Ratgeber Neuropsychologie
Fortschritt als große Bereicherung. Die neuropsychologische Therapie bietet für die Patienten oft die einzige Möglichkeit, Leid zu verringern und Lebensfunktionen und Lebensmöglichkeiten zurückzugewinnen.
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Wie lange dauert
eine neuropsychologische Behandlung?
Die Frührehabilitation in der Akutklinik unmittelbar nach dem Schadensereignis kann relativ kurz sein, sie kann sich aber auch über mehrere Monate erstrecken bis eine tragfähige Kontaktaufnahme zwischen dem Betroffenen und dem Neuropsychologen aufgebaut ist.
Während des anschließenden Aufenthaltes in den spezialisierten Rehabilitationszentren stehen für die stationäre neuropsychologische Therapie zumeist sechs bis zwölf Wochen zur Verfügung. Dabei dauert die neuropsychologische Erstdiagnostik in der Regel mehrere Sitzungsstunden.
Sollten neuropsychologische Störungen fortbestehen, soll der Patient nach Entlassung aus der Rehabilitationsklinik ambulant neuropsychologisch weiterbehandelt werden. Ist der Patient in der Rehabilitationsklinik ausreichend neuropsychologisch untersucht worden, kann der ambulante Neuropsychologe auf die bestehenden Untersuchungen aufbauen. Seine Diagnostik braucht dann weniger Zeit als bei einer Erstuntersuchung.
Die Länge der ambulanten Therapie ist sehr unterschiedlich. Meist umfasst sie etwa zwanzig bis fünfzig Sitzungen. Vorteilhaft ist die Verteilung auf zwei bis drei Sitzungen pro Woche mit jeweils 50 Minuten über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Im Einzelfall kann die neuropsychologische Therapie aber auch bis zu fünfmal wöchentlich über mehrere Monate erforderlich sein.
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Inwiefern ist eine
neuropsychologische Behandlung
ganzheitlich?
Jedes Gehirn ist so einzigartig wie jeder Mensch einzigartig ist. Es steuert zwar allgemeine Prozesse wie Gehen, Schlafen, Essen, Träumen, wobei auch hier bereits Unterschiede zwischen den Menschen wahrzunehmen sind. Vor allem aber ist das Gehirn der Sitz unserer Seele in dem Sinne, als in ihm unsere ganz persönlichen Erinnerungen, Lebenserfahrungen und Charaktereigenschaften gespeichert sind. Durch eine Erkrankung des Gehirns oder durch einen Unfall können nun sowohl einzelne Hirnfunktionen wie Motorik oder Gedächtnis betroffen sein. Es können aber auch die Gefühlswahrnehmung und -verarbeitung, die Verhaltenssteuerung und Persönlichkeit direkt betroffen sein. Überdies wird die Reaktion eines Menschen auf Bewegungseinschränkungen, auf Störungen des Gedächtnisses oder allgemein auf gesundheitsbedingte Lebensbeschränkungen in hohem Maße von den charakterlichen Besonderheiten eines Menschen geprägt. Die psychische Reaktion auf den Unfall oder die Krankheit kann im Extremfall die Wiedereingliederung eines hirngeschädigten Menschen in Beruf und Gesellschaft mehr behindern als der Verlust der körperlichen Funktionen.
Neuropsychologen betrachten deshalb nicht nur das neurologische Störungsbild bei einem Patienten und sein Gehirn nicht nur als bloßes Organ, sondern sie haben immer auch die psychologische Dimension der unfall- oder krankheitsbedingten körperlichen Fehlfunktionen im Blick. Dadurch erkennen sie die Möglichkeiten, die sich zur Steigerung der Leistungsmotivation und zur Wiedererlangung der Lebensfreude für die Patienten ergeben. Neuropsychologen sind dafür ausgebildet, diese Möglichkeiten für jeden einzelnen Menschen mit einer Hirnschädigung herauszuarbeiten. Dabei berücksichtigen sie Alter und Geschlecht, Charakter- und Schulbildung, Lebenseinstellungen, Lebensgeschichte, aktuelle Lebenskrisen, den familiären Rückhalt oder auch vielleicht vorbestehende psychische Erkrankungen.
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Bestehen Unterschiede
zwischen der stationären und der ambulanten
neuropsychologischen Rehabilitation?
Die stationäre Neurorehabilitation erfolgt in der Regel in spezialisierten Rehabilitationskliniken im Anschluss an die medizinische Akutversorgung. Hier sind multiprofessionelle Teams mit Ärzten, Neuropsychologen, Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten gemeinsam tätig. Es erfolgt eine umfangreiche diagnostische Untersuchung aller Hirnfunktionen und die detaillierte Ableitung der Rehabilitationsziele für den Patienten. Es werden aus dem Untersuchungsbefund übende Therapieprogramme für die beeinträchtigten Funktionen abgeleitet und konsequent in ein Behandlungsprogramm übersetzt. Der Therapiefortschritt wird laufend überwacht. Für nicht ersetzbare Defizite werden kompensatorische Hilfsmittel und Maßnahmen wie Benutzung von Notizzetteln,
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