Ratgeber Magersucht
Sie darin unterstützen, nicht zu erbrechen. Sagen Sie sich z. B. nach dem Essen: „Ich habe nicht zuviel gegessen, sondern nur meinen Essplan eingehalten“, „Das Völlegefühl wird bald nachlassen“. Tragen Sie diese Karte bei sich.
Wichtig ist dabei allerdings, dass das Auftreten von Heißhungeranfällen bei deutlichem Untergewicht auch zu großen Anteilen rein körperlich bedingt ist und mit Willenskraft wenig zu tun hat. In der weiteren Therapie geht es dann darum, schwierige Situationen anders als mit einem Essanfall oder Erbrechen zu bewältigen (vgl. Kapitel 3.2.3 ).
3.2.2 Bearbeitung der Körperschemastörung
Viele von Magersucht Betroffene leiden darunter, dass sie sich im Ganzen oder Teile des Körpers, oft an Bauch, Po, oder Oberschenkeln, trotz deutlichen Untergewichts als zu dick, zu breit oder unproportioniert empfinden und auch so im Spiegel wahrnehmen. Die Betroffenen liegen oft regelrecht im Kampf mit ihrem eigenen Körper. Teilweise bestehen falsche Vorstellungen über ein normales Aussehen (z. B. „Wenn ich aufrecht stehe, sollten sich meine Oberschenkel nicht berühren“). Viele Betroffene nehmen ihren Körper kaum noch wahr („unterhalb des Halses höre ich auf“), meiden es, sich im Spiegel anzusehen oder an sich herabzuschauen, verhüllen sich mit weiter Kleidung. Die Wahrnehmung eines scheinbaren körperlichen „Makels“ kann aber auch zu übermäßiger Körperpflege wie wiederholtem Duschen und starkem Schminken führen. In der Öffentlichkeit kontrollieren die Betroffenen ihre Körperhaltung und ihre Bewegungen, um den „Makel“ zu verbergen.
In der Therapie der Magersucht gibt es verschiedene Ansatzpunkte, um Ihnen dabei zu helfen, sich wieder realistisch wahrzunehmen, zu einem besseren Körpergefühl zurückzufinden und sich mit dem eigenen Körper und einem gesunden Körpergewicht zu versöhnen. Einigen Betroffenen hilft schon allein die Gewichtszunahme dabei, die eigenen Körperformen wieder realistischer wahrzunehmen. Trotz eines höheren Gewichts können diese Betroffenen auf einmal sehen, wie dünn sie sind. Auch die verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers scheint demnach teilweise eine Folge des Untergewichts zu sein.
In der Therapie gibt es zwei wichtige Strategien zur Verbesserung der verzerrten Körperwahrnehmung: Einerseits geht es darum, sich wieder mit dem eigenen Körper zu konfrontieren, andererseits aber auch darum, wieder positive Körperfahrungen zu machen und die Genussfähigkeit zu fördern.
Sie werden ermutigt werden, wieder Dinge zu tun, die Sie bisher gemieden haben. Wenn Sie es z. B. vermeiden, sich im Spiegel zu betrachten, könnte eine Übung sein, sich wieder mit dem eigenen Spiegelbild auseinanderzusetzen. Falls Sie Ihren Körper verhüllen, könnten Sie einmal figurbetontere Kleidung tragen. Man weiß, dass sich viele Magersüchtige im Spiegel zu dick wahrnehmen, dass es ihnen aber auf einem Video eher gelingt, sich realistisch zu sehen. In der Therapie kann Ihr Therapeut von Ihnen eine Videoaufnahme anfertigen, die Sie dann gemeinsam anschauen und auswerten. Alle diese Übungen fördern, dass Sie die Angst vor dem eigenen Körper abbauen und zu einem realistischeren Bild von sich zurückfinden. Am Anfang werden Ihnen diese Übungen schwer fallen, aber mit zunehmender Wiederholung werden Sie merken, dass es Ihnen immer leichter fällt.
Genauso wichtig ist es aber, dass Sie sich zur Förderung Ihrer Körperakzeptanz auch wieder auf die Suche nach positiven Körpererfahrungen machen. Gemeinsam mit Ihrem Therapeuten können Sie mögliche Aktivitäten sammeln, die positive Körpererfahrungen erzeugen können, z. B. ein Besuch in der Sauna, sich im Schwimmbad treiben lassen, statt Bahnen zu ziehen, sich auf einer Parkbank in die Sonne setzen und der Wärme nachspüren. Das soll Ihnen dabei helfen, Ihren Körper nicht mehr als „Feind“ zu betrachten, sondern sich auf liebevolle und zugewandte Weise wieder mit sich selbst zu beschäftigen. In der Therapie werden Sie darüber hinaus mit Ihrem Therapeuten die negativen Annahmen über Ihr eigenes Aussehen hinterfragen.
In der stationären Therapie gibt es meist weitere hilfreiche Angebote (z. B. körperwahrnehmungsorientierte Bewegungstherapie, Entspannungstraining, Kunsttherapie) zur Förderung der Körperakzeptanz.
3.2.3 Bearbeitung der zugrunde liegenden
Problembereiche
Wenn sich die Essstörungssymptomatik verbessert, treten oft andere Problembereiche in den
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