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Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Alexander
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Fassade des Palastes in Sicht kam, fragte ich mich, wo im Namen Gottes mein Vater dort drinnen sein könnte, in welchem Flügel, auf welchem Stockwerk. Oder war er überhaupt dort drinnen? Wenn zufällig alles ein Trick war, falls Fürst Felix meinem Vater tödlichen Schaden zufügen wollte, könnte er ihn sonst wohin gefahren haben? Als ich geradeaus blickte, erspähte ich Lichter, die in einem Eckzimmer brannten. Ich hoffte nur, dass es wirklich ein Fest war, dass Papa dort drinnen war, tanzte und seinen Madeira trank. Aber wie würde ich hineingelangen, um es herauszufinden? Egal, wessen Tochter ich war, es gab keinen Weg, dass ich eingelassen werden würde, nicht zu dieser Stunde und nicht in meinem einfachen Kleid. Auch wenn ich an der Vordertür eine Szene machen würde, würde mir der Eintritt nicht erlaubt werden, noch würde mein Vater, falls er tatsächlich dort war, mich hören können.
    Zu einer Seitengasse zeigend, schrie ich zu dem pelzbedeckten Fahrer hinauf: „Fahren Sie dort vor!“
    In einem Riesenbogen kam die Troika in die schmale Straße gefahren und verlangsamte zu einem gemütlichen Stillstand.
    „Warten Sie hier“, sagte ich zu dem Fahrer, als ich aus dem hinteren Teil kletterte. „Ich bin in fünfzehn Minuten zurück.“
    „Nun Moment mal, junge Dame, ich wurde nicht erst gestern geboren. Wie weiß ich, dass Sie zurückkommen werden … und wie weiß ich, dass ich meine Rubel bekomme?“
    „Wir wohnen Gorochawaja vierundsechzig, dritter Stock. Wenn ich nicht zurückkomme, fahren sie dorthin und bitten unsere Haushälterin, Dunja, um das Geld. Im Namen von Christos verspreche ich, dass Sie bezahlt werden.“
    Als er seinen Kopf schüttelte und seine Augen verdrehte, sagte er: „Fünfzehn Minuten, nicht mehr!“
    „Na gut.“
    Während ich meinen Umhang fest um mich zog, eilte ich davon. Innerhalb von ein paar schnellen Schritten tauchte ich auf der Straße auf, bog nach links ab und überquerte den Granitgehsteig entlang des Kanals. Gleich vorne erhob sich der Jusupow-Palast, so massiv und schlicht, beinahe so Furcht einflößend wie ein Gefängnis, in der verschneiten Nacht.
    O Papa, dachte ich, bist du dort drinnen?
    Wie in Erwiderung hörte ich deutlich in meinem Verstand ein stilles Flehen: Ja, Marotschka, süße Tochter von mir. Komm schnell, schnell!
    Plötzlich durchflutete mich ein Gefühl der Vergebung, und in diesem Augenblick wusste ich nicht nur, wie sehr mein Vater mich brauchte, sondern wie tief Papa und ich verbunden waren, wie viel von mir einfach er war, sowohl wortwörtlich als auch spirituell. Im nächsten Augenblick jedoch fühlte ich einen Schock von Todesfrucht durch mich fahren. Etwas Schreckliches hatte sich schon gegen ihn ereignet. Ich wusste es sicher, denn ich konnte seine Schmerzen in meiner Seele fühlen.
    Schaudernd eilte ich vorwärts und folgte dem Ufer der gefrorenen Moika. An diesem Ende des Palastes war ein Hof, der von der Straße durch eine kurze Steinmauer und einem Tor getrennt war. Und während ich weder Automobil noch Kutschte drinnen geparkt sah, erspähte ich eine kleine Dienstbotentür, versteckt in der Seitenmauer des Palastes selbst. Vorne konnte ich nur wenige Lichter an dem ausgedehnten Gebäude sehen, die meisten davon in der Ecke, die am nächsten zu mir war. Das machte Sinn. Paläste so riesig wie dieser waren gewöhnlich aufgeteilt, ein Flügel für die Eltern, einer für die jüngere Generation. Ja, diese erleuchteten Zimmer waren zweifellos ein Teil von Fürst Felix‘ Gemächern; wer sonst würde so spät auf sein? Sogar als ich mich dem Bau näherte, hörte ich lärmende Festlichkeit - Musik tatsächlich. Als ich innehielt, hörte ich ein Lied durch die Doppelglasfenster plärren. War der Fürst Gastgeber einer Soirée von gewisser Art? Waren das die Klänge einer kleinen Kapelle? Ich konnte es nicht wirklich sagen. Ich konnte drinnen Schatten sehen, Bewegung, aber nichts Spezifischeres, denn schwere Vorhänge umrahmten die Seiten der Fenster und Spitzengardinen verdeckten die Mitte.
    Das gusseiserne Geländer entlang des Dammes umfassend, eilte ich weiter, ließ den Blick über die Fassade des Palastes schweifen, der sich etwa drei oder vier Stockwerke erhob. Es musste mehr als fünfzig oder sechzig große rechteckige Fenster geben, die zur Straße gingen, und alle, außer sehr wenigen, waren dunkel. Als ich sechs hohe weiße Säulen erreichte, die den Eingang einfassten, sah ich den livrierten Portier gleich drinnen sitzen und

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