Ratgeber Magersucht
Essverhaltens auch ohne Medikamentengabe auf. Bei Zwangserkrankungen haben sich ebenfalls einige der neueren Antidepressiva als hilfreich zur Linderung der Zwänge erwiesen. Zustände starker innerer Anspannung z. B. können u. a. durch niedrigpotente Neuroleptika gemildert werden.
Depressionen und Zwänge können jedoch parallel zur Essstörung oft allein mit Psychotherapie sehr gut behandelt werden. Ob für Sie eine Kombination mit Psychopharmaka notwendig ist, sollten Sie immer mit Ihrem Behandler absprechen und entscheiden.
3.5 Was kann ich zu meiner Behandlung beitragen?
Verständlicherweise werden Sie Ihre problematischen Verhaltensweisen nur schrittweise aufgeben können und so ist es einleuchtend, dass es in der Behandlung zu Rückschlägen und (wahrgenommenen) Misserfolgen kommen kann. Der wichtigste Beitrag, den Sie dabei zu Ihrer Behandlung leisten können, ist, dass Sie die entstehenden Schwierigkeiten offen ansprechen.
Dies ist allerdings aus zwei Gründen nicht ganz einfach. Erstens haben viele Magersüchtige extrem hohe Erwartungen an sich selbst. Dies liegt an der oft hohen Leistungsorientierung oder auch einem „Alles-oder-Nichts“-Denken nach dem Motto: „Wenn ich nicht alles 100 %ig schaffe, dann habe ich komplett versagt.“ Wenn schnelle Erfolge, die häufig auch vom sozialen Umfeld erwartet werden, fehlen, wird dies schmerzhaft als Versagen erlebt.
Zum Zweiten entsteht die Neigung, Probleme herunterzuspielen oder zu verheimlichen, meist durch die große Angst vor Veränderung, nicht etwa aus mangelnder Bereitschaft, etwas zu verändern. Das Zugeben von Problemen und Rückschlägen ist mit der Angst verbunden, dass das Umfeld eine sofortige Veränderung erwartet. Machen Sie sich bewusst, dass Sie niemand zu einer Veränderung zwingen kann. Ihr Therapeut kann Ihnen nur „die Tür aufhalten“, hindurchgehen müssen Sie selbst und die Entscheidung, das zu tun, wird jederzeit bei Ihnen liegen.
Weiterhin können Sie zum Erfolg der Behandlung beitragen, indem Sie Zweifel, die sich möglicherweise an den Vorschlägen Ihres Behandlers einstellen, frühzeitig äußern. Übernehmen Sie Mitverantwortung für Ihre Behandlung, fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas unplausibel oder nicht passend für Sie erscheint. Diese Auseinandersetzung und Diskussionen sind wichtig und erwünscht in einer Therapie. Sie sollten die Schritte, die Sie in der Behandlung unternehmen sollen, sinnvoll und nachvollziehbar finden.
Außerdem ist für eine erfolgreiche Behandlung notwendig, dass Sie die Bereitschaft mitbringen, sich auf neue Erfahrungen einzulassen. Stellen Sie sich schrittweise Ihren Ängsten, indem Sie neue Verhaltensweisen ausprobieren. So können Sie überprüfen, ob Ihre Befürchtungen tatsächlich zutreffend sind, bevor Sie den nächsten Schritt unternehmen. Dabei kann es hilfreich sein, die Behandlung wie ein Experiment zu betrachten: Sie haben die Freiheit, jederzeit wieder in den anorektischen Zustand zurückzukehren oder aber sich für einen neuen Weg zu entscheiden.
3.6 Was Angehörige tun können
Wie unter Kapitel 1.6 beschrieben, wirkt sich die Magersucht oft auf die ganze Familie aus. Manche Familienmitglieder reagieren mit Unverständnis („Das kann doch nicht so schwer sein zu essen“, „Was hast du denn, du bist doch nicht zu dick!“), andere wieder leiden unter Schuldgefühlen und der Befürchtung, für die Magersucht des Kindes verantwortlich zu sein. Die Familienmitglieder übernehmen oft aus (übermäßiger) Sorge zuviel Kontrolle. Es wird versucht, die Betroffenen zum Essen zu zwingen oder durch Tricks, wie zum Beispiel Butter oder Sahne ins Essen zu rühren, zum Zunehmen zu bringen. Das Gewicht wird kontrolliert. Dies erzeugt Spannungen und Konflikte in der Familie und ist meist kontraproduktiv. Die Betroffenen reagieren mit Widerstand und Tricks auf diese Kontrollversuche des Umfelds, der Kampf um das Essen und das Gewicht verschärft sich zunehmend.
Angehörige sollten im Umgang mit Magersüchtigen, die sich noch nicht in Behandlung befinden, auf folgende Punkte achten:
– Es ist wichtig, das Problem offen anzusprechen und nicht wegzuschauen. Die Betroffenen neigen dazu, das Problem zu verleugnen, insofern können sich diese Gespräche schwierig gestalten. Sie sollten das Gespräch trotzdem suchen, aber dabei Vorwürfe vermeiden.
– Sie sollten Unterstützung anbieten, aber diese nicht aufdrängen. Wenn sich keine Besserung einstellt, sollten Sie darauf bestehen,
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