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Raststätte Mile 81

Raststätte Mile 81

Titel: Raststätte Mile 81 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine Idee mit. Vor ein paar Stunden hatte Pete gehofft, Normie Therriault und dem Rest der Rip-Ass-Raiders etwas vorführen zu können, was sie so verblüffen würde, dass sie ihn in ihre Gruppe aufnehmen würden. Dann hatte sein großer Bruder George ihn jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Den Babytrick haben die doch alle schon tausendmal gesehen.
    Schon möglich, aber vielleicht hatte das Ding dort drüben ihn noch nicht tausendmal gesehen. Oder auch nur einmal. Vielleicht gab es dort, wo es herkam, keine Vergrößerungsgläser. Oder auch gar keine Sonne. Pete erinnerte sich an eine Doctor-Who -Folge über einen Planeten, auf dem es ständig finster war.
    In der Ferne konnte er eine Sirene hören. Ein Cop war unterwegs zu ihnen. Einer, der nicht glauben würde, was kleine Kinder sagten, denn aus Erwachsenensicht redeten kleine Kinder immer nur Mist.
    »Ihr bleibt hier, Leute. Ich will was versuchen.«
    »Nein!« Das kleine Mädchen umklammerte sein Handgelenk mit Fingern wie Krallen. »Es frisst dich auch!«
    »Ich glaube nicht, dass es sich viel bewegen kann«, antwortete Pete und machte seine Hand frei. Sie hatte ihm ein paar blutende Kratzer zugefügt, aber er war nicht wütend darüber und machte ihr auch keine Vorwürfe. Wahrscheinlich hätte er das Gleiche getan, wenn es seine Eltern gewesen wären. »Ich glaube, dass es dort festsitzt.«
    »Es kann sich strecken«, sagte sie. »Mit seinen Reifen. Die schmelzen.«
    »Okay, ich passe auf«, sagte Pete. »Aber ich muss was versuchen. Weil du recht hast. Die Cops werden kommen, und es wird auch sie fressen. Bleibt hier.«
    Pete ging auf den Kombi zu. Als er nahe dran war (aber nicht zu nahe), zog er den Reißverschluss der Satteltasche auf. Ich muss was versuchen, hatte er den Kids erzählt, aber die Wahrheit war etwas schlichter: Er wollte es versuchen. Das würde wie ein naturwissenschaftliches Experiment sein. Wenn er das jemand erzählte, würde es vermutlich verrückt klingen, aber er brauchte es nicht zu erzählen. Er musste es einfach nur tun. Sehr … sehr … vorsichtig.
    Er schwitzte. Seit die Sonne schien, war es warm geworden, aber das war nicht der einzige Grund, und das wusste er. Er sah auf und kniff die Augen wegen der Helligkeit zusammen. Versteck dich nicht wieder hinter einer Wolke. Trau dich bloß nicht. Ich brauch dich nämlich.
    Er nahm das Richforth-Vergrößerungsglas aus der Satteltasche und bückte sich, um die Tasche auf den Asphalt zu stellen. Seine Kniegelenke knackten, und die Fahrertür des Kombis schwang eine Handbreit auf.
    Es weiß, dass ich hier bin. Ich weiß nicht, ob es mich sehen kann, aber es hat mich eben gehört. Und vielleicht riecht es mich.
    Er machte noch einen Schritt. Nun war er dicht genug heran, um die Flanke des Kombis berühren zu können. Das heißt, wenn er töricht genug gewesen wäre, das zu tun.
    »Vorsicht!«, rief das kleine Mädchen. Sie und ihr Bruder standen jetztbeide und hatten die Arme umeinander gelegt. »Nimm dich davor in Acht!«
    Vorsichtig – wie ein Junge, der in einen Löwenkäfig griff – streckte Pete das Vergrößerungsglas aus. Auf der Seite des Kombis erschien ein runder Lichtfleck, aber er war zu groß. Zu schwach. Er brachte das Vergrößerungsglas näher heran.
    »Der Reifen!«, kreischte der kleine Junge. »Pass auf den REI-III-FEN auf!«
    Pete sah nach unten und stellte fest, dass einer der Reifen schmolz. Ein grauer Fangarm sickerte über den Asphalt auf einen seiner Chucks zu. Weil er nicht zurückweichen konnte, ohne sein Experiment aufzugeben, hob er den Fuß und stand wie ein Storch auf einem Bein. Der Fangarm aus grauem Schleim änderte sofort die Richtung und hielt auf den anderen Fuß zu.
    Nicht viel Zeit.
    Er führte das Vergrößerungsglas näher heran. Der Lichtkreis schrumpfte zu einem leuchtend weißen Punkt. Einen Augenblick lang passierte nichts. Dann begannen dünne Rauchfäden aufzusteigen. Die schlammige weiße Oberfläche unter dem Punkt wurde schwarz.
    Aus dem Inneren des Kombis kam ein unmenschlicher Knurrlaut. Pete musste gegen alle Instinkte seines Gehirns und Körpers ankämpfen, um nicht wegzulaufen. Seine Lippen wichen zurück und ließen ein Zähnefletschen mit verzweifelt zusammengebissenen Zähnen sehen. Er hielt das Richforth ganz ruhig und zählte im Kopf die Sekunden mit. Er war bei sieben angelangt, als das Knurren zu einem schrill gellenden Kreischen anwuchs, das ihm den Schädel zu spalten drohte. Hinter ihm ließen Rachel und Blake

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