es kaum sagen - „er wird so sehr gehasst?“
„Ja. Es tut mir leid, das zu sagen, unter der richtigen Gesellschaft am eindeutigsten.“
Mir kamen die Tränen und für einen Augenblick war ich sprachlos.
Elena Borisowna, die mich nicht ansehen konnte, starrte weiter aus dem kleinen vergitterten Fenster. „Du solltest dir gewahr sein, dass die Leute in der höchsten Gesellschaft offen über die Notwendigkeit reden, deinen Vater zu beseitigen. Sie sprechen nicht nur offen, sondern auch, wie es getan werden sollte. Und bald.“
„Meinen Sie die Großherzöge?“
„Ja, genau. Sie betrachten deinen Vater als einen großen Schandfleck auf dem Haus Romanow, ein Schandfleck, der gewaltvoll und schnell entfernt werden muss. Sie glauben, dein Vater hat nicht nur das Ansehen des Souveränen Kaisers selbst ruiniert, sondern von ihnen allen ebenso.
„Beinhaltet das Großherzog Dmitri Pawlowitsch?“
Sie drehte sich langsam, doch absichtlich der Tür zu. Könnte jemand auf der anderen Seite sein? Da Elena Borisowna es nicht riskierte, blickte sie direkt zu mir und nickte.
„Ich verstehe“, erwiderte ich.
„Noch schlimmer, es gibt Tratsch, dass deutsche Spione euer Haus unterwandert und deinen Vater umzingelt haben.“
„Ich habe das auch gehört, aber es sind nichts als Lügen!“
„Ich weiß, aber so ist das Gerede.“
Meinen Mut sammelnd, schnitt ich ein Thema an, das zwei Frauen nie ansprechen sollten. „Können Sie mir bitte sagen, was die wahre Beziehung zwischen dem Großherzog und Fürst Felix ist?“
Das Gesicht der alten Frau erbleichte bei der Frage; dann kehrte sie zu mir zurück und nahm wieder sanft meine Hände in ihren Griff, und fast flüsternd sagte sie: „Der Großherzog ist natürlich ein Liebhaber von vielen Frauen, und der Fürst ist natürlich mit der eigenen Nichte des Zaren verheiratet, aber …“ Sie hielt inne, wobei sie ihren eigenen Atem aufnahm, als ob sie Angst hätte, die Worte zu sprechen. „Aber unter genau diesem Dach habe ich die Leidenschaft gesehen, die die beiden Männer zueinander haben. Es gibt häufiges Berühren und gegenseitiges Küssen, so viel haben alle Diener in dem Palast mit ihren eigenen Augen gesehen. Ich glaube jedoch, dass die wahre Natur ihrer Beziehung dunkler ist, sogar … lüstern.“
Also, nun wurde es von einem Augenzeugen bestätigt: Der Fürst und der Großherzog waren Liebende. Aber wie machte sie das für meinen Vater gefährlich? Oder waren sie es nicht? Gab es nicht etwas weitaus Beunruhigenderes - die Verschwörung durch die älteren Romanow-Onkeln, die danach trachteten, den Bauern loszuwerden, der in ihre Familie eingedrungen war? Natürlich konnte die Gefahr, die von dem jungen Großherzog ausging, von weitaus sinnlicherer Natur sein. Ja, äußerst eindeutig. So schrecklich wie es klang, Großherzog Dmitri könnte danach trachten, Papa aus Gründen des Fleisches zu vernichten. Er könnte meinen Vater als eine Art Rivalen des Objekts seiner eigenen Zuneigung sehen, Fürst Felix. Oder waren die Dinge noch verdrehter, als ich ergründen konnte? Konnten der Großherzog und Fürst Felix zusammenarbeiten, nicht, um meinen Vater zu töten, sondern vielleicht, um mit ihm zu schlafen? Ich wusste von vielen Frauen, die um meinen Vater scharwenzelten, die bettelten, von ihm genommen zu werden. Dann wiederum konnte es etwas ganz und gar anderes sein. Vielleicht war es wirklich wahr, vielleicht existierte die viel gemunkelte Chlyst -Arche der Adeligen, angeführt von dem sagenhaften Fürst O’ksandr, die sich heimlich unter einem Palast versammelten, und diese beiden jungen Männer gehörte zu dieser heimlichen Gruppe. Aber sogar in diesen dunklen, verzweifelten Kriegstagen konnten diese jungen Adeligen wirklich versuchen, meinen Vater in ihre mysteriöse Welt zu ziehen? Ziemlich möglich. Und doch … obwohl ich die drei Punkte sehen konnte - meinen Vater, Fürst Felix und Großherzog Dmitri - konnte ich sie nicht in einem Dreieck verbinden, zumindest in keines, das Sinn machte.
„Aber Elena Borisowna, ist das einfach alles ein Spiel für Großherzog Dmitri und Fürst Felix? Spielen sie bloß mit einem unschuldigen Bauern, wobei sie sehen, was sie ihn tun lassen können, oder was sie aus ihm herausbekommen können?“
„Absolut nicht“, sagte sie ziemlich ernst. „Bitte, die Gefahren sind sehr real. Jeder weiß, dass das Land dabei ist überzukochen. Es wird von nichts sonst geredet, und ich habe keinen Grund, es zu anzuzweifeln.
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