Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raststätte Mile 81

Raststätte Mile 81

Titel: Raststätte Mile 81 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Telefonperson!«, rief Rachel in das Handy, und bei dem Wort tot begann Blakie wieder zu heulen.
    Die 911-Lady schwieg einen Augenblick. Dann fragte sie mit gar nicht mehr amüsiert klingender Stimme: »Wo bist du, Rachel Ann?«
    »Bei dem leeren Restaurant! Dem mit den orangenen Fässern!«
    Blakie setzte sich und legte den Kopf auf die Arme. Rachel tat das auf eine Weise weh, wie ihr noch nie etwas wehgetan hatte. Es tat ihr tief im Herzen weh.
    »Das sind nicht genügend Informationen«, sagte die 911-Lady. »Kannst du dich etwas detaillierter ausdrücken, Rachel Ann?«
    Rachel wusste nicht, was detailliert bedeutete, aber sie wusste, was sie sah: Der Hinterreifen des Kombis dicht vor ihnen begann leicht zu schmelzen. Ein Fangarm aus etwas, was wie flüssiger Gummi aussah, kroch langsam über den Asphalt auf Blakie zu.
    »Ich muss gehen«, sagte Rachel. »Wir müssen von dem bösen Auto weg.«
    Sie zog Blakie hoch und starrte dabei den schmelzenden Reifen an. Der Fangarm aus Gummi zog sich bereits zurück (weil er wusste, dass sie außer Reichweite waren, dachte sie), und der Reifen sah allmählich wieder wie ein Reifen aus, aber das genügte Rachel nicht. Sie zerrte Blake die Einfahrt entlang weiter in Richtung Turnpike.
    »Wohin gehen wir, Rachie?«
    Weiß ich nicht.
    »Weg von dem Auto.«
    »Ich will meine Transformers!«
    »Nicht jetzt, später.« Sie hielt Blakes Hand fest umklammert und bewegte sich weiter mit ihm rückwärts in Richtung Turnpike, auf dem die wenigen Autos mit siebzig oder achtzig Meilen die Stunde vorbeirasten.
    *
    Nichts war so durchdringend wie das Kreischen eines Kindes; es gehörte zu den effektivsten natürlichen Überlebensmechanismen. Pete Simmons’ Schlaf war schon zu kaum mehr als einem Dösen abgeflacht. Als Rachel die 911-Lady ankreischte, hörte er sie also und wachte endlich ganz auf.
    Er setzte sich auf, fuhr zusammen und griff sich an den Kopf. Er tat weh, und Pete wusste, was für Schmerzen das waren: der gefürchtete KATER . Seine Zunge war pelzig und sein Magen durcheinander. Kein Ich-muss-kotzen-Durcheinander, aber trotzdem durcheinander.
    Gott sei Dank hatte er nicht noch mehr getrunken, dachte er und stand auf. Er ging zu einem der mit Drahtgitter gesicherten Fenster, um zu sehen, wer da kreischte. Was er sah, gefiel ihm nicht. Einige der orangeroten Fässer, mit denen die Einfahrt verbarrikadiert gewesen war, waren umgestürzt, und dort unten standen jetzt Autos . Mehr als nur eins.
    Dann sah er zwei Kinder – ein kleines Mädchen in rosa Jeans und einen kleinen Jungen, der Shorts und ein T-Shirt trug. Er erhaschte nur einen kurzen Blick auf sie, aber der zeigte ihm, dass sie rückwärts gingen, als hätte etwas sie erschreckt; dann verschwanden sie hinter etwas, was Pete für einen Pferdeanhänger hielt.
    Irgendwas stimmte hier nicht. Obwohl dort unten nichts nach einem Unfall aussah, musste etwas geschehen sein. Sein erster Impuls war es, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, bevor er in das, was auch immer sich ereignet hatte, verwickelt wurde. Er schnappte sich seine Satteltasche und machte sich auf den Weg zur Küche und der Laderampe dahinter. Dann blieb er stehen. Dort draußen waren Kinder. Kleine Kinder. Viel zu klein, um allein am Rand einer Schnellstraße wie der I-95 zu sein, und er hatte nirgends Erwachsene gesehen.
    Irgendwo müssen welche sein, hast du die Autos nicht gesehen?
    Ja, er hatte die Autos gesehen – und einen Pick-up mit Pferdeanhänger –, aber keine Erwachsenen.
    Ich muss dort raus. Selbst wenn es vielleicht Ärger gibt, muss ich dafür sorgen, dass diese dämlichen Kids nicht über den ganzen Turnpike verteilt werden.
    Pete hastete zum Ausgang des Burger Kings, fand ihn abgesperrt und stellte sich selbst die Frage, die von Normie Therriault gekommen wäre: He, Nachgeburt, hat deine Mutter denn auch Kinder gekriegt, die am Leben geblieben sind?
    Pete warf sich herum und stürmte zur Laderampe hinaus. Durchs Rennen wurden die Kopfschmerzen schlimmer, aber er ignorierte sie. Er legte die Satteltasche auf den Beton, rutschte rückwärts über die Kante und sprang. Er kam dumm auf und prellte sich das Steißbein, ignorierte aber auch das. Er rappelte sich auf und warf einen sehnsüchtigen Blick in Richtung Wald. Er konnte jetzt einfach verschwinden. Wahrscheinlich würde ihm das viel Ärger ersparen. Die Vorstellung war schrecklich verlockend. Das Ganze hier war kein Film, in dem der gute Kerl immer automatisch die richtigen

Weitere Kostenlose Bücher