Ratgeber Magersucht
Portionsgrößen völlig verloren haben, können Sie durch einen Essplan unterstützt werden, in dem Sie mit Ihrem Therapeuten festlegen, was, wie viel und wann Sie essen. So können Sie Erfahrungen sammeln, ob Sie z. B. tatsächlich von bestimmten Nahrungsmitteln übermäßig und schnell zunehmen oder die Kontrolle über sich verlieren, wenn Sie auch nur etwas mehr essen, als Sie sich sonst erlauben. Meist werden Sie feststellen, dass die befürchtete rasche Gewichtszunahme nicht eintrifft, sondern dass Sie viel größere Mengen zu sich nehmen müssen, um eine Gewichtszunahme zu erreichen. In der Therapie werden Sie zumindest phasenweise Ihr Essverhalten mithilfe von Essprotokollen selbst beobachten, um Auslöser für problematisches Essverhalten herauszufinden, aber auch Fortschritte zu dokumentieren.
Sie können hierfür auch das Essprotokoll nutzen, welches in Arbeitsblatt 2 dargestellt ist.
Nahrungsmittel, die Sie sich bisher verboten haben, sollen schrittweise wieder in den Essplan aufgenommen werden.
Um sich eine Übersicht über die Nahrungsmittel zu verschaffen, die Sie jetzt meiden oder nur zu sich nehmen, wenn Sie sie im Anschluss wieder erbrechen können, können Sie in Arbeitsblatt 3 eine sogenannte „Schwarze Liste“ verbotener Nahrungsmittel ausfüllen.
Dabei wird niemand von Ihnen erwarten, dass Sie Ihr Verhalten von heute auf morgen völlig ändern können. Mit Ihrem Therapeuten können Sie Ihre Ängste und Befürchtungen in Zusammenhang mit dem veränderten Essverhalten besprechen und Lösungen für die Probleme erarbeiten.
In schweren Fällen, wenn der Betroffene durch die Nahrungsaufnahme in Selbstverantwortung überfordert ist, kann ein Teil der Gewichtszunahme auch durch künstliche Ernährung wie z. B. Sondenernährung oder Infusionen in einer internistischen Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses erreicht werden. Dann kann die Verantwortung für die Gewichtszunahme ganz abgegeben werden. Dies sollte allerdings nur für eine begrenzte Zeit vereinbart werden. Ihr Ziel sollte sein, möglichst bald selbst wieder Verantwortung für das Zunehmen und für Ihr Essverhalten zu übernehmen.
Wenn zusätzlich auch bulimische Symptome auftreten, müssen diese in der Therapie mit berücksichtigt werden. Durch den Mangelzustand des Körpers ist es sogar ganz logisch, dass intensive Heißhungergefühle entstehen, die Sie dazu bringen sollen, den Mangelzustand durch Essen auszugleichen. Heißhungeranfälle und selbsterzeugtes Erbrechen lassen deshalb oft schon durch das regelmäßige Essen und die Gewichtszunahme nach. Aber es gibt oft noch zusätzliche weitere Auslöser (vgl. Kasten).
Typische Auslöser für Heißhungeranfälle und Erbrechen
– Langeweile, innere Leere,
– Einsamkeit, Traurigkeit, Frustration, Wut, Ärger, Enttäuschung, Hilflosigkeit, Schuld, Versagen und andere intensive negative Gefühle,
– aber auch positive Gefühle wie Freude,
– zwischenmenschliche Konflikte,
– mangelndes Äußern eigener Bedürfnisse,
– mangelnde Wahrnehmung eigener Gefühle und Anspannungszustände,
– Stresssituationen.
Gemeinsam mit Ihrem Therapeuten werden Sie falls notwendig neben der Normalisierung des Essverhaltens und der Gewichtszunahme weitere Strategien erarbeiten, um diese Anfälle zu verhindern. Der folgende Kasten fasst einige erste hilfreiche Strategien zur Reduktion von Heißhungeranfällen und Erbrechen zusammen.
Strategien zur Verhinderung von Heißhungeranfällen und Erbrechen
1. Sich durch Aktivitäten ablenken: Überlegen Sie sich Aktivitäten, die Sie gern durchführen, wie z. B. eine Freundin anrufen, einen Spaziergang machen, ein heiße Dusche nehmen. Notieren Sie diese z. B. auf Karteikarten, damit Sie sie bei dem Bedürfnis nach einem Essanfall parat haben und nicht erst lange überlegen müssen. Führen Sie, wenn Sie das nächste Mal das Bedürfnis nach einem Essanfall haben, eine dieser Aktivitäten durch.
2. Verzögern: Verpflichten Sie sich, den Essanfall eine bestimmte Zeit, z. B. 45 Minuten, aufzuschieben. Das Bedürfnis zu essen oder zu erbrechen lässt mit der Zeit nach. Nutzen Sie die Zeit dazu, detailliert aufzuschreiben, was passieren würde, wenn Sie Ihrem Drang zu essen oder zu erbrechen nachgeben bzw. widerstehen würden. Welche Konsequenzen würden sich für Ihr Befinden ergeben? Was geschieht kurz-, was langfristig?
3. Sich durch Gedanken ablenken: Sammeln Sie auf einer Karte hilfreiche Gedanken, die
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