Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Alexander
Vom Netzwerk:
legte.
     
    Weniger als eine Stunde später öffnete sich ein Paar schwere schwarze Eisentore vor uns und die königliche Limousine fuhr uns wieder zu den Stufen des Aleksander-Palastes. Ich dachte an den Schmerz des Jungen, an das Elend der Kaiserin … und an die schrecklichen Dinge, die ständig über sie gesagt wurden. Sogar ihre eigene Schwiegermutter, die Kaiserinwitwe Maria Fjodorowna, hatte sie eine Verräterin genannt, zuerst, weil sie vier Töchter hintereinander geboren hatte, und dann, weil sie einen so kränklichen Jungen geboren hatte. Um alles schlimmer zu machen, war der Hof der Kaiserinwitwe voll von bösen Klatschmäulern, hochgeborene Persönlichkeiten, die die böseste Geschichte an alle Höfe von allen Großherzogen und darüber hinaus verbreiteten. Es gab sogar Geschwätz, dass Aleksandra Fjodorowna eine geheimes Telegrafenkabel hatte, das sich vom malvenfarbenen Boudoir bis zu ihrem heimatlichen Deutschland und den Büros ihres Cousins, Russlands Todfeind, Kaiser Wilhelm, erstreckte, mit dem wir so lange im Krieg waren. Jedes Mal, wenn ich das hörte, schauderte ich, denn ich konnte nicht umhin, außer an die arme Marie Antoinette zu denken, die Tochter der österreichischen Monarchin, die die Franzosen als die Austriechienne , die österreichische Hündin, bezeichnet hatten
    Aber keine der aufwiegelnden Geschichten, die man über die Kaiserin erzählte, stimmte. Nicht eine. Und doch glaubte praktisch jeder Russe sie, weil die Geschichten erzählt und wieder erzählt, gehört und wieder so oft gehört wurden, dass schließlich niemand ihre Authentizität anzweifelte. Es gab angebliche Augenzeugen überall.
    Russland war lange eine Arie auf der Suche nach einer Tragödie gewesen, und als Papa und ich aus den tiefen Sitzen der Delaunay-Belleville-Limousine stiegen und die Stufen hochgingen, fragte ich mich, ob mein Vater imstande sein würde, dem Finale der zum Scheitern verurteilten Oper zuvorzukommen. Oder waren wir zu spät? Ich konnte es nicht sagen, nicht nach den Tränen, die die großen runden Wangen von Madame Wyrubowa hinunterliefen, die uns wieder oben auf den Stufen begrüßte. Den Frost vergessend, stand sie heute einfach dort und trug ein graues Kleid und lehnte schwer auf Krücken.
    „Danke für Ihr Kommen, Vater Grigori“, sagte sie und küssten Papas Hand überschwänglich. „Der Junge, er … er -“
    „Ja, ich weiß“, sagte Vater mit einer göttlichen Autorität. „Er ist noch bei uns.“
    „Und -“
    „Das weiß ich ebenso. Batuschka “, der liebe Vater, den Zar meinend, „ist nach Hause zurückgekehrt.“
    „Vor nicht mehr als zehn Minuten.“
    „ Eto choroscho .“ Gut.
    Wie mein Vater diese Dinge wusste, wusste ich nicht, doch wusste ich, dass er Recht hatte, denn bei jedem Schritt schien eine Aura deutlicher um ihn zu wachsen. War es der Dorsch? Hatten die endlosen Mengen an Fisch, die er konsumierte, seine Seele so klar gemacht, seinen Körper so gereinigt, das er tatsächlich ein himmlisches Fahrzeug geworden war? Oder war er durch seine Sitzung mit der Prostituierten Anisia gereinigt worden?
    Als wir die oberste Stufe erreichten, blickte Madame Wyrubowa mich nervös an und sagte zu meinem Vater: „Vater Grigori, ich denke, es ist besser, wenn das Kind nach Hause zurückkehrt. Sie wissen, wie die Kaiserin nicht -“
    „Ich bin noch erschöpft von der Nacht unlängst“, sagte Papa förmlich. „Dieser Nachmittag und Abend werden lange und hart sein … meine Tochter bleibt. Sie wird mir helfen.“
    „Natürlich, Vater“, erwiderte der mächtigste Höfling der Nation und verbeugte sich unterwürfig. „Es ist, wie Sie wünschen.“
    „Es ist, wie es gebraucht wird.“
    Minuten bevor wir zu den Toren vorgefahren waren, hatte Papa meine Hand umfasst und mir die Einzelheiten der anderen Nacht erzählt, als wir so spät gekommen waren und ich weggeschickt worden war. Aleksei war an einer Erkältung erkrankt und nieste. So war natürlich die Natur jeder Erkältung, nur der Junge hatte ausgiebig aus der Nase geblutet.
    Kompressen waren vergebens angelegt worden. Die Ärzte waren gerufen worden und die Nase des Jungen wurde verätzt, was nichts getan hatte, außer Schmerzensschreie von Aleksei Nikolaewitsch hervorgerufen, dem nie dergleichen wie Morphium gegeben wurde. Wie immer hatten die besten und feinsten Ärzte von ganz Europa nichts tun können, daher war schließlich Papa gerufen worden. Und nur viele Stunden von Papas Gebeten neben dem Bett des Erben

Weitere Kostenlose Bücher